Eine Oper als Prüfung für Stimmen und Dirigent: Anita Hartig (als Pamina) und Benjamin Bruns (als Tamino).

Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Wien - "Wer dieses heikle Werk nicht scheut, ist würdig und wird eingeweiht", könnte man in Anlehnung an Emanuel Schikaneder kalauern. Denn Die Zauberflöte, Spitzenreiterin unter den meistgespielten Opern, ist mit ihrer märchenhaften Oberfläche nicht nur voller Untiefen, sobald man fragt, was es mit ihrer Handlung wirklich auf sich hat. Sie steckt auch voller Klippen für Sänger, Regisseure und Dirigenten.

Dass sich Cornelius Meister für sein Debüt an der Staatsoper an ein so geläufiges und von Hürden durchsetztes Stück herangewagt hat, zeugt also schon von einer gesunden Selbsteinschätzung. Mit viel Verve und Elan warf sich der Chefdirigent des ORF-RSO Wien, Jahrgang 1980, dann auch am Ring ins Geschehen. Philharmonische Gepflogenheiten wie bestimmte rhythmische Usancen, breite Tempi oder die wohlige klangliche Perlenkettenästhetik wollte er dabei nicht infrage stellen.

Dennoch sorgte er da und dort für federndes Abrunden, Schlankheit statt Klangfülle, dynamische Zurücknahme und Differenzierung - und er behielt dabei die Zügel sowie die Kontrolle über die Koordination zwischen Bühne und Graben meist gut in der Hand - einschließlich jener Passagen in Marco Arturo Marellis Inszenierung aus dem Jahr 2000, wo die drei Knaben von weit oben herab agieren. Ein mehr als respektabler Einstand also. Dass einer der überschaubaren orchestralen Schnitzer ausgerechnet beim Wort "Menschenohnmacht" passierte, ist Meister kaum anzulasten.

Solide, wenn auch nicht auf ganz gleichem Niveau die Sängerinnen und Sänger: Als Pamina war Anita Hartig eine stimmlich voll ausgeglichene Ohrenweide, der Tamino von Benjamin Bruns wacker und zuweilen glanzvoll; Papageno (Hans Peter Kammerer) und Papagena (Viktória Varga) steuerten quirlig der szenischen Statik rund um Sarastro (Sorin Coliban gab ihn entsprechend wuchtig) und sein Team entgegen.

Íride Martínez stemmte ihr Rollendebüt als Königin der Nacht mit Anstand und ohne Bravour - aber auch sie umschiffte die Klippen ihres Parts mit Unterstützung durch den Dirigenten zur vollen Zufriedenheit des stark touristisch besetzten und aufmerksamkeitsdefizitären Publikums. (Daniel Ender, DER STANDARD, 5./6.1.2013)