Neue Oberfläche, PC-Markt-Einbruch, Wirtschaftskrise: Die Windows 8-Verkaufszahlen schwächeln.

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Der erhoffte Impuls für den PC-Markt durch Windows 8 ist ausgeblieben. War Windows 7 nach dem Start bald auf 57 Prozent aller verkauften Geräte, sind es bei Windows 8 laut den Marktforschern von Context lediglich 52. Davon sind wiederum nur drei Prozent Tablets und auch Notebooks mit Touchscreen scheinen bei der Kundschaft noch nicht angekommen zu sein.

Ursache unklar

Denn, so schätzen die Analysten laut heise, lediglich zwei Prozent der ausgelieferten Notebooks haben einen berührungsempfindlichen Bildschirm. Ob die Verkaufszahlen darin begründet sind, dass die Kundschaft vom neuen Bedienkonzept nicht überzeugt sei oder schlichtweg die kleine Geräteauswahl oder deren Qualität das Problem sei, vermag man derzeit noch nicht zu sagen.

Bei Acer, dem viertgrößten PC-Hersteller der Welt, liegt man laut Emmanuel Fromont, Leiter der Americas-Abteilung, hinter den Erwartungen. Er sieht das neugestaltete Interface von Windows 8 laut New York Times durchaus als Faktor, der die Konsumenten vorsichtiger macht. Aufschwung erhofft man sich von einem größeren Sortiment aus Touchscreen-Devices.

13 Prozent unter dem Vorjahr

Auch die Zahlen, die NPD vorlegt, sprechen derzeit eine eindeutige Sprache. In den USA wurden demnach zwischen dem späten Oktober und der ersten Dezemberwoche um 13 Prozent weniger Windows-Geräte verkauft werden, als im Vergleichszeitraum des Vorjahres - trotz des Starts einer neuen Betriebssystemgeneration. Verkäufe in Microsoft-Stores sind darin nicht berücksichtigt, diese dürften laut NPD aber keinen signifikanten Unterschied machen, gibt es derer doch nur sehr wenige.

PC-Einbruch meets Wirtschaftskrise

"Ich denke, jeder hätte sich einen besseren Start gewünscht", meint Stephen Baker, einer der Analysten. "Der Markt ist nicht der gleiche, den Windows 7 oder gar Windows XP betreten haben." Der klassische Desktop hat seine Stellung als unumstrittenes Zentrum von Arbeit und Kommunikation eingebüßt. Tablets und Smartphones boomen und sind Konkurrenten um das Technikbudget der Haushalte. Die PC-Verkäufe schwächeln in Folge schon länger.

Dann drückt die wirtschaftliche Situation immer noch auf die Geldbörse vieler Kunden und bringt sie im Zweifel dazu, noch ein Jahr länger mit ihrem aktuellen Computer zu arbeiten. "Was man sieht ist nicht das Ende der PCs, sondern eine Verlängerung ihrer Nutzungsdauer. Wenn die Leute bisher aller vier Jahre einen neuen Rechner gekauft haben und dies nun nur noch alle fünf Jahre tun, kann das auf Dauer zu einem Verkaufseinbruch von 20 Prozent führen", erläutert A. M. Sacconaghi, ein Marktforscher bei Sanford C. Bernstein.

Kacheln machen Kunden skeptisch

Ein Wandel Zeiten, auf den sich Microsoft mit Windows 8 eigentlich einstellen wollte. Immerhin hat die Oberfläche des Systems einen radikalen Wandel erfahren. Statt auf einem Desktop mit kleinen Menüs und Icons bewegt sich der Nutzer nun hauptsächlich in einer Anordnung großer Kacheln. Bedient werden sollen beide Welten: Mobile Geräte sowie Desktops und Notebooks, mit und ohne Touchscreen.

Die Kombination aus alt und neu hat jedoch viel skeptisches Echo hervorgerufen. Viele Rezensenten und Interface-Experten beurteilten die Koexistenz des Desktops mit der neuen "Windows 8 UI" als verwirrend. Von der New York Times befragte Kunden gaben unter anderem an, der veränderten Oberfläche skeptisch gegenüber zu stehen.

Microsoft setzt auf langfristige Perspektive

Microsoft will derzeit nicht viel zu den Absatzzahlen sagen. Bekannt ist, dass sich Windows 8 laut Redmond im ersten Monat 40 Millionen Mal verkauft haben soll. Diese Zahl beinhaltet auch die günstig erhältlichen Upgrades von früheren Windows-Versionen als auch die OEM-Kopien, die auf neuen Geräten von den Herstellern vorinstalliert sind.

Mark Martin, ein Sprecher von Microsoft, betont, dass man nach wie vor nicht gedenke, einen Kommentar zum Status Quo abzugeben. Aufgrund der tiefgreifenden Änderungen, die Windows 8 mitbringt, will man den Start nicht Anhand eines kurzen Zeitrums bewerten, sondern langfristig beurteilen.

Auch Microsoft Österreich hatte Mitte November gegenüber dem WebStandard zu Protokoll gegeben, dass für den Start nicht ein "singulärer Moment" den Ausschlag gebe. Dort ließ man jedoch Optimismus durchklingen und gab an, derzeit "klar über dem Budget" zu liegen.

Intel hofft auf 2013

Intel-Sprecher Bill Calder streitet nicht ab, dass die PC-Verkäufe im Weihnachtsgeschäft hinter den Erwartungen liegen. Er rechnet aber damit, dass sich dies durch neue Windows 8-Geräte, die 2013 erscheinen, ändern wird.

Eher zurückhaltend geben sich aktuell die meisten Händler. Die Handelskette Best Buy gibt an, dass Windows 8 „die Erwartungen erfüllt" hätte. Beim in Chicago ansässigen Retailer Abt Electronics sieht man aktuell sogar ein Plus von 13 Prozent in den PC-Verkäufen.

Bei Amazons Verkaufscharts rangieren jedoch nur fünf Laptops in den Top 100. Zwei davon sind Geräte aus dem Hause Apple, einer läuft noch mit Windows 7, ein weiterer bietet Windows 8 nur als Option an. Nur ein Gerät ist auf jeden Fall mit Microsofts neuem Betriebssystem ausgestattet.

Tablets nicht aufzuhalten

Langfristig wird es für Windows 8 jedenfalls wichtig werden, sich am Tabletmarkt zu etablieren. "Tablets machen mit dem Laptop das, was der Laptopmarkt mit dem Desktopmarkt getan hat", meint Brendan Barnicle, ein Analyst von Pacific Crest Securities. "Sie werden auch nicht einfach so wieder verschwinden."