Wenn Sie diese Zeilen lesen, haben Sie nicht nur den 24., sondern auch den 21. Dezember überstanden, also die Verschärfung des Weihnachtsrummels durch den Weltuntergangsbammel. Glückwunsch! Dass keine Sau auch nur eine Sekunde an einen Weltuntergang glaubte, hat die Medien nicht davon abgehalten, das Unthema wochenlang und bis zur letzten Minute breitzutreten, denn, wie die "Kleine Zeitung" so richtig schrieb: "Obwohl das wissenschaftlich gesehen falsch ist, brummt das Geschäft mit dem Untergang". Wer schert sich schon um die Wissenschaft, wenn das Geschäft gebietet mitzubrummen? Wie etwa besagtes Blatt noch am 21. Dezember über fünf Seiten und einen Untergangskommentar. Vielleicht war das nur die Folge eines genialen Einfalls der Chefredaktion für die Gestaltung der Titelseite - brummbrumm! Dort war über einem Bild der Erde zu erfahren: "Wenn Sie diese Schlagzeile noch lesen können, ist die Welt nicht untergegangen".

Die Genialität dieses Geschäftsmodells erfuhr eine leichte Minderung dadurch, dass man auch bei "Heute" davon gestreift wurde, nur dass man dort gleich zwei ganze Seiten zu ihrer Umsetzung in Idiotie - brummbrumm! - benötigte. "Wenn Sie auch heute noch diese Zeilen lesen können ..." war der Titelseite zu entnehmen, und der folgenden "... dann ist die Welt doch nicht maya gegangen". Dazwischen wurde einem "lieben Herrn Maya" die Schuld am Treiben der Medien zugeschoben: "Der kleine Irrtum ist jetzt aber kein Grund böse zu sein". Stattdessen sollte er sich "so wie unsere Leserinnen und Leser" freuen. Hoffentlich hat er mehr Grund zur Freude.

Zwecks Ausbaus der Geschäftsidee präsentierte "Heute" - brummbrumm! - "32 neue Termine für den Weltuntergang", die im Text auf "33" erhöht wurden, darunter: "2033 jährt sich die Kreuzigung Christi zum 2000. Mal" Was ein schöner Erfolg ist, wenn man bedenkt, dass die Teilnehmer an diesem Ereignis erwarteten, die Welt noch persönlich untergehen zu sehen, wobei es kein "lieber Herr Maya" war, auf den sich ihre spirituellen Hoffnungen richteten. Schon zwei Jahre später, "2035 kommt laut "Heute" wieder E. T. (der sich "Elohim" nennt und seine weiblichen Fans barbusig sehen will!)". Vermutlich handelt es sich bei diesem "Elohim" nur um den glücklichen " Krone"-Mitarbeiter, der in der Nachfolge von Hans Dichand bis dahin die Aktfotos auswählen darf. Brummbrumm!

Eine mit dem Weltuntergang in seiner Bedeutung annähernd vergleichbare Idee hatte kurz vor Weihnachten die deutsche Familienministerin Kristina Schröder, wobei der Gimmick in der Tatsache darin besteht, dass sie der CDU angehört. Sie wähnte sich kraft ihres Amtes dazu befugt, dass Stoßgebet der Christenheit schlechthin, das Vaterunser, außer Kraft setzen zu dürfen, indem sie in einem Interview mit der deutschen "Zeit" das männliche Geschlecht Gottes für obsolet erklärte. Mit dieser grammatikalischen Umwertung eines traditionellen Wertes - "Man könnte auch sagen: das liebe Gott", für alle, denen "die liebe Gott" doch zu feministischer Toback ist - hat sie es der Christlich-Demokratischen Union vor den Wahlen beträchtlich erschwert, sich gegenüber der SPD religiös zu profilieren. Dass so etwas ausgerechnet passiert, während die Deutschen Papst sind, muss es Christen unbegreiflich erscheinen lassen, dass der Weltuntergang doch nicht eingetreten ist, nährt aber die Hoffnung, ER/SIE/ES könnte doch noch eingreifen. Angela Merkel machte es sich angesichts der ihrer Partei drohenden Gefahr noch leichter als gegenüber den Griechen, als sie zu kalmieren suchte: "Wer an Gott glaubt, dem sind die Artikel egal."

"Die Presse" reagierte besorgt. Der sonst in den Wissenschaften bewährte Redakteur musste mit der Behauptung ausrücken: "Die deutsche Familienministerin hat eine spannende Debatte über das Geschlecht Gottes ausgelöst". Da sich über Gott nur selten etwas Neues sagen lässt, hielt sich die Spannung in Grenzen, immerhin aber war aus der "Presse" zu erfahren, dass der "Kurzwitz 'Ich habe Gott gesehen: Sie ist schwarz" keine Blasphemie darstellt. Es gibt Schlimmeres. "Tatsächlich ist der sächliche Artikel theologisch wesentlich problematischer als der weibliche", und das obwohl Benedikt XVI. "in seiner Jesus-Biographie schreibt: "Natürlich ist Gott weder Mann noch Frau."

Also was jetzt? Zum Glück eilt es nicht mit der Antwort. Wenn wir es nur vor dem Weltuntergang erfahren. (Günter Traxler, DER STANDARD, 29./30.2.2012)