Berlin - SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sorgt mit seiner Aussage, das Einkommen des deutschen Regierungschefs sei zu gering, nicht nur in der eigenen Partei für Kopfschütteln und Kritik, sondern auch beim Wunsch-Koalitionspartner, den Grünen. Der Eindruck, es werde zuallererst eine Erhöhung des Kanzlergehaltes gefordert, sei "etwas unglücklich", sagte Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck dem Handelsblatt Online. Allerdings sei der Hinweis richtig gewesen, dass in den Spitzenpositionen der Wirtschaft, selbst in Unternehmen der öffentlichen Hand, oft ein Vielfaches der Einkommen in Politik und Staat verdient werde.

Beck forderte Steinbrück auf, sich wieder auf die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner zu konzentrieren: "Steinbrück muss wieder auf Angriff gegen Schwarz-Gelb schalten und die soziale Schieflage der Politik der Regierung Merkel in den Mittelpunkt stellen." Beck regte an, den Gehältervorstoß Steinbrücks zum Anlass für eine Debatte über die Höhe von Bezügen in Unternehmen zu nehmen. "Die Diskrepanz der Einkommen zwischen denen, die Werte eines Unternehmens erwirtschaften, und denen, die Unternehmen lenken, schreit nach neuen Regeln."

Unmut in der SPD

Steinbrück hatte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gesagt: " Ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin verdient in Deutschland zu wenig - gemessen an der Leistung, die sie oder er erbringen muss und im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten mit weit weniger Verantwortung. (...) Nahezu jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin." Eine Reihe von SPD-Politikern und auch Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierten die Äußerung. Steinbrück hatte schon vor seiner Kür zum Kanzlerkandidaten wegen seiner hohen Vortragshonorare großen Unmut in der SPD hervorgerufen.

Mehrere SPD-Abgeordnete stellten sich allerdings demonstrativ hinter Steinbrück. "Peer Steinbrück hat etwas ausgesprochen, das schlicht stimmt", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles der Bild-Zeitung. Steinbrück gehe es "um die angemessene Würdigung des wichtigsten Amtes des Staates".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ knapp ausrichten, sie sei mit ihrem Einkommen zufrieden. Merkel verdient derzeit inklusive Abgeordnetendiät und Aufwandsentschädigungen rund 300.000 Euro brutto im Jahr. Der österreichische Bundeskanzler kommt auf 285.600 Euro brutto jährlich. (red, DER STANDARD, 3.1.2012)