Da treffen zwei aufeinander, deren Egos einander würdig sind: Frank Stronach gegen Erwin Pröll - das ist Brutalität! Beide im Besitz der Wahrheit, beide entschlossen, ihre Umwelt über diesen Besitz nie im Unklaren zu lassen. Und beide verfügen sie über Mittel, einer mild diktatorischen Auffassung von Politik das nötige Unterfutter zu verleihen, sei es in Form von Geld, sei es unter Druck einer seit Generationen etablierten, gut geölten Parteimaschine. Nun ist der Kampf Kanada gegen Niederösterreich eröffnet, und so dramatisch, wie er begonnen hat, könnte man meinen, Armageddon sei nach St. Pölten verlegt - eine Schlacht, von deren Ausgang das Heil des Bundeslandes schlechthin abhänge.

Dabei geht es doch nur darum, ob der 3. März mit einer narzisstischen Kränkung des Landeshauptmannes endet oder ob er seine absolute Mehrheit retten kann. So oder so, Niederösterreich wird weiterhin fest in schwarzer Hand bleiben, ob mit gleich vielen Landesräten wie bisher oder nicht, spielt kaum eine Rolle, seit Kinder aus deren Kreisen eine schändliche Neigung zum Landesverrat durch Verlassen der ÖVP an den Tag legen. Die Gefahr, dass Erwin Pröll eine vorübergehende Dämpfung seines seelischen Wohlbefindens zum Anlass nehmen könnte, Niederösterreich irgendjemand anderem zu überlassen, besteht ja zum Glück nicht.

Dennoch übt sich die ÖVP in der Erzeugung jener Katastrophenstimmung, von der man weiß, dass sie die eigenen Funktionäre mobilisieren soll. Als gäbe es nichts Schlimmeres, als über einen Vorsprung von 54 Prozent zu verfügen, stimmte ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch die Partei auf Stronach-Hysterie ein, um schon jetzt Ausreden für den Wahlabend vorzubereiten, und das noch ehe überhaupt klar ist, ob Stronach im ganzen Land kandidieren kann.

Das war aber nur ein Beispiel für Aufgabenteilung in Stimmungsmache, denn Pröll selber ließ sich von News auf ein Wahlkampferöffnungsinterview einladen, in dem er vor Optimismus strahlte und den Generalsekretär mit der Behauptung Lügen strafte, er sehe Stronachs Antreten "sehr gelassen", weil: "Mit Geld kann man sich weder Stimmen noch das Vertrauen kaufen." Etwas mehr Anlass zu Gelassenheit mag Pröll in der Tatsache sehen, dass beide schon so manchen Strauß ausgefochten haben, wobei noch immer der Landeshauptmannbonus triumphierte, bei Stronachs Weltkugel in Ebreichsdorf ebenso wie beim Stadion in Wr. Neustadt, um nur zwei Beispiele zu nennen. Gerade in Niederösterreich tritt Stronach als Verlierer an. Ihn dennoch zu dämonisieren mag der ÖVP nützlich sein, weil die Zuspitzung auf einen Zweikampf die anderen Parteien aus dem Bewusstsein der Wählerinnen und Wähler verdrängt.

Stronachs vorläufig letzte Niederlage war der Verlust seiner Spitzenkandidatin für die Landtagswahl. Nach der Weltkugel ist er auch mit Karin Prokop abgeblitzt. Man kann es der ÖVP gar nicht hoch genug anrechnen, dass in dieser Sache von ihrer Seite nicht der geringste Druck ausgeübt wurde. Wenn Stronachs Statthalter Robert Lugar dennoch glaubte, sie "aus der Schusslinie" nehmen zu müssen, zeigt das nur, wie schonend in Niederösterreich geschossen wird. (Günther Traxler, DER STANDARD, 4.1.2013)