Bild nicht mehr verfügbar.

Die Grenze zwischen Wien und Niederösterreich zieht sich durch die Betreuungsangebote: Der Kindergarten ist da wie dort gratis - nicht aber, wenn Niederösterreicher Kinder nach Wien bringe.

Foto: APA/HARALD SCHNEIDER

St. Pölten/Wien - Die Landesgrenze fällt kaum ins Auge im Speckgürtel um Wien, stark bemerkbar macht sie sich aber in Fragen der Kinderbetreuung. Wer ein unter Dreijähriges zu Hause hat, aber kein Geschwisterchen in der Wunschbetreuungsstätte und keiner Vollzeitbeschäftigung nachgeht, dem kann es in Wien leicht passieren, dass das mit dem erwählten Betreuungsplatz nichts wird - wie eine junge Mutter aus Wien-Liesing dem Standard erzählt.

Platz nur bei Vollzeitbeschäftigung

Als sie ihren Zweijährigen fristgerecht in der städtischen Krippe angemeldet habe, habe es geheißen, es gebe nur Platz, wenn sie eine Vollzeitbeschäftigung vorweisen könne.

Wer im Flächenland Niederösterreich ein Kleinstkind beaufsichtigen lassen muss, steht oft vor größeren infrastrukturellen Problemen als in Wien, das sich rühmt, das einzige Bundesland Österreichs zu sein, das das Barcelona-Ziel - Betreuungsplätze für 33 Prozent der unter Dreijährigen - übererfüllt. 33,9 Prozent der unter Dreijährigen haben in der Bundeshauptstadt einen Platz. Der Bundesschnitt liegt bei 21,8 Prozent (vor fünf Jahren waren es noch 14 Prozent).

In Niederösterreich wird es vor allem schwierig, wenn keine Oma oder andere Verwandte aushelfen können, und insbesondere, wenn das Kind unter 2,5 Jahre alt ist - der Kindergarten ist in dem Land ab diesem Alter vormittags kostenlos.

Ausbau geplant

Das Land will die Plätze für die unter Dreijährigen zwar ausbauen, startet allerdings auf niedrigem Niveau: "Neun Bezirke haben überhaupt keine Kinderkrippen. In drei Bezirken gibt es auch keine altersgemischten Einrichtungen, wo Kinder dieser Altersstufe betreut werden", hat die niederösterreichische Arbeiterkammer (AK) kürzlich festgestellt. Das führe dazu, dass nicht einmal fünf Prozent aller Kinder unter 2,5 Jahren in einer Betreuungseinrichtung einen Platz erhalten.

Auf den Mangel angesprochen, verweist Soziallandesrätin Barbara Schwarz (VP) einerseits auf das Tagesmütterangebot im Land. Wer das Kind dort beaufsichtigen lässt, erhält sozial gestaffelt bis zu 330 Euro vom Land. Außerdem stellt Schwarz einen Ausbau der Krippen in Aussicht. 

Kleinstkindbetreuung als Wahlkampfthema

Auf das Thema Kleinstkindbetreuung stürzen sich auch die anderen Parteien im wahlkämpfenden Niederösterreich: Die SP hat knapp drei Monate vor der Wahl eine Initiative namens "Weil unsere Kleinen das Größte sind" gestartet, die Grünen machen Druck für den Ausbau von Betreuungseinrichtungen vor allem auch am Nachmittag, und die Freiheitlichen sprachen sich bei einer Aktuellen Stunde im Landtag zumindest für die "Wahlfreiheit" aus.

Landesrätin Schwarz versucht derzeit über Fragebögen auf der Onlineplattform "Denkwerkstatt Familie" zu erfahren, wo Eltern der Schuh drückt.

Kostenlos und kostenloser

Vielleicht ja auch beim Kindergartenangebot: Dieses ist sowohl in Niederösterreich als auch in Wien gratis. Sieht man sich an, was das je genau bedeutet, fallen dann aber große Unterschiede auf: In der Bundeshauptstadt zahlen Eltern im städtischen Kindergarten für ihren Nachwuchs nichts, egal wie lange die Aufsicht dauert - ausgenommen Verpflegung.

Für Privatkindergärten erhalten Eltern im Fall ganztägiger Betreuung 238,59 Euro. In Niederösterreich beschränkt sich das kostenlose Angebot auf Vormittag (7 bis 13 Uhr). Der Nachmittag kostet je nach Inanspruchnahme und Einkommen der Eltern bis zu 80 Euro.

Zusätzliche Kosten

Wien-Pendlern aus Niederösterreich erschweren oft die kurzen Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen den Alltag. Zwar ist ab dem Bedarf von drei Kindern eine Gruppe länger offenzuhalten, oft werde Müttern aber nahegelegt, doch mit Großeltern oder anders eine Lösung zu finden, sagt Amrita Enzinger (Grüne).

"Grundsätzlich wird durch die Fragestellung den Eltern schon ein schlechtes Gewissen eingeredet und damit ein Recht verwehrt, das sowieso besteht", meint sie. Für Gemeinden bedeuten längere Öffnungszeiten zusätzliche Personalkosten, da sie die Kindergartenhelferinnen zu bezahlen haben.

Sohn oder Tochter einfach in einem Wiener Kindergarten anzumelden wäre eine Lösung, die niederösterreichischen Pendlern teuer käme: Geld, welches das Land für den Kindergartenplatz aufwenden müsste, erhalten Familien nicht einfach direkt - im umgekehrten Fall, wenn ein Wiener sein Kind nach Niederösterreich bringt, bekommen die Eltern volles Betreuungsgeld. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 28.12.2012)