Die Parkinson-Krankheit ist mittlerweile die häufigste neurodegenerative Bewegungserkrankung des Menschen und tritt meist im höheren Lebensalter auf. Aufgrund der stetig steigenden Anzahl älterer Menschen nimmt auch die Zahl der Parkinson-Patienten zu. Heutige Therapien können nur die motorischen Symptome wie die Bewegungsarmut oder das Muskelzittern lindern, indem sie den Mangel am Botenstoff Dopamin ausgleichen. Die Ursache selbst, das Absterben von Dopamin-produzierenden Nervenzellen im Gehirn, kann jedoch noch nicht behandelt werden. Göttinger Forscher haben nun aber einen Weg gefunden, zumindest bei Tieren das Absterben von Nervenzellen deutlich zu bremsen. Diese Erkenntnisse könnten einen neuen Ansatz zur Behandlung von Parkinson liefern.

Eine Arbeitsgruppe um Paul Lingor konnte bereits früher zeigen, dass die Hemmung des Enzyms Rho-Kinase zu einem verbesserten Auswachsen von geschädigten Axonen im zentralen Nervensystem führen kann. Axone sind Nervenfortsätze, die für die Weiterleitung elektrischer Impulse von einer Nervenzelle zur anderen sorgen. Bei Parkinson ist diese Weiterleitung gestört, da mit Fortschreiten der Erkrankung immer mehr Nervenzellen absterben. Für die aktuelle Studie modellierten die Göttinger Forscher die Parkinson'sche Erkrankung in einem Zellkulturmodell und übertrugen die Ergebnisse in ein Mausmodell der Parkinson'schen Erkrankung.

In einer kürzlich von der Arbeitsgruppe veröffentlichten Untersuchung konnten die Wissenschafter zeigen, dass durch die Hemmung der Rho-Kinase im zentralen Nervensystem der Maus mehr dopaminerge Nervenzellen in der sogenannten Substantia nigra überleben. In diesem Bereich des Mittelhirns kommt es bei Parkinson zu einen besonders starken Absterben von dopaminergen Nervenzellen. Die Ergebnisse sind im November 2012 in der renommierten neurologischen Fachzeitschrift "Brain" erschienen.

Geschützte Nervenzellfortsätze

"Neben der schützenden Wirkung auf die Zellkörper konnten wir insbesondere nachweisen, dass die funktionell wichtigen Nervenzellfortsätze, die die Signale von einer Nervenzelle zur nächsten weiterleiten, durch die Behandlung mit dem Rho-Kinase-Hemmer Fasudil in ihrer Funktionalität geschützt werden", erläutert Lars Tönges, einer der Erstautoren der Publikation und Arzt in der Abteilung Neurologie der Universitätsmedizin Göttingen.

Durch die Behandlung mit dem Wirkstoff Fasudil fand sich im Gehirn der untersuchten Tiere deutlich mehr Dopamin. In der Zellkultur konnte Fasudil geschädigte dopaminerge Nervenzellen besser zum Auswachsen bringen und auch in den Tierversuchen gab es Hinweise auf eine Neubildung der dopaminergen Fortsätze. In Verhaltenstests konnten die Wissenschafter zeigen, dass die mit Fasudil behandelten Mäuse besser abschneiden, als die nicht mit Fasudil behandelten Kontrollen.

Hinweise auf regenerationsfördernde Wirkung

Das Besondere an den Ergebnissen der Studie der Göttinger Neurologen ist die zweifache Wirkung des Rho-Kinase-Hemmers Fasudil: Einerseits schützt es Nervenzellen und ihre Fortsätze vor dem Absterben und zusätzlich gibt es Hinweise auf eine regenerationsfördernde Wirkung. "Dies ist besonders spannend, da alle bisher zugelassenen Therapien lediglich die Symptome der Parkinson'schen Erkrankung behandeln ohne das Absterben der Zellen wirkungsvoll zu bekämpfen", so Paul Lingor, Senior-Autor der Veröffentlichung und leitender Oberarzt in der Abteilung Neurologie der Universitätsmedizin Göttingen. Da der Wirkstoff Fasudil bereits in Japan ein zugelassenes Medikament zur Behandlung von Komplikationen bei Hirnblutungen ist, könnte es auch bei Patienten in Deutschland in naher Zukunft getestet werden. (red, derStandard.at, 22.12.2012)