Dieser Tage entscheidet sich, wie es in der Eurozone weitergeht. Ob bereits im ersten Quartal nachgebessert werden muss, weil die Sparprogramme von Ländern wie Spanien oder Italien vom Kurs abgebracht werden. Ob die zittrigen Kapitalmärkte ihre jüngste Erholung fortsetzen können und den Krisenländern damit günstigere Finanzierungsmöglichkeiten bescheren. Doch die Weichen für die kurzfristigen Aussichten in Euroland werden in Washington gestellt. 

Dort ringen die politischen Parteien darum, den "fiscal cliff" zu umschiffen. Dahinter stehen automatisce Einsparungen und Steuererhöhungen über 600 MIlliarden Dollar im kommenden Jahr. US-amerikanische Zeitungen überschlagen sich derzeit mit TItelseiten dazu, von New York Times bis Washington Post wird vor der drohenden Rezession gewarnt, die nur noch bis zum 31.12. verhindert werden kann. Doch die Fiskal-"Klippe" ist die falsche Metapher, wie der Ökonom Dean Baker bemerkt. Die automatischen EInsparungen und Steuererhöhungen wirken eher wie Treibsand. Denn die Konjunkturbremse von über 600 Milliarden Dollar entfaltet erst nach und nach ihre Wirkung, nicht sofort am 1.1.2013. Denn nur, wenn die US-Bürger für mehrere Monate höhere Steuern zahlen müssen, spüren sie das auch im Geldbörsel. Das könnte aber der Kongress verhindern, wenn er in den nächsten Monaten die Maßnahmen (teilweise) zurücknimmt. 

Für die fragilen Wirtschaften in Europa heißt das: jede Woche ohne Einigung in den USA schwächt auch ihre Situation. Eine aktuelle Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) belegt, dass Europa sich Sorgen machen muss. Wenn Amerika niest, bekommt die Welt eine Grippe. In einer aktuellen Analyse zu internationaler Krisenansteckung ist eine Erkenntnis glasklar: Schocks in den USA betreffen und erschüttern auch Europa, Japan oder Großbritannien. Wenn es an den Anleihen- oder Aktenmärkten in den USA wieder rumpelt (etwa weil die "fiscal cliff" nicht wie landläufig angenommen verhindert werden kann), dann setzen sich diese Schocks auch in Europa fort. "Finanzielle Schocks in den USA hallen überall auf der Welt nach, während externe Schocks die USA nur minimal beeinflussen." Ein Grund dafür: Es sind gerade US-Investoren, die auch viele Wertpapiere im Ausland halten. Bei einem Schock in den USA ziehen sie aber ihre Auslandsengagements immer wieder ab und kehren in den "sicheren Hafen" USA zurück.

Auch realwirtschaftlich könnte die Klippe Folgen haben. Wenn die USA tatsächlich in eine Rezession schlittern sollten, werden die Importe weiter zurückgehen. Das bedeutet direkt und indirekt Einbußen für die europäische Wirtschaft. Direkt, weil die USA immer noch Importe über 300 Milliarden Dollar aus der Europäischen Union beziehen (siehe Link). Indirekt, weil die USA in diesem Fall auch weniger aus Ländern wie China beziehen werden. Das dürfte insbesondere den Exporteuren von Investitionsgütern (etwa Deutschland) schaden, die in den vergangenen Jahren massiv vom Aufschwung von Chinas Exportwirtschaft profitiert haben.

Ökonomen sind sich einig, dass das Wachstum in der Eurozone 2013 nicht sehr rosig sein wird. Zu sehr spüren die südeuropäischen Länder noch die Einsparungen. Die Eurozone wird daher nach aktuellen IWF-Schätzungen gerade einmal mit 0,2 Prozent im kommenden Jahr wachsen. Wenn die USA politisch polarisiert bleiben, könnte wieder ein Minus vor der Null stehen.

 

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