Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA

Google will einem Zeitungsbericht zufolge mit einem eigens entwickelten Mobiltelefon dem iPhone von Apple Konkurrenz machen. Zusammen mit dem übernommenen Handy-Hersteller Motorola arbeite Google derzeit an einem neuen Gerät unter dem Arbeitstitel "X Phone", berichtete das "Wall Street Journal" am Samstag unter Berufung auf mit der Sache vertraute Insider.

Weniger ist mehr

Intern kennt man das Gerät nur unter dem Projektnamen "X Phone". Es soll sich von der Konkurrenz stark abheben, aktuell plagt man sich aber noch mit Problemen bei Herstellung und Lieferkette, sodass das mysteriöse Telefon bereits einige Änderungen erfahren haben soll, so die Quellen weiter.

Der Schritt, ein eigenes Google-Phone abseits der Nexus-Reihe (die weiter bestehen soll) zu launchen, soll auch dazu beitragen, Motorolas Marktposition wieder zu stärken. Zu dem Zweck will man sich mehr auf einzelne Geräte konzentrieren und dafür die Bandbreite an Devices verkleinern. Aktuell kommt Motorola laut IDC-Zahlen im Android-Segment auf weniger als drei Prozent Marktanteil.

"Etwas sehr unterschiedliches"

Von Danny Woodside, ehemaliger Google-Manager, der nun CEO bei Motorola Mobility ist, gibt zum "X Phone" keinen Kommentar ab. In einem Interview sagte er jedoch vor einiger Zeit, dass Motorola "in ein Team und Technologie investiert und etwas sehr unterschiedliches im Vergleich zu den bisherigen [Smartphone-]Ansätzen" machen wird. Mit Google hat man nun einen Konzern hinter seinem Rücken, der die Ressourcen für gewagtere Projekte hat.

Rückschläge

Als Projektleiter soll der ebenfalls zuvor bei Google tätige Produktmanager Lior Ron fungieren. Geplant waren Vorstöße in Sachen Kamera und Fotosoftware, hier hat die Konkurrenz aber teilweise schon wieder nachgelegt. Andere Features mussten wieder gestrichen werden, um den Akkuverbrauch nicht in problematische Höhen zu treiben.

Im Gespräch war ebenfalls die Verwendung neuer Materialien und der Einsatz eines biegsamen Displays. Bei den Plänen und ihrer Verwerfung soll es sich letztlich um einen normalen Teil des Entwicklungsprozesses handeln. Das "X Phone" ist weiterhin auf Kurs für einen Launch im kommenden Jahr.

Es könnte neue Features im Bereich Bild- und Gestenerkennung erhalten. Die technologische Basis dazu liefert das Unternehmen Viewdle, das Google kürzlich aufgekauft hat. Nach dem Google-Telefon soll auch ein Tablet folgen.

Googles Angst vor Samsungs Macht

Ein solches Projekt ist für den Internetriesen aber auch eine Herausforderung in puncto Herstellerbeziehungen. Bislang hat Google keine eigenen Geräte gebaut, sondern die Fertigung stets Partnern wie HTC, ASUS oder - zuletzt wieder - Samsung überlassen. Der koreanische Konzern liefert, so IDC, mittlerweile über 40 Prozent aller "Androiden" an die Kundschaft.

Einerseits will man die Beziehung zu Samsung nicht zu schwer belasten, andererseits fürchten hochrangige Google-Mitarbeiter, dass der mächtige Elektronikriese künftig eine eigene Android-Adaption ohne Anbindung an Googles Dienste entwickeln könnte, wie es etwa Amazon beim Kindle Fire macht.

Versicherung

Für diesen Fall soll Motorola auch so etwas wie eine Versicherung darstellen. Dort könnte man, erläutern die Insider, bald enger mit dem Android-Entwicklerteam zusammenarbeiten. Bis jetzt hat Motorola jedoch noch keine bevorzugte Behandlung, etwa in früherem Zugang zu neuen Android-Versionen, erfahren.

Samsungs Macht im und durch das Android-System scheint jedenfalls wirklich ein gewisses Bedrohungspotenzial erreicht zu haben - nicht nur für Google. "Wenn man sich die Hersteller abseits von Apple ansieht", meint Pieter Knook, ein ehemaliger Manager der Vodafone-Gruppe, "ist es eigentlich eine ziemlich düstere Geschichte für jeden, der nicht Samsung" oder ein chinesischer Hersteller günstiger Einsteigergeräte ist. (red, derStandard.at, 22.12.2012)