Der Dampf aus den Thermalquellen legt sich wie ein Weichzeichner über die ohnehin schon fast zu pittoreske Südtoskana.

Info: Adler Thermae

Foto: Adler Thermae

Für jedes Planschbecken, das man in der Gegend um den alten Badeort Bagno Vignoni aufstellen will, braucht man eine Genehmigung, der jahrelange Verfahren vorangehen. Denn die südtoskanischen Hügel in der Nähe von Siena sind Teil des Unesco-Weltkulturerbes.

Und das ist gut so, denkt sich, wer hier eingehüllt von Nebelschwaden, die das Thermalbecken der Adler Thermae unregelmäßig ausatmet, im Liegestuhl liegt. Das eigene Zimmer, dessen Terrasse nur wenige Schritte vom 36 Grad warmen Becken entfernt ist, liegt hinter einem. Vor einem: Die Toskana, die sich hier noch weiter und friedlicher ausbreitet, als sie das weiter nördlich tut. Der Blick auf Castiglione D'Orcia, auf Zypressenalleen und Weinberge wird hier niemals verbaut werden. Ein tröstlicher Gedanke.

Die Adler Thermae selbst, die vom Österreicher Anton Pichler geleitet wird, war vor einigen Jahren eines der letzten größeren Bauvorhaben in Bagno Vignoni. Die Besitzer des Hauses sind die Südtiroler Brüder Andreas und Klaus Sanoner, die es selbst - frei von jedem Kitsch - mitplanten.

Das weitläufige Areal mit Sportbecken, Thermalbecken und verschiedenen Teichen nimmt man von außen gar nicht wahr. Es wurde in einem ehemaligen Travertin-Steinbruch errichtet und ist von keiner Straße oder umliegenden Häusern einsehbar. Selbst den Gehweg, den man nehmen muss, wenn man aus dem Ort Bagno Vignoni von einem Spaziergang zurückkehrt, kann man leicht übersehen. So wird hier Abtauchen in vielerlei Hinsicht möglich. Ruhe ist eines der obersten Gebote. Keine Handys im gesamten Spa-Bereich, keine lauten Unterhaltungen sind erwünscht - die Gäste halten sich gerne daran.

Auffallend entspannt und unaufgeregt freundlich ist auch das Personal. Der Verdacht liegt nahe, dass sich alle hier hin und wieder vom Ayurveda-Arzt Babu Nahrenda behandeln lassen. Der Mann kann Stress geradezu wegzaubern. Auch Kinder sieht man hier entspannt in weißen Bademänteln herumspazieren. Es gibt auch einen eigenen, gut ausgestatteten Klub mit Betreuung für Kinder ab vier. Doch nur 17 der 90 Zimmer und Suiten sind für Familien vorgesehen. So versucht man das Verhältnis zwischen Ruhesuchenden mit und ohne Nachwuchs ausgewogen zu halten. Das funktioniert auch, wenn alle 17 Familiensuiten mit Großfamilien ausgebucht sind - wie kurz vor Weihnachten. Kinderwellness, etwa spezielle Massagen, wird auch angeboten.

Aber zurück zu den Großen: Die können zwischen mehreren Saunen, Becken und Grotten wählen. Etwa der Olivensauna auf einer Insel in einem Travertin-See oder der Salzgrotte in einem unterirdischen etruskischen Sole-See. Letzterer ist mit Salz aus dem Toten Meer angereichert. Man kann die Grotte zu zweit oder allein für eine halbe Stunde reservieren. Licht gibt es nur von zwei Kerzen oder einer Deckenluke, falls es kein bedeckter Tag ist. Wenn man sich an das Dunkel gewöhnt hat, kann man schwebend alles vergessen. Jedenfalls für 30 Minuten.

Bacchus-Ritual ohne Kater

Salzig ist auch das empfehlenswerte Bacchus-Ritual. Man wird mit groben Salzkörnern und Traubenkernöl abgerieben und badet dann in heißem Wasser und dem hier angebauten Vino Nobile.

Die Gegend ist es wert, dass man aus Wein, Wasser und Nebel auch wieder auftaucht: Allein schon Bagno Vignoni ist sehenswert. Statt eines Dorfplatzes bildet ein riesiges mittelalterliches Becken mit 50 Grad heißem Wasser den Ortskern. Dort steht auch das frühere Haus der Familie der Heiligen Katharina von Siena. Auch die Familie Medici badete nach Etruskern und Römern in den Quellen, die in antiken, teils offengelegten steinernen Rinnsalen durch den Ort fließen. Wird es nachts kalt, wärmen sich verschlafene Katzen neben den dampfenden kleinen Kanälen. Regisseur Andrei Tarkowski drehte hier Nostalghia.

Die immergrüne Region ringsum kann man auf Wanderwegen erkunden oder sich tageweise Vespa oder Oldtimer (zum Beispiel einen Alfa Romeo Spider) im Hotel ausleihen. In 15 Minuten ist man in Pienza. Auch in Montalcino oder Montepulciano zahlt sich ein Stopp für einen Schluck Brunello oder Vino Nobile aus.

Austrian Airlines fliegen von Schwechat nach Florenz, von dort sind es noch zwei Autostunden nach Bagno Vignoni. Entspannter reist man mit dem Nachtzug von Wien-Meidling nach Chiusi-Chianciano Terme, das 37 Kilometer vom Hotel, das einen Abholservice anbietet, entfernt ist. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, Album, 05.01.2013)