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Stephan Weil (l.) und David McAllister vor dem NDR-Fernsehduell am 9. Jänner in Hannover. Keiner der Kandidaten entpuppte sich als klarer Sieger, der Amtsinhaber wirkte jedoch engagierter.

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So sieht sich Stephan Weil gerne: Niedersachsens SPD-Chef am Frühstückstisch.

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Weil kann gut mit den Traditionalisten in der SPD.

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Bei einem Wahlkampfauftritt mit SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück (re.).

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Die Herren Steinbrück, Steinmeier und Weil (v. li.).

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Stephan Weil hat Stress. Und der beginnt jetzt, wo es allerorten wahlzukämpfen gilt, schon bei der Morgenroutine. Glaubt man den roten Hagiografen, vermag der Mann, der die SPD in Niedersachsen nach zehn Jahren zurück in die Staatskanzlei bringen will, zugleich großformatige Zeitungen zu lesen und das Antlitz von Barthaaren zu befreien. Und das alles am Frühstückstisch der Familienresidenz im bürgerlichen Hannoveraner Stadtteil Kirchrode.

In Optik und Habitus nahe am prototypischen Sparkassendirektor, muss der Sozialdemokrat jetzt, in den heißen Tagen des Wahlkampfes, noch einmal sein Profil schärfen. Die Erwartungen an ihn sind hoch. Vom roten Abschneiden in der norddeutschen Provinz verspricht sich die SPD den womöglich entscheidenden Impuls für die Bundestagswahl im Herbst, in deren Vorfeld SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück eine scharfe Brise aus den eigenen Reihen entgegenweht.

Hohe Erwartungen

Den charismatischen CDU-Amtsinhaber David McAllister soll der studierte Jurist und Hannover-96-Fan Weil am 20. Jänner im Paket mit den Grünen aus dem Amt jagen. Zwar sagen Umfragen eine Mehrheit für Rot-Grün im niedersächsischen Landtag voraus. Und doch müssen der gebürtige Hamburger Weil und die seinen fürchten, von einer doch noch erstarkten FDP aus allen Träumen gerissen zu werden.

Um das zu verhindert, übt sich der gelernte Anwalt und frühere Amtsrichter Weil, seit 2006 Bürgermeister der niedersächsischen Landeshauptstadt, auch abseits des Frühstückstisches in der hohen Kunst des Multitasking. Während der passionierte Jogger unermüdlich im Land zwischen Harz und Nordsee Meter macht und von Termin zu Termin eilt, muss er gleichzeitig den Einpeitscher für den bei vielen Genossen ungeliebten Steinbrück geben.

Rote Lieder

"Mit Volldampf voraus", schmettert er etwa beim Wahlkampfstopp im Küstenstädtchen Emden textsicher zusammen mit einem Arbeiterchor. Die Lippen des eigens angereisten Steinbrück umspielt zeitgleich wenig mehr als ein Lächeln. Wo der frühere Finanzminister und spätere Starredner poltert, übt sich Weil in Bodenständigkeit. "Er ist das Gegenteil einer Rampensau", konstatierte kürzlich die Tageszeitung "Die Welt".

Solide will er sein, authentisch, ein verlässlicher Landesvater, berechenbar und für die Menschen da. Und doch droht dieses demonstrative Understatement den Genossen im Wahlkampf zum Hemmschuh zu geraten. Kritiker werfen ihm vor, im Regierungsprogramm auf Allerweltsthemen zu setzen, die keine eigene Handschrift erkennen lassen. Bessere Bildungspolitik, gute Arbeit, bezahlbare Energie und mehr Familienfreundlichkeit verspricht Weil, der mit einer Erziehungswissenschaftlerin verheiratet und Vater eines erwachsenen Sohnes ist.

Vorbild Schröder

Während McAllister als Ziehsohn von Kanzlerin Merkel gilt, beruft Stephan Weil sich immer wieder auf Gerhard Schröder, der vor seiner Kanzlerschaft acht Jahre lang Ministerpräsident von Niedersachsen war. Obwohl der Hannoveraner Bürgermeister mit dessen exaltierter Hemdsärmeligkeit ebenso wenig dienen kann wie mit dem Bonus landesweiter Bekanntheit, auf den McAllister setzt. Bei seiner Personalpolitik orientiert sich Weil dafür umso enger am ehemaligen SPD-Alphatier. Dessen Gattin Doris Schröder-Köpf soll in einem Kabinett Weil Integrationsbeauftrage werden. (Florian Niederndorfer, derStandard.at, 11.1.2013)