"Ja, ich weiß eh, was mit dem Stronach los ist. Da brauchen wir gar nicht darüber streiten. Aber einerseits hat er in seinem Leben doch etwas geleistet - und außerdem ist es mit der SPÖ und der ÖVP nicht mehr zum Aushalten. Die brauchen einen Warnschuss. Meinen Sie nicht auch, dass der Stronach in unserer jetzigen beschissenen Situation irgendwie eine gute Wirkung hat?"

So oder so ähnlich kann man es derzeit in vielen Gesprächen hören. Meist Männer, meist nicht unerfolgreich im Leben. Vom Großunternehmer bis zum Facharbeiter, Altersgruppe zwischen Mitte dreißig und Mitte sechzig. Eher ÖVP-Sympathisanten, aber auch zahlreiche "rechte" Sozialdemokraten. Sie wissen, dass Stronachs Weltbild und seine Lösungskompetenz sehr, sehr schlicht sind; dass er schon gar nicht irgendeine realistische Zukunftshoffnung darstellt. Aber sie sind so verzweifelt über den Zustand unserer Politik, dass sie hoffen, der autoritäre Milliardär werde die Verkrustungen des Systems irgendwie aufbrechen.

Wobei "das System" ja längst nur noch ein Schatten seiner alten Kraft ist und auf Betriebsart "hilflos" umgestellt hat. Machtmissbrauch gab es auch früher, nur hatte die Macht dann wenigstens noch eine gewisse Lösungskompetenz.

Darüber sind nicht wenige Leute, die an sich im traditionellen System zu Hause sind, so verzweifelt, dass sie ernstlich daran denken, Stronach ernst zu nehmen. Weit gebracht. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 4.1.2012)