Bild nicht mehr verfügbar.

Der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus verlässt demnächst nach zehn Jahren die Prager Burg. Am Freitag und Samstag, dem 11. und 12. Jänner 2014 wird ein neuer Präsident gewählt. Und zwar erstmals vom Volk. Was Klaus als "tragischen Fehler" und "populistischen Unsinn" bezeichnet. Nicht die Bürger, sondern die Medien würden tatsächlich das Staatsoberhaupt wählen, argumentiert er. Und was die konkrete Person seines Nachfolgers angeht, habe er "bis auf einige Mini-Ausnahmen Angst". 

Foto: EPA/ADI WEDA

Bild nicht mehr verfügbar.

Zu den "Mini-Ausnahmen" zählt offensichtlich sein einstiger Rivale, der ehemalige sozialdemokratische Regierungschef Milos Zeman (68). Zeman war Premier in den Jahren 1998 bis 2002, damals als Chef der Sozialdemokraten (CSSD). Heute ist er Ehrenvorsitzender der Partei der Bürgerrechte (SPOZ), die er selbst nach dem Austritt aus der CSSD gegründet hatte. 2002 verließ er die große Politik und lebt seitdem als Pensionist in seinem Haus in Nove Veseli auf der Böhmisch-Mährischen Anhöhe. Zeman ist studierter Ökonom. In den Jahren 1968 bis 1970 war er KP-Mitglied, 1970 wurde er aber ausgeschlossen, weil er mit dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die damalige Tschechoslowakei nicht einverstanden war. Er gilt als umstrittener Politiker, der mit polemischen Aussagen für Zündstoff in den Beziehungen zum Ausland sorgte. Einer aktuellen Umfrage zufolge führt Zeman mit 25,1 Prozent.

Foto: REUTERS/David W Cerny

Bild nicht mehr verfügbar.

Dahinter liegt mit in den Umfragen mit etwa 20 Prozent Jan Fischer (63), der in den Jahren 2009 und 2010 Regierungschef war. Er stand an der Spitze des Übergangskabinetts, das nach dem Sturz der Regierung von Mirek Topolanek durch eine Misstrauensabstimmung antrat. Von 2010 bis 2012 war er als Vizepräsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) in London tätig. Bis zu seinem Antritt an die Regierungsspitze leitete er das Tschechische Statistikamt (CSU). Fischer ist parteilos, vor 1989 war er Mitglied der Kommunistischen Partei, was ihm Kritiker jetzt vorwerfen, obwohl er die KP-Mitgliedschaft mehrmals öffentlich bedauerte.

Foto: REUTERS/David W Cerny

Bild nicht mehr verfügbar.

Die beiden Favoriten werden in den jüngsten Umfragen von drei Kandidaten gefolgt: Vladimir Franz (11,4 Prozent), Karel Schwarzenberg (11 Prozent) und Jiří Dienstbier (10,6 Prozent). Franz (53) ist wohl der umstrittenste Bewerber um das Amt des tschechischen Staatspräsidenten. Grund dafür ist seine Tätowierung am ganzen Körper einschließlich Gesicht und Kopfhaut. Franz ist Hochschulprofessor, der dank seines Schaffens vor allem im Bereich der szenischen Musik in Künstlerkreisen Ansehen genießt.

Foto: REUTERS/Petr Josek

Bild nicht mehr verfügbar.

Karel Schwarzenberg (75), Außenminister seit 2007 mit einer Pause in den Jahren 2009-2010, ist Erbe eines der berühmtesten Adelshäuser der österreichisch-ungarischen Monarchie. Er besitzt einen tschechischen und einen Schweizer Reisepass und verbrachte den Großteil seines Lebens in Österreich, nachdem seine Familie die tschechoslowakische Heimat nach der Machtübernahme der Kommunisten 1948 hatte verlassen müssen. Schwarzenberg studierte Jus in Österreich und Forstwirtschaft in München. 2009 begründete er die liberalkonservative Partei TOP 09 mit und steht seitdem an ihrer Spitze. Unterstützt wird er vor allem von Anhängern des früheren tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel.

Foto: EPA/FILIP SINGER

Jiří Dienstbier (43) ist Senator und Vizechef der oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD), die ihn als ihren Kandidaten für das Präsidentenamt aufstellte. Dienstbier, studierter Jurist, ist der gleichnamige Sohn des 2011 verstorbenen ehemaligen Dissidenten und tschechoslowakischen Außenministers. Dienstbier ist seit längerem einer der populärsten Politiker in Tschechien und gilt als  prinzipienfest und anständig. Dies hatte er vor allem bei den Kommunalwahlen 2010 bewiesen, als er CSSD-Kandidat für den Prager Oberbürgermeister war und eine eventuelle Koalition mit der bis dahin in der Hauptstadt alleinregierenden konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), die auf Stadtebene mit Korruptionsaffären konfrontiert war, strikt ablehnte.

Foto: dienstbier2013.cz

Bild nicht mehr verfügbar.

Wenig Aussicht auf einen Einzug in die Stichwahl hat Umfragen zufolge Senats-Vize Premysl Sobotka (7,1 Prozent). Der früherer Senatspräsident ist jetzt erster Vizechef des Senats. Sobotka (68) ist offizieller Kandidat der Demokratischen Bürgerpartei
(ODS). Sein ursprünglicher Beruf ist Arzt. Bekannt ist er durch eine zurückhaltende Haltung in Sachen EU. Er unterstützt die EU-Mitgliedschaft Tschechiens, betont aber die Notwendigkeit, die "Souveränität" des Landes aufrechtzuerhalten.

 

 

Foto: REUTERS/Petr Josek

Bild nicht mehr verfügbar.

Eine Frau als Präsidentin können sich die Tschechen offenbar nicht vorstellen. In den Umfragen landen die weiblichen Kandidatinnen auf den unteren Rängen. Jana Bobosikova (48) kommt in einer aktuellen Umfrage auf 5,6 Prozent. Sie ist Chefin der populistischen außerparlamentarischen Partei "Suverenita", frühere Abgeordnete des Europäischen Parlaments in den Jahren 2004-2009 und einstige TV-Moderatorin. Kurzzeitig war Bobiskova sogar aus dem Rennen, da das Innenministerium zum Schluss kam, dass einige ihrer Unterstützungserklärungen für die Kandidatur gefälscht waren. Bobiskova berief gegen das Urteil und gewann. In den letzten Jahren profilierte sie sich mit starker EU-Kritik. Auch in ihrem Wahlkampf warnt sie vor "Brüssel als Hauptstadt Tschechiens" und vor einem "Bankrott-Euro".

Foto: REUTERS/Petr Josek

Bild nicht mehr verfügbar.

Zuzana Roithova (59) ist Abgeordnete des Europäischen Parlaments und Mitglied und Präsidentenkandidatin der Christdemokratischen Volkspartei (KD-CSL). Die studierte Ärztin war 1998 einige Monate Gesundheitsministerin. Zuvor war sie jahrelang als Ärztin in mehreren Krankenhäusern tätig. Im EU-Parlament engagiert sie sich für die frühere ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko. Ihre Umfrageergebnisse liegen zwischen vier und fünf Prozent.

Foto: REUTERS/David W Cerny

Die Theater und Film-Schauspielerin Tana Fischerova (65) war 2002 bis 2006 Parlamentsabgeordnete, gewählt wurde sie als Unabhängige auf der Liste der nicht mehr existierenden Freiheitsunion (US). Fischerova engagiert sich in einer ganzen Reihe von Stiftungen und Bürgerbewegungen. Beispielsweise ist sie Mitglied des Verwaltungsrats der Stiftung von Dagmar und Vaclav Havel, VIZE 97, und der Bibliothek von Vaclav Havel. Sie liegt in den Umfragen circa gleichauf mit Roithova.

Foto: http://prezidentkatf.cz/

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Wahllokale werden am Freitag 14 Uhr geöffnet und um 22 Uhr wieder vorübergehend geschlossen. Am Samstag wird die Wahl ab 8 Uhr fortgesetzt und die Stimmabgabe um 14 Uhr endgültig beendet. Mit den ersten Hochrechnungen kann man noch am Samstagnachmittag rechnen. Die Tschechen werden erstmals in der Geschichte über ihren Staatschef selbst entscheiden. Die Wahl des Staatsoberhauptes durch Parlamentsabgeordnete und Senatoren wurde mit einer 2012 verabschiedeten Verfassungsnovelle 2012 abgeschafft. (red, APA, derStandard.at, 7.1.2013)

 

Foto: EPA/Singer