Die Schauspielerin Dorothee Hartinger wohnt in einem Dachausbau in der Wiener Josefstadt. Michael Hausenblas war dort, ohne sich den Kopf anzuhauen.
"Ich wohne seit fünf Jahren im Dachgeschoß des sogenannten Melkerhofs im achten Wiener Bezirk. Zuvor wohnte ich in einer netten, kleinen Wohnung drüben in der Pfeilgasse. Die hatte allerdings kein Bad. Ich fragte dann also alle Architekten, die ich kannte, ob sie von einer freien Wohnung wüssten, und auf diesem Weg kam ich hierher.
Das Haus gehört zu einer Zinshausanlage, wurde 1852 vom Stift Melk erbaut und besteht aus vier Höfen und sieben Trakten mit Durchhäusern. Meine Wohnung ist eine sogenannte Erbpachtwohnung, die ich in Zusammenarbeit mit dem Wiener Architekten Wolfgang Jäger komplett ausgebaut habe. Das dauerte circa drei Monate. Irgendwann ging mir allerdings das Geld aus, daher liegt hier auch kein Parkettboden, sondern nur Laminat.
Das mit der Erbpacht ist eine zu komplizierte Geschichte, um sie hier zu erläutern. Jedenfalls ist das für mich eine sehr willkommene und günstige Lösung. Die Wohnung misst 80 Quadratmeter, wobei ich nicht weiß, inwieweit man die Dachschrägen und die Gaupen miteinberechnet. Apropos: Man glaubt gar nicht, wie oft ich mir hier in der ersten Zeit den Kopf angehaut habe. Die Wohnküche aber ist trotz der Schrägen sehr geräumig. Dieser Raum muss übrigens auch als Spielplatz für meine dreieinhalbjährige Tochter Margarete herhalten. Mit ihr teile ich außerdem ein Schlafzimmer, eine Art Gästezimmer, einen Vorraum, ein Bad und einen Balkon, von dem aus man ganz wunderbar zum Kahlenberg sehen kann.
Es ist hier sehr ruhig und hell. Letzteres ist mir besonders wichtig, vor allem wenn es darum geht, Texte zu lernen. Das mache ich zum Beispiel an dem großen Tisch in der Küche. Da sitz ich und lerne und murmle so vor mich hin. Auf dem Spielplatz funktioniert's auch, aber nur wenn Margarete einen Kameraden dabeihat. Ich liebe die Ruhe, deshalb sucht man bei mir auch einen Fernseher oder ein Radio vergebens.
Außerdem, muss ich sagen, halte ich es nur schwer aus, wenn viel Zeug herumliegt. Das ist mit einem kleinen Kind natürlich eine Prüfung! Deswegen musste auch eine Entscheidung zwischen Lego und Playmobil her. Beides geht nicht. Es wurde Lego. Noch halte ich auch die Verwandtschaft in Sachen Geschenke in Schach. Wohnen, das ist eine Art Insel für mich, und diese Wohnung strahlt "good vibrations" aus. Wovon die ausgehen? Ich denke, es ist die Ruhe, die Helligkeit und ein Zusammenspiel von vielen anderen Dingen. Das hängt natürlich auch ein Stück weit mit den Nachbarn zusammen.
Es gibt hier eigentlich nichts, von dem ich mich nicht trennen könnte. Null. Man findet auch nichts Wertvolles. Alles ist funktional. Wenn es mir nicht gutgeht, dann werfe ich Dinge weg. Ich bin ein großer Wegschmeißer vor dem Herrn. Ich liebe es förmlich, Dinge wegzuschmeißen!
Wichtig sind mir allerdings die Bilder der Künstlerin Sabine Koch, zum Beispiel die Hagebutten in der Küche. Kunst bedeutet für mich eine Art Platz, an dem man sich festhalten kann. Bilder sind Inseln. So wie das Theater. Es sind Orte der Erholung.
Ich glaube nicht, dass Schauspieler mehr Rückzug brauchen, weil sie vor Publikum auftreten. Das Theater ist nicht das Gegenteil von Privatheit. Ich bin ja nicht privat dort. Das interessiert auch keinen Menschen. Ich fühle mich auf der Bühne sogar sehr geschützt. Ich bin lediglich eine Figur, und der Zuschauer erfährt nichts Privates über mich.
Dasselbe gilt auch für das Bühnenbild. Das dient lediglich der Repräsentation. Hier in der Wohnung ist ein Tisch ein Tisch. Auf der Bühne hören Dinge auf zu sein und beginnen, etwas zu bedeuten. Im Leben sind die Dinge, auf der Bühne bedeuten sie etwas. So einfach ist das." (DER STANDARD, 29./30.12.2012)