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Die Unzufriedenen im Nacken: In der FDP geht man davon aus, dass Philipp Rösler im Falle einer Niederlage bei der Niedersachsen-Wahl am 20. Jänner als Parteichef zurücktreten wird.

Foto: Reuters/Orlowski

Der jedoch macht beim traditionellen Dreikönigstreffen seiner Partei ohne große Leidenschaft deutlich, dass er bleibt.

 

Nett ist das wirklich nicht. Da spricht Philipp Rösler am Dreikönigstag im prächtigen Stuttgarter Staatstheater vor gut gekleideten Menschen von so hehren Idealen wie Freiheit und Verantwortung, da ruft plötzlich einer aus der Menge sehr laut: "Halt's Maul. Rösler, du bist ein Arschloch."

Der FDP-Chef aber reagiert souverän und erklärt ruhig: "Man kann auch höflicher formulieren, dass man sich nicht so schätzt." Da hat er die Lacher sowie Applaus auf seiner Seite und wirkt für einen Moment locker. Doch ansonsten ist das Dreikönigstreffen für Rösler wahrlich kein Spaß.

Alles, was liberalen Rang und Namen hat, hat sich wieder einmal am 6. Jänner in Stuttgart versammelt. In guten Zeiten feiert sich die FDP bei diesen traditionellen Treffen zwei Tage lang, unter anderem mit einem Ball.

Aber gut geht es der FDP schon lange nicht mehr. In Umfragen liegt sie seit mehr als einem Jahr bei rund vier Prozent. In den Bundestag, der im Herbst gewählt wird, käme sie zurzeit nicht, in den Landtag von Niedersachsen, (Wahl am 20. Jänner) auch nicht mehr (siehe Artikel rechts).

"Uns Liberalen weht ein scharfer Wind ins Gesicht", stellt Rösler zu Beginn seiner Rede gleich fest. Was er nicht erwähnt: Mit der steifsten Brise hat er selbst zu kämpfen. Denn mittlerweile ist die verzagte Partei so nervös, dass Röslers Führungsqualitäten offen infrage gestellt werden.

"Es zerreißt mich innerlich, wenn ich den Zustand der FDP sehe", bekennt Entwicklungshilfe-Minister Dirk Niebel in seiner Rede in Stuttgart und bekommt dafür auffällig viel Beifall, auch als er erklärt: "So wie jetzt kann es mit der FDP nicht weitergehen".

Seine Forderung: Der eigentlich für Mai geplante FDP-Parteitag müsse vorgezogen werden. Und dann fände es Niebel auch noch gut, wenn bei diesem Parteitag mehrere Liberale für das Amt des Vorsitzenden kandidierten. Dass Rösler dabei dann nicht mehr antreten werde, wünscht sich auch Volker Wissing, Vize-Fraktionschef im Bundestag. Bei einem Misserfolg in Niedersachsen werde Rösler "klug genug sein, persönliche Konsequenzen zu ziehen", sagt Wissing.

Nagelprobe in Niedersachsen

Auch wenn sich viele in der FDP noch zurückhalten, weil sie die Chancen bei der Niedersachsen-Wahl in zwei Wochen nicht noch verschlechtern wollen, ist klar: Wenn die FDP dort aus dem Landtag und damit auch aus der amtierenden schwarz-gelben Landesregierung fliegt, dann ist Röslers Rücktritt als Parteichef fällig.

Rösler stammt aus Niedersachsen, er war dort, bis er 2009 in die Bundesregierung wechselte, unter dem damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) Wirtschaftsminister. Doch in aktuellen Wahlumfragen nutzt Röslers "Heimat-Bonus" der FDP in Niedersachsen gar nichts.

Die Unruhe in seiner Partei hat Rösler wohl vernommen. Doch er geht in seiner eher lustlosen Rede in Stuttgart nicht darauf ein, sondern sagt: "Wir sollten jetzt dieses Dreikönig ein Signal setzen, dass wir bereit sind zu kämpfen." Die Gäste im Staatstheater applaudieren zwei Minuten lang höflich. Fraktionschef Rainer Brüderle, der kämpferisch und leidenschaftlich spricht, bekommt viel mehr Applaus. Er wird als Rösler-Nachfolger gehandelt. (Birgit Baumann aus Berlin /DER STANDARD, 7.1.2013)