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"Nein zur Homosexuellen-Ehe", "Ein Papa, eine Mama für alle Kinder": Fundamentale christliche Gruppen demonstrierten bereits mehrmals in Paris gegen die Einführung der Homo-Ehe.

Foto: Thibault Camus/AP/dapd

Ungewohntes tut sich auf den Pariser Boulevards: Keine die Faust reckenden Studenten oder Gewerkschafter werden sie am Sonntag unsicher machen, sondern Bischöfe und angegraute Exponenten der französischen Bourgeoisie. Ihr Aushängeschild ist eine 50-jährige Journalistin mit dem - noch erstaunlicheren - Künstlernamen Frigide Barjot. Die Humoristin mit dem losen Mundwerk, die den Namen "Brigitte Bardot" verballhornt, wird die Großkundgebung gegen die Homosexuellen-Ehe anführen.

Dieses Projekt beruht auf einem Wahlversprechen des sozialistischen Präsidenten François Hollande. Die Regierung, in der Geschlechterparität herrscht, hatte die "Ehe für alle", wie der offizielle Sprachgebrauch lautet, im November lanciert: Homosexuelle Paare sollen rechtlich den Heterosexuellen gleichgestellt werden und auch das Recht auf die Adoption von Kindern erhalten. Ob sich das nur auf Sprösslinge des einen Ehepartners bezieht oder ob es darüber hinaus gehen soll, sollte sich erst bei der geplanten Parlamentsdebatte Ende Januar definitiv entscheiden.

Wochenlange Kampagne

Das katholisch-konservative Frankreich will aber verhindern, dass es überhaupt zur Debatte kommt. Seine medienbewusste Anführerin Frigide Barjot - bürgerlich heißt sie Virginie Merle - will am Sonntag eine halbe Millionen Menschen auf die Straße bringen. Vorausgegangen war eine wochenlange Kampagne aus Petitionen, Brieflawinen und kleineren Demos. Ihnen suchte Barjot einen jugendlich-modernen Stil zu geben - zum Beispiel bat sie Demonstranten, auf Hermès-Seidenschals zu verzichten, um dem Klischee der reichen Bürgersfrau zu entkommen.

Auf die Linke wirkt die wertkonservative Ulknudel wie ein öffentliches Ärgernis; bei einem Fernsehauftritt auf dem Staatssender France 2 wurde ihr Ende letzten Jahres schlicht der Strom abgestellt. Barjot gewann dadurch nur noch an Popularität. Laut Umfragen sind heute nur noch gut die Hälfte der Franzosen für die Homo-Ehe inklusive Kinderadoption. Vor einem Jahr waren es noch bis zu 70 Prozent gewesen.

Auch Psychoanalytiker gegen Homo-Ehe

Hollandes Regierung ist in der Bredouille, seitdem sich auch prominente Psychoanalytiker gegen die Homo-Ehe aussprechen. Auch die Philosophin Sylviane Agacinski, Gattin des sozialistischen Ex-Premiers Lionel Jospin, nannte die "Dualität" eine Voraussetzung der Elternbeziehung.

Solche Einwände wirken bei der rot-grünen Regierungskoalition mehr als homophobe Entgleisungen oder die religiösen Argumente von Katholiken, Juden und Muslimen, deren Verbände sich vereint gegen die Homo-Ehe stellen. Die sozialistische Parlamentsfraktion verzichtete bereits darauf, die "medizinisch unterstützte Fortpflanzung" für lesbische Paare ins Gesetz aufzunehmen. Die künstliche Befruchtung für homosexuelle Frauen soll nun erst im Frühling erneut diskutiert werden. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 11.1.2013)