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Noriaki Kasai war 1993 und 1999 Zweiter der Tournee.

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Kasai, der am Beginn seiner Karriere im Parallelstil sprang, hält mit dem V auch noch als 40-Jähriger mit.

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Innsbruck - Die Ski hatte er schon geschultert, bereit zum Abgang, die pechschwarzen Haarsträhnen wischte er aus seinem Gesicht. Da blickte Noriaki Kasai im Auslauf der Olympiaschanze in Garmisch-Partenkirchen noch einmal gedankenverloren den Gudiberg hinauf. Eben hatte sich der 40-jährige Japaner im ersten Durchgang des Neujahrsspringens dem 19-jährigen Bulgaren Wladimir Zografski geschlagen geben müssen, Kasai verpasste als 41. das Finale der besten 30. "Es haben leider fünf Meter gefehlt." Kasai mag sich in diesem Moment, die Haare rutschten wieder in seine Stirn, die Ski waren noch immer geschultert, an den ersten seiner zwei Triumphe in Garmisch-Partenkirchen erinnert haben. Es war der 1. Jänner 1993, da war Zografski noch nicht auf der Welt.

Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck, Bischofshofen - die inneralpine Reiseroute kennt der 40-Jährige aus Shimokawa, einer Stadt nahe Sapporo in Japans nördlichster Präfektur Hokkaido, ganz gut. Zum 22. Mal nimmt Kasai an der Vierschanzentournee teil, so gesehen haben nur 39 Auflagen ohne den Altmeister stattgefunden. Mehr Saisonen als Kasai, der im Dezember 1989 beim Weltcup im kanadischen Thunder Bay noch im Parallelstil debütierte, hat noch kein Skispringer vor ihm bestritten.

Allein auf Rekorden will sich Kasai am Freitag (13.45, ORF 1), im Bergiselspringen ob Innsbruck die von ihm gehaltene Bestmarke an Weltcupstarts auf 461 erhöht, aber nicht ausruhen. "Nori trainiert wie ein Junger, ist immer noch neugierig, will alles sofort testen", sagt Andreas Gruber. Der 27-jährige Salzburger ist Servicemann der Japaner und verbringt den ganzen Winter mit dem Nippon Air genannten Team. "Im Sommer brauchen sie mich nicht, da trainieren sie in Japan und haben eigene Leute."

Kasai ist, wie bei den japanischen Skispringern üblich, bei einem Firmenteam angestellt. Wie Kollege Kazuya Yoshioka, der mit 34 Jahren ebenfalls viel Routine vorzuweisen hat, wird er vom Wohnbauunternehmen Tsuchiya Holdings unterstützt. Kasais Job ist doppelt abgesichert, bei der Baufirma ist er gleichzeitig Sportdirektor.

Kasai feierte seinen größten Erfolg bei der Skiflug-WM 1992 in Harrachov, als er sich vor Andreas Goldberger zum Weltmeister krönte. Kasai, der sich erfolgreich auf den V-Stil umstellte, sprang in den folgenden Jahren wie das gesamte japanische Team eine eigenwillige Technik, der Kopf steckte dabei fast zwischen den Skiern. 1994 in Lillehammer gewann er Silber mit dem Team, es ist seine bislang einzige olympische Medaille. Ausgerechnet beim olympischen Triumph 1998 vor Heimpublikum in Nagano wurde Kasai aber nicht für den Mannschaftsbewerb nominiert.

Dass der 15-fache Weltcupsieger - der bislang letzte Erfolg gelang im Februar 2004 in Park City - noch immer vorn mitspringen kann, bewies er Anfang Dezember im finnischen Kuusamo: Im Einzel von der Großschanze wurde er starker Siebenter, mit der Mannschaft Fünfter. Wie sich ein Erfolg in Innsbruck anfühlt, weiß er auch: 1999 gewann er am Bergisel und wurde in der Tournee-Gesamtwertung Zweiter. 1992/1993 musste er sich Goldberger bei der Tournee geschlagen geben. "Und der Hund springt heute immer noch", sagte der 2005 zurückgetretene Goldberger.

Die aktuelle Ausgabe der Vierschanzentournee wird, geht es nach Kasai selbst, bei weitem nicht die letzte gewesen sein. Auf die Frage des Standard nach dem Karriereende zuckte Kasai nur kurz mit dem Schultern, lässt die Antwort dolmetschen und lächelt dabei. Die Olympischen Spiele 2014 in Sotschi sind schon ein Ziel, sagt er. "Aber ich will auch 2018 im südkoreanischen Pyeongchang dabei sein." (David Krutzler, DER STANDARD, 4. Jänner 2013)