Nach der jüngsten Erhöhung der Pendlerpauschale haben Wirtschaftsforscher in den letzten Tagen vor weiteren großzügigen "Wahlzuckerln" gewarnt. Solche unschwer als wahlkampfmotiviert zu erkennenden Maßnahmen, die strukturell wenig sinnvoll (in diesem Fall zu wenig ökologisch) sind, wecken wohl bei vielen Erinnerungen an Wahlgeschenke der Vergangenheit: zuletzt die vielen Beschlüsse der langen Nacht im Nationalrat im September 2008, die immer noch das Budget belasten und ohne die das Budgetdefizit 2013 ein halbes Prozent geringer als die derzeit erwarteten 2,3 Prozent des BIPs wäre. Und die nicht nur budgetär, sondern auch wirtschaftspolitisch fragwürdig sind - wie die Ausdehnung der steuerlichen Überstundenbegünstigung, die Verlängerung der Hacklerregelung oder die Halbierung des Umsatzsteuersatzes auf Medikamente.

Seither wurden im Rahmen einer zweistufigen Reform des Haushaltsrechts des Bundes einige grundlegende Neuerungen vorgenommen, die solche budgetpolitischen Irrationalitäten verhindern sollen. Die erste Etappe dieser Reform führte 2009 eine vierjährige mittelfristige Finanzplanung mit verbindlichen Ausgabenobergrenzen ein. Diese Selbstbindung der Politik soll der Versuchung entgegenwirken, dass tatsächliche oder vermeintliche zusätzliche Budgetspielräume unverzüglich in Mehrausgaben statt in den Schuldenabbau fließen. Vor gut zwei Monaten stellte Finanzministerin Maria Fekter den Haushaltsplan für das kommende Jahr 2013 vor: das erste Budget, das nach den Regeln der zweiten Etappe der Reform erstellt wurde. Unter der für Nicht-Budget-Experten sperrigen Bezeichnung "Wirkungsorientierung" geben neuerdings die Ministerien zusätzlich zu ihren geplanten Ausgaben die Wirkungsziele an, die damit erreicht werden sollen. Auch werden die zur Zielerreichung geplanten Maßnahmen dargestellt. Die Ministerien müssen also ihre politischen Prioritäten offen legen und ihre tatsächlichen Aktivitäten an den gesetzten Zielen messen lassen.

Gleichzeitig hat sich seit 2008 primär durch die budgetären Krisenkosten die österreichische Verschuldungssituation deutlich verschlechtert. Erst im nächsten Jahr sinkt das Budgetdefizit wieder unter die EU-Obergrenze von drei Prozent. Die Schuldenquote erreicht 2013 mit über 75 Prozent ihren bisherigen Höchststand und geht erst ab 2014 wieder zurück - unter der Vor aussetzung, dass der angestrebte Konsolidierungspfad eingehalten wird. Mit dem österreichischen Stabilitätspakt, mit dem sich alle Gebietskörperschaften zur Mitwirkung am Konsolidierungspfad verpflichten, hat sich die Politik eine weitere Selbstbindung auferlegt.

Die neuen haushaltsrechtlichen Beschränkungen und das knappe budgetpolitische Korsett sollten somit teuren Wahlgeschenken enge Grenzen setzen. Das Beispiel Pendlerpauschale lässt aber befürchten, dass sich die Politik auch künftig nicht allzu streng an die neue Wirkungsorientierung halten will: Denn die geplante Erhöhung findet sich nirgends in den kurz zuvor im Haushaltsplan veröffentlichten Wirkungszielen und geplanten Maßnahmen. Umgekehrt enthält der Haushaltsplan viele sinnvolle Ziele und Maßnahmen, die von der Politik offensiver vertreten werden sollten - im Umweltbereich etwa die Reduktion der Treibhausgasemissionen oder die Stärkung von Umwelttechnologien. Dass die angestrebte zielorientierte Haushaltspolitik von der Politik gelebt wird, darauf muss die interessierte Öffentlichkeit ebenso wie unabhängige Experten und Kon trollorgane wie der Rechnungshof bestehen.  (Margit Schratzenstaller, DER STANDARD, 22/23.12.2012)