Präsident Holzinger im Talar: Die 14 Verfassungswächter am Höchstgericht könnten Blockaden in U-Ausschüssen rasch lösen.

 

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Wien - Vom Verfassungsgerichtshof kommt grünes Licht dafür, künftig als Schiedsstelle bei Streit in U-Ausschüssen zu fungieren. Sprecher Christian Neuwirth: "Präsident Gerhart Holzinger war immer der Meinung, dass es eine passende Aufgabe für ein Verfassungsgericht ist, über grundsätzliche Streitfragen in parlamentarischen U-Ausschüssen zu entscheiden." Und: "Da kann Deutschland durchaus ein Vorbild sein."

Sollte es in den nächsten Untersuchungsgremien des Parlaments wieder zu schier endlosen Reibereien zwischen den Fraktionen kommen, würden die insgesamt 14 Verfassungswächter durch einen Spruch sogar relativ rasch die Blockaden im Hohen Haus lösen können, denn: "Sollte im Zuge der U-Ausschuss-Reform eine solche Aufgabe vorgesehen sein, wird der Verfassungsgerichtshof organisatorisch dafür sorgen, dass solche Entscheidungen in einer kurzen Zeit erfolgen", erklärt Neuwirth - und verspricht: "Wir reden hier nicht von Monaten."

Wie berichtet, ist für SPÖ-Klubchef Josef Cap angesichts der Verhandlungen zur U-Ausschuss-Reform ab der zweiten Jänner-Hälfte eine Schlichtungsstelle außerhalb des Parlaments nun doch denkbar, bisher hat sich der Sozialdemokrat gegen dieses Ansinnen sehr gewehrt.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ), die zuletzt im U-Ausschuss zu den Korruptionsaffären wegen der Vorsitzführung der Grünen Gabriela Moser zwischen den heillos zerstrittenen Fraktionen vermittelte, ist mit dem Kurswechsel des Parteifreundes jedenfalls zufrieden. Prammer zum STANDARD: "Das ist ein deutliches Signal in Richtung lösungsorientierter Verhandlungen zur U-Ausschuss-Reform - und nur so kann es zu einer Lösung kommen, nämlich, wenn es Gesprächsbereitschaft in alle Richtungen gibt." Nachsatz in Richtung der anderen Fraktionen: "Und das erwarte ich mir von allen Beteiligten."

Prammer war bisher schon für ein Mischsystem zur Schlichtung eingetreten, wenn in U-Ausschüssen die Meinungsverschiedenheiten wieder überhandnehmen. Heißt: Zuerst sollte eine Schiedsstelle im Hohen Haus für Frieden sorgen, gelingt das nicht, dann sollte eine externe Instanz angerufen werden können. Die Nationalratspräsidentin: "Es würde wenig Sinn machen, den Verfassungsgerichtshof mit allen Problemen eines U-Ausschusses zu befassen. Deshalb wird es auch eine erste Schlichtungsinstanz brauchen."

Ähnlich sieht das Cap, der die Parlamentspräsidenten bei Zerwürfnissen in U-Ausschüssen gern weiterhin als Mediatoren einbeziehen würde, damit diese ein erstes Machtwort sprechen. "Bei den Gesprächen müssen wir auch die künftige Rolle der Parlamentspräsidenten klären", insistiert er.

ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf nimmt den Sinneswandel seines Kollegen von der SPÖ so zur Kenntnis: "Ich war seit jeher dafür, nach dem Vorbild des Deutschen Bundestages für Streitfragen eine Schiedsstelle beim Verfassungsgerichtshof einzurichten", so Kopf. Dazu betont er: "Ich stehe nach wie vor zu der Vereinbarung, dass die Einsetzung eines U-Ausschusses ein Minderheitenrecht werden soll."

Bisher zerkrachten sich die Abgeordneten in den U-Ausschüssen vor allem wegen geschwärzter Akten oder Zeugen, für deren Ladung es hierzulande ebenfalls immer noch eine Mehrheit in den Untersuchungsgremien braucht.

Deutsche Sprüche

Im Zuge des vielgepriesenen, minderheitenfreundlichen Modells in Deutschland können Oppositionsparteien in U-Ausschüssen schon seit langem ihre Rechte vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geltend machen. Sprecher Johannes Gerberding: "Das Bundesverfassungsgericht hat über Rechtsstreitigkeiten in der Regel innerhalb von einem Jahr bis anderthalb Jahren entschieden." Dazu habe das Gericht die Möglichkeit, einen Zustand durch eine "einstweilige Anordnung" vorläufig zu regeln.

In diesem Fall kann ein Entscheid schon "innerhalb weniger Tage" fallen. Wie zuletzt etwa 2005 zum Visa-U-Ausschuss, der trotz anstehenden Wahltermins und der U-Ausschuss-Müdigkeit von SPD und Grünen gemäß Höchstgericht nach einer Beschwerde von CDU und FDP schleunigst fortzusetzen war. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 4.1.2013)