Hat irgendwer noch die Personen der österreichischen Korruptions-Hitparade vollständig präsent? Wenn man die alle aufzählt und nur mit Kurzbeschreibungen versieht, braucht man für den Jahresrückblick wahrscheinlich die ganze Zeitung. Politiker, darunter etliche Minister, Manager, Lobbyisten, Provisionsmitschneider - ein guter Teil der politischen Klasse ist entweder schon verurteilt (auch rechtskräftig), steht gerade oder demnächst vor Gericht bzw. hat mit einem Verfahren zu rechnen. Was ist da los in Österreich?

Schwarz-Blau, das jetzt aufgearbeitet wird, war zweifellos ein Sonderfall, weil die Schwarzen auf die Blauen angewiesen waren, die in Sachen Mitschneiden Jahrzehnte aufzuholen hatten. Aber auch die Nonchalance, mit der Werner Faymann das Geld von Staatsbetrieben für sinnlose und sinnfreie Inserate an Krawallzeitungen verteilte, hat etwas von einer Innovation an sich. Wer das rechtfertigen will, muss sich schon zu ziemlich abenteuerlichen "Argumenten" versteigen. Die Inseratengeschichte ist strafrechtlich wohl nicht fassbar, fällt aber unter "bedenkliche Methoden". Wir scheinen in einer Republik ohne Genierer gelandet. Eine Bevölkerung, die in der eigenen Sphäre oft selbst ziemlich laxe Maßstäbe hat, wendet sich aus Grimm über Korruption und mangelnde "Lieferfähigkeit" der etablierten Politik seltsamen Außenseitern zu. Sie kann nur (erneut) enttäuscht werden. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 29./30.12.2012)