Christoph Huber, ÖH-Generalsekretär.

 

Was ist Ihr wichtigster, drängendster Neujahrswunsch an die Politik für das Jahr 2013?

Dass endlich die studentische Lebensrealität ernst genommen wird. Mit 18 Matura, sofort an die Hochschule, spätestens mit 24 Master ist die absolute Ausnahme. Erwerbstätigkeit, Betreuungspflichten, zweiter Bildungsweg etc. - darauf müssen Studienbeihilfe und Lehrangebot eingehen.

Was sind die drei größten Probleme für Ihre Gruppe bzw. in Ihrem Hochschulbereich, für die unbedingt Lösungen gefunden werden müssen?

1) Ungenügende soziale Absicherung: Zu niedrige Beihilfen, Stipendiensystem längst nicht mehr sozial treffsicher, unnötige Altersgrenzen verkleinern Bezieherkreis, alle Förderungen wurden seit Jahren nicht mehr valorisiert.

2) Studieneingangs-/Orientierungsphase und immer mehr Zugangsbeschränkungen führen dazu, dass es immer weniger junge Menschen an die Hochschulen schaffen.

3) Vieles, was an den Hochschulen schiefläuft, ist eine Finanzierungsfrage. Wann wird das alte Versprechen "zwei Prozent des BIPs für tertiäre Bildung" endlich real?

Was ist im vergangenen Jahr hochschulpolitisch gut gelungen?

Der Ausbau der Maturantenberatung, die Abschaffung der Voranmeldung, die Hochschulkonferenz oder der Lehrpreis "Ars docendi", weil diese Projekte zeigen, dass die Zusammenarbeit zwischen Studierenden, RektorInnen und Ministerium möglich ist und auch funktionieren kann. Das ist auch für uns motivierend.

Was war 2012 die größte hochschulpolitische Enttäuschung bzw. das unbefriedigendste Ergebnis bzw. Gesetz?

Größte Enttäuschung ist das Studiengebührendebakel. Das unbefriedigendste Gesetz ist das zur "Studienplatzfinanzierung", denn es wird lange Schatten werfen: Bis 2019 wird es durch das Gesetz flächendeckende Zugangsbeschränkungen und einen beträchtlichen Rückgang der Studierendenzahlen geben.

Ein für unsere Gruppe bzw. hochschulpolitische Institution wichtiges, aber in der politischen und öffentlichen Debatte unterbelichtetes Problem ist ...

Mutig wäre ein gemeinsamer Hochschulsektor mit gleichen Rahmenbedingungen für alle. Es nützt niemandem, dass Studierende wie externe Lehrende an FHs viel weniger Mitspracherecht als an Unis haben, immer wieder Probleme bei Anerkennungen auftreten oder Unis und PHs um die Pädagogenbildung streiten.

Im Herbst bzw. je nach Verhandlungsdauer wird es eine neue Regierung geben. Welche Forderung würden Sie unbedingt in das nächste Koalitionsabkommen urgieren?

Schon frühere Regierungen haben sich "freier Bildung" und dem "Zwei-Prozent-Ziel" verpflichtet - und es nicht gehalten. Hochschulbildung darf nicht zum elitären Privileg verkommen! Wir schlagen folgenden Text vor: "Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen - nein danke!"

Foto: Perler

Heinrich Schmidinger, Präsident der Universitätenkonferenz.

 

Was ist Ihr wichtigster, drängendster Neujahrswunsch an die Politik für das Jahr 2013?

Mein wichtigster Wunsch für das Wahljahr 2013 ist, dass die politischen Parteien die Universitäten nicht zum billigen Wahlkampfthema machen und keine Absolutpositionen vertreten, die den Universitäten nach der Wahl auf den Kopf fallen bzw. deren Weiterentwicklung blockieren.

Was sind die drei größten Probleme für Ihre Gruppe bzw. in Ihrem Hochschulbereich, für die unbedingt Lösungen gefunden werden müssen?

1) Die zusätzliche Finanzierung, um international konkurrenzfähig zu sein und die notwendige Erreichung des Zwei-Prozent-BIP-Ziels zu gewährleisten;

2) Die Schaffung flächendeckender Zugangsregelungen auf der Basis von Kapazitätsrechnungen, damit realistisch und leistungsorientiert agiert werden kann.

3) Die gesetzliche Regelung des gesamten Sektors der Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen, die vom Kindergarten bis zu den AHS zukunftsorientiert und durchgängig neu ausgerichtet ist.

Was ist im vergangenen Jahr hochschulpolitisch gut gelungen?

Für die Universitäten ist im Jahr 2012 dank der zuvor zur Verfügung gestellten "Hochschulmilliarde" der Abschluss der Leistungsvereinbarungen gelungen. Dadurch sind die Jahre 2013 bis 2015 zu bewältigen.

Was war 2012 die größte hochschulpolitische Enttäuschung bzw. das unbefriedigendste Ergebnis bzw. Gesetz?

Enttäuschung gab es dort, wo ursprünglich gute, zielführende Vorschläge einem koalitionspolitischen Kompromiss weichen mussten, z. B. im Entwurf zur Zugangsregelung oder im Ministerratsvortrag zur neuen PädagogInnenbildung. Gefahr dabei: Der Kompromiss wird zum Dauerzustand, der keine wirkliche Lösung der Probleme ist.

Ein für unsere Gruppe bzw. hochschulpolitische Institution wichtiges, aber in der politischen und öffentlichen Debatte unterbelichtetes Problem ist ...

Unterbelichtet scheint mir die Rolle der Universitäten im Zusammenhang mit der Migration und Integration von Studierenden und WissenschaftlerInnen aus dem Ausland zu sein. Die Universitäten können, ja müssen hierbei einen wichtigen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Impuls geben.

Im Herbst bzw. je nach Verhandlungsdauer wird es eine neue Regierung geben. Welche Forderung würden Sie unbedingt in das nächste Koalitionsabkommen urgieren?

Von der neuen Regierung erwarte ich mir klare Maßnahmen zur Umsetzung des Zwei-Prozent-BIP-Ziels, einen Ausbau der kapazitätsorientierten Uni-Finanzierung und die kurzfristige Einführung von Studienbeiträgen gemäß einemsozial gerechten Modell.

Foto: Der Standard/Cremer

Helmut Holzinger, Präsident der Fachhochschulkonferenz.

 

Was ist Ihr wichtigster, drängendster Neujahrswunsch an die Politik für das Jahr 2013?

Investitionen in Bildung müssen zu einem zentralen Anliegen der gesamten Regierung werden. Daher muss sie einen nachhaltigen, offensiven Finanzierungspfad für diese Zukunftsinvestitionen in Hochschulen beschließen. Dafür muss, trotz Budgetkonsolidierung, Geld da sein.

Was sind die drei größten Probleme für Ihre Gruppe bzw. in Ihrem Hochschulbereich, für die unbedingt Lösungen gefunden werden müssen?

Zentraler Punkt ist ein neuer Fachhochschul-(FH)-Entwicklungs- und Finanzierungsplan. Dieser muss im ersten Quartal 2013 beschlossen werden. Die Initiative von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, im Rahmen der Hochschulmilliarde pro Jahr 500 neue Studienplätze zu finanzieren, ist positiv - sie endet aber im kommenden Jahr. FH-Studienplätze sind sehr stark nachgefragt. Daher muss ab 2014 ein nachhaltiger Ausbau von 1350 Anfängerstudienplätzen pro Jahr in den nächsten drei Monaten beschlossen werden.

Was ist im vergangenen Jahr hochschulpolitisch gut gelungen?

Sehr positiv war die Einrichtung der Hochschulkonferenz als Beratungsorgan des Ministers. Durch die neue Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria erwarten wir uns auch ein Ende der obrigkeitsstaatlichen Qualitätskontrolle und eine Stärkung der Qualitätsentwicklung in den Hochschulen.

Was war 2012 die größte hochschulpolitische Enttäuschung bzw. das unbefriedigendste Ergebnis bzw. Gesetz?

Der Wissenschaftsminister hat bei der Vorstellung der Hochschulmilliarde im Dezember 2011 angekündigt, dass es pro Jahr 150 Millionen Euro in einem Hochschulstrukturfonds geben wird. Diese Mittel sollten allen Hochschulsektoren zugänglich sein. Jetzt stellt sich heraus, dass auf dieses Geld nur die Unis Zugriff haben.

Ein für unsere Gruppe bzw. hochschulpolitische Institution wichtiges, aber in der politischen und öffentlichen Debatte unterbelichtetes Problem ist ...

Für die in der anwendungsbezogenen Forschung sehr erfolgreichen Fachhochschulen gibt es nur projektbezogene, zeitlich befristete Förderungen. Wir brauchen dafür eine nachhaltige Finanzierung. So könnten wichtige Potenziale in Forschung und Entwicklung für die österreichische Wirtschaft genützt werden.

Im Herbst bzw. je nach Verhandlungsdauer wird es eine neue Regierung geben. Welche Forderung würden Sie unbedingt in das nächste Koalitionsabkommen urgieren?

Eine Offensive im Hochschulbereich, die mit steigenden Budgetmitteln dotiert sein muss. Lippenbekenntnisse gibt es genug. Die Forschungskompetenz darf nicht wie jetzt auf mehrere Ministerien verteilt werden, sondern soll in einem Ressort zentral organisiert sein.

Foto: Der Standard/Cremer

Ivo Brunner, Präsident der Rektorenkonferenz Pädagogischer Hochschulen.

 

Was ist Ihr wichtigster, drängendster Neujahrswunsch an die Politik für das Jahr 2013?

Mein brennendster Neujahrswunsch ist, dass auch 2013 der für unsere Gesellschaft so wichtige Stellenwert der Lehrerpersonen im Allgemeinen und der LehrerInnenbildung im Besonderen weiterhin von der Politik erkannt und politisch auch unterstützt und gefördert wird.

Was sind die drei größten Probleme für Ihre Gruppe bzw. in Ihrem Hochschulbereich, für die unbedingt Lösungen gefunden werden müssen?

1) Laut Regierungserklärung soll in dieser Legislaturperiode eine Lösung für die gemeinsame LehrerInnenbildung gefunden werden - Sachlösungen liegen vor, die politische Umsetzung fehlt noch - für die Weiterentwicklung der PHs ein MUSS.

2) Damit in Zusammenhang steht auch ein neues Dienst- und Besoldungsrecht für alle Lehrer - eine logische Konsequenz für die neue PädagogInnenlandschaft.

3) Für eine verbesserte Tertiärisierung der PHs (z. B. Grad der Autonomie, Kooperationen mit Unis) muss eine Lösung gefunden werden.

Was ist im vergangenen Jahr hochschulpolitisch gut gelungen?

Der auf verschiedensten Ebenen stattgefunden habende Diskurs über eine neue PädagogInnenbildung hat zu einem sehr schlüssigen "Paper" geführt - ein curricularer Vorschlag, der auch von anderen europäischen Staaten als sehr fortschrittlich, modern und umsetzbar eingestuft wird.

Was war 2012 die größte hochschulpolitische Enttäuschung bzw. das unbefriedigendste Ergebnis bzw. Gesetz?

Die für die Pädagogischen Hochschulen sehr große Enttäuschung im Jahr 2012 ist die Tatsache, dass der neue Vorschlag zu einer reformierten PädagogInnenbildung neu noch nicht in die Begutachtung gekommen ist.

Ein für unsere Gruppe bzw. hochschulpolitische Institution wichtiges, aber in der politischen und öffentlichen Debatte unterbelichtetes Problem ist ...

Ein unterbelichtetes Problem ist der tertiäre Potenzialzuwachs, den die PHs aufweisen können, der aber noch nicht im fairen Ausmaß anerkannt wird - eine nach Bologna-Kriterien modern ausgerichtete LehrerInnenbildung, die nahe an der Schullandschaft wirksam ist, hat noch zu wenig "öffentliches Licht" erhalten.

Im Herbst bzw. je nach Verhandlungsdauer wird es eine neue Regierung geben. Welche Forderung würden Sie unbedingt in das nächste Koalitionsabkommen urgieren?

In ein neues Regierungsprogramm möchte ich namens der Pädagogischen Hochschulen die Umsetzung der "PädagogInnenbildung neu", so wie sie im jetzigen Entwurf vorliegt (einige Adpatierungen müssen eventuell noch eingearbeitet werden), hineinurgieren. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 9.1.2013)

Foto: Der Standard/Cremer