Rudolph mit der roten Nase, berühmtestes aller Rentiere.

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Seine Auftraggeber waren anfangs gar nicht von ihm begeistert, zu sehr erinnerte sie sein markantestes Merkmal an einen Alkoholiker. Dann entging er knapp dem Schicksal, Rodney, Rollo, Reginald oder Romeo zu heißen. Schließlich aber wurde Rudolph, das Rentier mit der roten Nase, doch noch zum berühmtesten Vertreter seiner Art.

1939 beauftragte die Chicagoer Versandhauskette Montgomery Ward ihren Werbetexter Robert May damit, als Geschenk für ihre Kunden ein Malbuch mit einer gereimten Geschichte für Kinder zu produzieren - irgendetwas mit Tieren, "nach dem Vorbild von Ferdinand, dem Stier", notierte May. Kurz darauf ward Rudolph, the Red-Nosed Reindeer geboren.

Namensrechte als große Nummer

Anfangs zweifelten die Chefs noch, ob die leuchtend rote Nase bei Eltern gut ankommen würde, schließlich stimmten sich doch noch zu. 2,5 Millionen Mal ging das Buch allein im ersten Jahr über den Ladentisch. Sein Schöpfer, der ursprünglich nur eine Pauschale für das Werk erhalten hatte, bekam von Montgomery Ward 1947 die Rechte übertragen, weil er nach dem Krebstod seiner Frau in finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Den Rest seines Lebens verbrachte May damit, das Tier zu vermarkten.

Der größte Coup gelang ihm 1949, als er seinen Schwager, den Komponisten Johnny Marks, ein Lied aus der Geschichte machen ließ. Marks hatte sich trotz seiner jüdischen Herkunft auf Weihnachtslieder spezialisiert - er und andere jüdische Musiker versuchten so, das Fest zu säkularisieren und damit auch für die US-amerikanischen Juden zugänglicher zu machen. So stammen etwa auch Let it Snow oder White Christmas von jüdischen Komponisten.

144 Cover-Versionen des Songs

Von Frank Sinatra über Dinah Shore bis Bing Crosby wollte zuerst niemand das Rudolph-Lied singen, zu infantil erschien das Werk den Interpreten. Erst Gene Autry, bekannt als "singender Cowboy", erbarmte sich des Songs. Nachdem Marks ihm lange zugeredet hatte, sang Autry das Lied erstmals zum Abschluss einer Rodeoshow im Madison Square Garden, ein Mann im Rentierkostüm und mit roter Nase lief dabei durch die Arena. Im ersten Jahr verkaufte sich die Single insgesamt zwei Millionen Mal.

144-mal wurde Rudolph, the Red- Nosed Reindeer seither gecovert, bis in die 1980er soll der Song die zweitmeistverkaufte Single aller Zeiten gewesen sein - geschlagen nur von White Christmas. (Tobias Müller, DER STANDARD, 24.12.2012)