Ob Orange Revolution oder Arabischer Frühling - die russische Führung ist grundsätzlich skeptisch gegenüber scharfen Umwälzungen und revolutionären Machtveränderungen in einem Land, so auch in Syrien. Das hat mit der eigenen Geschichte zu tun. Russland hat für die Oktoberrevolution 1917 und die Perestroika zum Ende des letzten Jahrhunderts einen hohen Preis bezahlt.

Aber der Konservatismus der russischen Außenpolitik beruht nicht nur auf Erfahrungen der eigenen Vergangenheit und nicht einmal - auch wenn dies der Westen oft argwöhnt - auf Sympathien zu diktatorischen Regimes. Seit dem Verlust des eigenen Status als Supermacht haben russische Diplomaten die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten zum obersten Prinzip erhoben (Ausnahme Georgien). Das ist der Versuch, den US-Anspruch auf eine Rolle als Weltpolizist zurückzuweisen.

In Syrien wird Russland daher einer Intervention von außen nicht zustimmen. Der offenen Unterstützung der Opposition durch den Westen begegnet Moskau mit der heimlichen Hilfe für Assad, den ohnehin einzigen Verbündeten Moskaus im Nahen Osten. Der Kreml hofft dabei auf einen Kompromiss, der einen Teil der alten Elite an der Macht lassen würde. Dies, so Moskaus Begründung, würde die Berechenbarkeit der weiteren politischen Entwicklung erhöhen. Angesichts der Tendenzen in anderen arabischen Ländern ist das Argument sogar nachvollziehbar. (DER STANDARD, 31.12.2012)