Wien - "Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres oder sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes?" Mit der Beantwortung dieser Frage sollen die Österreicher bei einer Volksbefragung am 20. Jänner über die künftige Organisation ihrer Armee entscheiden.


Bundesheer Visual: Interaktive Grafik zur Volksbefragung

Weil sich die beiden Regierungsparteien nicht einigen konnten, sollen nun 6,3 Millionen Staatsbürger darüber bestimmen, ob das Bundesheer künftig als reine Berufsarmee existieren oder die allgemeine Wehrpflicht bestehen bleiben soll.

ÖVP für Beibehaltung des bestehenden Systems

Die ÖVP tritt für die Beibehaltung des derzeitigen Systems mit Wehrpflicht und Zivildienst ein. Das würde bedeuten, dass das Bundesheer weiterhin aus 16.000 Berufssoldaten, 26.000 Milizsoldaten und rund 24.000 Grundwehrdienern bestehen bleibt. Dem Zivildienst stehen 13.000 junge Männer zur Verfügung. Das Heeresbudget beträgt derzeit zwei Mrd. Euro und ist damit am absoluten Limit. Der Zivildienst kostet 142 Mio. Euro.

ÖVP-Konzept nicht zur Verfügung

Die Volkspartei will den Wehrdienst reformieren, damit künftig weniger Rekruten als Systemerhalter eingesetzt werden, ein konkretes Konzept dafür hat sie aber nicht. Ein ursprüngliches Modell eines Österreich-Dienstes, bei dem man zwischen einem Wehrdienst und einem Katastrophendienst von jeweils fünf Monaten plus einem Monat Milizübungen und dem Zivildienst mit neun Monaten wählen kann, wurde nach Kritik von Experten wieder verworfen. Die vielen Stehzeiten und die Tatsache, dass ein Großteil der Grundwehrdiener als Systemsoldaten (Köche, Fahrer, Wache, etc.) eingesetzt werde, ist eines der Hauptargumente gegen die Wehrpflicht.

SPÖ für Abschaffung der Wehrpflicht

Für die Abschaffung der Wehrpflicht tritt die SPÖ ein. Ein von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) errechnetes Modell sieht für das Berufsheer 8.500 Berufssoldaten, 7.000 Zeitsoldaten und 9.300 Milizsoldaten vor. Die wesentlichen Änderungen zum jetzigen System sind eine geringere Zahl an Soldaten und dass für Katastropheneinsätze hauptsätzlich Milizsoldaten vorgesehen sind. Derzeit stellen diese mehr als die Hälfte der Auslandskontingente, das sollen im Berufsheer Zeitsoldaten machen. Die Zeitsoldaten sollen zum Teil auch die Rekruten bei Katastropheneinsätzen ersetzen. Im bestehenden System werden Katastropheneinsätze zu zwei Dritteln von Grundwehrdienern und zu einem Drittel von Berufssoldaten bewältigt.

Schwieriger Kostenvergleich

Die Herausforderungen bei diesem Modell sind zum einen die Kosten. Darabos hat zwar errechnen lassen, dass dieses nicht mehr als das jetzige System kosten würde. Diese Berechnungen waren aber von Anfang an umstritten. Wesentliche Führungskräfte im Heer, darunter Generalstabschef Edmund Entacher, Einsatzchef Christian Segur-Cabanac und der erst kürzlich ausgeschiedene Streitkräftekommandant Günter Höfler, sind einhellig der Meinung, dass ein Berufsheer mit dem gleichen Leistungsumfang mehr kosten würde als die bestehende Wehrpflichtigen-Armee. Ein weiteres Problem ist der Abbau von fast 10.000 Beamten (7.500 Soldaten und 2.100 Zivilbedienstete), der im Darabos-Modell vorgesehen ist. Das würde viele Jahre dauern. Gleichzeitig, und das ist die dritte große Herausforderung, müssen jährlich 2.550 neue Soldaten rekrutiert werden - 850 für die Miliz, 1.300 als Zeitsoldaten und 400 als Berufssoldaten.

SPÖ will freiwilliges Sozialjahr

Die 13.000 Zivildiener sollen durch 8.000 Freiwillige im Sozialjahr ersetzt werden. Die Kosten für dieses werden mit 211 Mio. Euro beziffert, das sind um rund 70 Mio. Euro mehr als der Zivildienst. Für das Sozialjahr und das Berufsheer braucht man in Summe 10.000 Freiwillige pro Jahr. Um diese zu bekommen, ist eine entsprechend große Zahl an Interessenten nötig, denn es wird nicht jeder geeignet sein. Die deutsche Bundeswehr etwa nimmt nur jeden zweiten oder jeden dritten Bewerber. Wenn das auch für das Sozialjahr gilt - das Sozialministerium hat dazu keine Angaben gemacht -, braucht man in Österreich für beide Systeme 20.000 bis 30.000 Bewerber pro Jahr. Derzeit stehen jährlich rund 36.000 taugliche 18-Jährige für die Wehrpflicht und den Zivildienst zur Verfügung.

Die anderen Parteien

Die Oppositionsparteien sind in der Frage der Wehrpflicht genauso gespalten wie die Regierung. Die FPÖ tritt für die Beibehaltung der Wehrpflicht ein. Die Grünen sind für ein Berufsheer. Sie haben zwar ein ganz anderes Modell mit nur 5.000 Soldaten, haben aber eine Empfehlung für die Abschaffung der Wehrpflicht abgegeben. BZÖ und Team Stronach sind ebenfalls für ein Berufsheer.

Bundespräsident für Mischsystem

Ein Befürworter der Wehrpflicht ist der Oberbefehlshaber des Bundesheeres, Bundespräsident Heinz Fischer. Er sieht das bestehende Heer als "bewährtes Mischsystem von Grundwehrdienern, Zeit-, Berufs- und Milizsoldaten", das in "professioneller Weise seine verfassungsmäßigen Aufgaben für Österreich erfüllt". Das Staatsoberhaupt spricht sich aber für eine Reform der Armee aus.

CHRONOLOGIE DER DEBATTE

Über die Wehrpflicht in Österreich wird schon seit über zwei Jahren diskutiert. Ausgelöst wurde die Debatte vom Wiener Bürgermeister Michael Häupl (S) wenige Tage vor der Wien-Wahl 2010. Mit der Volksbefragung am 20. Jänner 2013 erreicht diese Diskussion ihren vorläufigen Höhepunkt. Wie es danach mit dem Bundesheer und mit der rot-schwarzen Koalition weitergeht, steht noch in den Sternen. Im Folgenden eine Chronologie der Ereignisse:

2010:

3. Juli: Nach der Abschaffung der Wehrpflicht in Deutschland und Schweden spricht sich Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) klar für die Beibehaltung dieser in Österreich aus: "Für mich ist die Wehrpflicht in Stein gemeißelt. Mit mir als Verteidigungsminister wird es kein Ende der Wehrpflicht geben." Die "Kronen"-Zeitung hat indes mit einer Kampagne zur Abschaffung der Wehrpflicht begonnen.

21. September: Auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) bekennt sich zur allgemeinen Wehrpflicht.

5. Oktober: Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) schwenkt wenige Tage vor der Wien-Wahl auf Linie der "Kronen Zeitung" um und fordert ebendort eine Volksbefragung über die allgemeine Wehrpflicht. An der SPÖ-Spitze beginnt daraufhin ein rasanter Meinungsschwenk.

2011

12. Jänner: Nach einem Parteipräsidium vollenden die Sozialdemokraten ihre Kehrtwende in Richtung Berufsheer. Im Verlauf der nächsten zwei Jahre zeigt sich allerdings, dass die Parteibasis dieser abrupten Richtungsänderung der Führungsmannschaft zu einem guten Teil nicht gefolgt ist. So bleibt ausgerechnet SPÖ-Wehrsprecher Stefan Prähauser ein Verfechter der Wehrpflicht. Aber auch andere rote Promis wie Altkanzler Franz Vranitzky und der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden treten für die Beibehaltung des bestehenden Systems auf. Auch die Sozialistische Jugend (SJ) kann sich mit einem Berufsheer nicht anfreunden.

17. Jänner: Darabos präsentiert konkrete Pläne zur Abschaffung der Wehrpflicht. Seine Modellrechnungen sind aber von Beginn an umstritten. An den Modellen soll so lange herumgerechnet worden sein, bis ein Berufsheer herausgekommen ist, das nicht mehr kostet als das bisherige System, monieren Gegner. Nur wenige Monate davor hatte das Verteidigungsministerium selbst die Kosten für ein Berufsheer mit dem Doppelten beziffert.

22. Jänner: Generalstabschef Edmund Entacher bleibt bei ebendieser Einschätzung und warnt davor, dass eine Berufsarmee entweder mehr kosten oder weniger leisten werde. Er spricht sich daher persönlich für die Beibehaltung der Wehrpflicht aus.

24./25. Jänner: Darabos beruft - nach einer entsprechenden Forderung der "Kronen Zeitung" - Entacher als Generalstabschef ab. Bundespräsident Heinz Fischer äußert Bedenken, ob diese Absetzung juristisch standhält. Kaum ein Jahr später zeigt sich, dass sie es nicht tut und Entacher wieder sein Büro beziehen darf.

19. Februar: Der Oberbefehlshaber des Bundesheeres, Bundespräsident Fischer, lehnt eine Abschaffung der Wehrpflicht ab und sagt, dass ein Berufsheer teurer wäre.

März: Die Regierung einigt sich auf eine neue Sicherheitsdoktrin. In der Frage der Wehrpflicht bleibt sie aber weiter gespalten. Die parlamentarischen Verhandlungen über diese neue Sicherheitsstrategie befinden sich seit damals im Tiefschlaf.

26. April: Darabos lässt die Kosten für ein Berufsheer neuerlich berechnen und billiger werden.

14. Mai: ÖVP-Chef Michael Spindelegger lehnt eine Volksbefragung über die Abschaffung der Wehrpflicht ab.

Juni: Bundeskanzler Faymann schlägt vor, die von der SPÖ propagierte Volksbefragung gleichzeitig mit der nächsten Nationalratswahl durchzuführen. Die ÖVP ventiliert Vorschläge für eine Reform des Wehrdienstes. Dieser soll durch einen fünfmonatigen "Österreich-Dienst" ersetzt werden, bei dem man sich zwischen dem klassischen Militärdienst, Zivildienst und Katastrophendienst entscheiden kann. Dieses Modell wird später wieder verworfen.

29. August: Darabos kündigt Versuchsprojekte zur Erprobung eines Berufsheers an. Die ÖVP sieht darin "nutzlose Planspiele".

7. November: Darabos erleidet im Kampf gegen Entacher eine totale Niederlage. Die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt hebt den Versetzungsbescheid ersatzlos auf. Entacher wird wieder Generalstabschef.

2012

1. Juli: Die ÖVP verknüpft die Wehrpflicht mit ihrem Paket für mehr direkte Demokratie. Sie kann sich eine Volksabstimmung über das Bundesheer vorstellen, allerdings nur über den Weg eines Volksbegehrens, das von zehn Prozent der Wahlberechtigten unterstützt wird, wie im ÖVP-Modell vorgesehen.

25. August: Nach einigen ruhigen Monaten wird die Wehrpflicht-Debatte neuerlich von einem Landeshauptmann entfacht; diesmal ist es der Niederösterreicher Erwin Pröll (V), der eine Volksabstimmung über die Zukunft des Bundesheeres fordert.

27./28./29. August: SPÖ und ÖVP einigen sich darauf, im Jänner 2013 eine Volksbefragung abzuhalten. Erste Umfragen sehen eine Mehrheit für das Berufsheer. Die Rettungsorganisationen fordern Ersatz für den Zivildienst im Falle der Abschaffung der Wahrpflicht.

30. August: Erste Kritik an der Volksbefragung: Der steirische VP-Obmann Hermann Schützenhöfer bezeichnet es als "Armutszeugnis für die Bundesregierung, dass sie eine solche Frage überhaupt stellt".

2. September: Bundespräsident Fischer bekräftigt seine Pro-Wehrpflicht-Haltung, er gibt aber keine Stimmempfehlung ab.

3. September: Mehrere Umfragen sehen eine Mehrheit für die Wehrpflicht.

7. September: Die Regierung einigt sich auf den Befragungstext: "Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres oder sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes?". Unter dem Industriellen und Ex-Vizekanzler Hannes Androsch (S) formiert sich das Pro-Berufsheer-Personenkomitee "Unser Heer".

9. September: SPÖ-Chef Faymann schließt einen Rücktritt von Minister Darabos nach der Volksbefragung aus. Der steirische Landeshauptmann Franz Voves (S) kritisiert indes, dass so ein "sensibles Thema letztlich der Bevölkerung hingespielt" werde. Er zeigt sich zudem so wie die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller skeptisch bezüglich einer Systemumstellung.

11. September: Der Ministerrat beschließt die Volksbefragung.

12. September: Verteidigungsminister Darabo bezeichnet bei einer Klubklausur der SPÖ die Wehrpflicht als "mega-sinnlos". Streitkräftekommandant Günter Höfler kritisiert diese Aussage als "Verletzung und Brüskierung" der Soldaten.

20. September: Das Rote Kreuz legt sich auf die Beibehaltung des Zivildienstes fest.

11. Oktober: Unter der Leitung des ehemaligen Präsidenten der Industriellenvereinigung, Veit Sorger, gründet sich ein Pro-Wehrpflicht-Personenkomitee mit dem Slogan "Einsatz für Österreich".

14. Oktober: Die SPÖ-Basis beschert Werner Faymann bei dessen Wiederwahl zum Parteichef mit 83,43 Prozent das schlechteste Ergebnis der jüngeren Parteigeschichte. Als Gründe dafür gelten u.a. die Inseraten-Affäre und die Wehrpflicht-Debatte.

16. Oktober: Der Nationalrat legt die Rahmenbedingungen für die Volksbefragung fest.

22. Oktober: Darabos ortet in seinem Ressort "ältere Offiziere, die propagandistisch vorgehen".

26. Oktober: Die Ansprachen zum Nationalfeiertag am Heldenplatz stehen ganz im Zeichen der Heeresdebatte. Während Fischer die Wehrpflicht hochhält, werben Kanzler und Verteidigungsminister für das Berufsheer.

8. November: Selbst der Vorsitzende des Pro-Berufsheer-Komitees Androsch hält eine Volksbefragung über die Wehrpflicht für verfehlt. Die Bevölkerung fühle sich "gefrotzelt", wenn sie in einer derart komplexen Materie durch eine "herausgegriffene, willkürliche Frage" entscheiden soll.

12. November: Die Versuchsmiliz, die Darabos im Zuge seiner Berufsheer-Pilotprojekte erproben will, startet in Allentsteig ihre erste Übung. Da sich nicht genug geeignete Freiwillige für die 115 Mann umfassende Pionierkompanie 115 finden, müssen Berufssoldaten einspringen. Drei Wochen später findet die Übung der zweiten Kompanie in Salzburg statt, auch hier konnten nicht genug Freiwillige rekrutiert werden.

7. Dezember: Mit dem scheidenden Streitkräftekommandanten, Generalleutnant Günter Höfler, spricht sich auch der höchste Offizier der Truppe gegen einen Umstieg auf ein Berufsheer aus. Sein Nachfolger Franz Reißner hat keine öffentliche Meinung dazu.

11. Dezember: Nach Niederösterreich und Salzburg hält sich auch die steirische SPÖ in der Wehrpflicht-Frage zurück und gibt ihren Funktionären keine Empfehlung, wie sie stimmen sollen.

12. Dezember: Darabos bezeichnet den Wehrdienst nicht nur als "Zwangsdienst", er sieht darin mittlerweile sogar eine "Gefahr" für die Landesverteidigung.

5. Jänner 2013: Salzburgs Landeshauptfrau Burgstaller kündigt an, sie werde für die Wehrpflicht stimmen. "Wehrpflicht abschaffen, sagt die Vernunft", das sagen Bundeskanzler Werner Faymann und Wiens Bürgermeister Michael Häupl in einem gemeinsamen Brief an die Wienerinnen und Wiener. Der steirische Landeschef Franz Voves wird diesen Brief wie seine Salzburger Kollegin nicht unterschreiben.

WECHSELNDE POSITIONEN VON SPÖ UND ÖVP

Die allgemeine Wehrpflicht besteht im Grunde seit 1868 - wenn auch mit Unterbrechungen (jeweils nach den beiden Weltkriegen). Gerüttelt haben die beiden Großparteien SPÖ und ÖVP nach der Wiedereinführung 1955 aber schon mehrmals an der Regelung. Allerdings noch nie so heftig, wie es die SPÖ seit Oktober 2010 tut.

In der Zweiten Republik wurde die Allgemeine Wehrpflicht am 7. September 1955 (wieder) eingeführt. Die Dauer des Präsenzdienstes betrug neun Monate, bei zwei Wochen Urlaub.

Kreisky: "Sechs Monate sind genug"

Erstmals in einem Nationalratswahlkampf griff Bruno Kreisky das Thema auf: 1970 ging die SPÖ mit dem Slogan "Sechs Monate sind genug" in den Wahlkampf und konnte die Wahl auch für sich entscheiden. In der Folge wurde zwar der Wehrdienst auf sechs Monate verkürzt, allerdings kamen zwei Monate Waffenübungen dazu, außerdem wurden die vorher gewährten zwei Wochen Urlaub gestrichen.

Dann war wieder Ruhe - bis 1999: Der damalige Bundeskanzler Viktor Klima (S) erklärte im Sommer - übrigens in der "Kronen Zeitung" -, dass für die SPÖ ein Berufsheer kein Tabu mehr sei: "Ich habe in der SPÖ eine breite Diskussion über ein leistungsfähiges, effizientes Bundesheer begonnen. Dabei darf es keine ideologischen Barrieren mehr geben, die auf alte Denkmuster aus dem Jahre 1934 zurückzuführen sind", sagte er - womit die Wehrpflicht auch Thema des Nationalrats-Wahlkampfs wurde.

Schüssel wollte Wehrpflicht abschaffen

Im September desselben Jahres sprach sich dann auch der damalige ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel für die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht und die Einführung eines Berufsheeres aus. Er verwies darauf, dass die Hälfte aller europäischen Länder diesen Schritt bereits vollzogen hätten. Nach der geschlagenen Wahl und dem In-Kraft-Treten der ersten Periode von Schwarz-Blau war die Abschaffung aber kein Thema mehr. Im Dezember 2001 beschloss die ÖVP-FPÖ-Regierung dann die neue Sicherheitsdoktrin, in der die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht festgeschrieben wurde.

Im Zuge der unter dem Kabinett Schüssel II eingesetzten Bundesheer-Reformkommission wurde das Konzept "Bundesheer 2010" entwickelt. Dieses enthielt u.a. eine Verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate, welche dann auch im Sommer 2005 umgesetzt wurde.

Ansonsten drehte sich die Bundesheer-Debatte in den Jahren der Schüssel-Regierung weniger um die Wehrpflicht als vielmehr um die Anschaffung der Eurofighter. Im Juli 2002 fiel die Typenentscheidung, im Jahr darauf wird der Vertrag unterzeichnet. In den Wahlkampf 2006 zog dann der damalige SP-Chef Alfred Gusenbauer mit dem Slogan "Hier fliegt Ihre Pensionserhöhung". Nach dem Wahlsieg der SPÖ 2006 und der Koalition mit der ÖVP gab es dann keinen Ausstieg aus dem Vertrag, dafür reduzierte Verteidigungsminister Norbert Darabos die Zahl der Flugzeuge von 18 auf 15.

Darabos 2010: "Für mich ist die Wehrpflicht in Stein gemeißelt"

Am Festhalten an der allgemeinen Wehrpflicht gab es in der Folge bis 2010 keine Zweifel - im Gegenteil: Das der Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland nahm Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) zum Anlass, sich klar für die Beibehaltung des Wehrdienstes in Österreich auszusprechen: "Für mich ist die Wehrpflicht in Stein gemeißelt. Mit mir als Verteidigungsminister wird es kein Ende der Wehrpflicht geben." (3. Juni, "Tiroler Tageszeitung")

Auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hielt kurz danach - am 16. September - fest, dass eine Abschaffung die allgemeinen Wehrpflicht "in keiner Weise auf der Tagesordnung" stehe. Außenminister Michael Spindelegger erkärte, es gebe es innerhalb der ÖVP eine Debatte über "neue Elemente", aber "da geht es nicht um die Abschaffung der Wehrpflicht".

Wenige Tage später sprach auch VP-Vizekanzler Josef Pröll die Notwendigkeit von Reformen an: "Wir brauchen den Aufbruch zu Bundesheer neu oder Wehrpflicht neu." Eine Abschaffung stehe aber nicht zur Debatte, betonte er nach dem Ministerrat am 21. September.

Dann kam alles ganz anders: Am 5. Oktober forderte der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) - wenige Tage vor der Wien-Wahl - in der "Kronen Zeitung" eine Volksbefragung über die allgemeine Wehrpflicht. Das Kleinformat hatte zuvor für eine Abschaffung des Präsenzdienstes kampagnisiert. In der SPÖ beginnt in den folgenden Monaten ein Meinungsschwenk.

Faymann: SPÖ "weitgehend geschlossen"

Im Jänner 2011 stellte die SPÖ dann die Weichen Richtung Abschaffung der Wehrpflicht: Faymann betonte nach dem Parteipräsidium, dass die SPÖ "weitgehend geschlossen" dafür eintrete, einem Ersatz der Wehrpflicht "besonderes Augenmerk zu schenken".

Im Mai 2012 lehnte ÖVP-Chef Michael Spindelegger eine Volksbefragung über die Abschaffung der Wehrpflicht ab, im Jahr darauf verknüpft die ÖVP die Abstimmung über die Wehrpflicht mit ihrem Paket für mehr direkte Demokratie.

Den Ausschlag für die nun kommende Volksbefragung gab dann nur wenige Monate später, im August, der Niederösterreichische ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll, der eine Volksabstimmung forderte. Wenige Tage später einigen sich SPÖ und ÖVP, diese im Jänner 2013 abzuhalten.

DAS BUNDESHEER IN ZAHLEN

Das derzeit heftig diskutierte österreichische Bundesheer verfügt - zumindest am Papier - über eine Mobilmachungsstärke von rund 55.000 Mann. Das sind alle Soldaten, die im Fall der Fälle zur Verfügung stünden - von den Berufssoldaten über die Miliz bis zu den Präsenzdienern. Die Zahl der Berufssoldaten beträgt etwa 16.000 (1.600 davon Zeitsoldaten) und setzt sich zusammen aus rund 3.000 Offizieren, 10.000 Unteroffizieren und 3.000 Chargen. Die Miliz zählt rund 26.000 Soldaten, die als Personalreserve im Bedarfsfall zur Verfügung stehen.

Die Zahl der Grundwehrdiener beträgt 11.000 bis 12.000, über das Jahr verteilt werden durchschnittlich 24.000 Wehrpflichtige einberufen. Der Präsenzdienst läuft sechs Monate.

Neben den Uniformierten beschäftigt das Bundesheer auch rund 8.600 Zivilbedienstete, das sind u.a. Handwerker oder Ärzte. Frauen sind beim Militär noch immer eine sehr kleine Minderheit. Mit 300 bis 400 Soldatinnen liegt die Frauenquote bei nur zwei bis drei Prozent, im internationalen Vergleich verfügen andere Armeen über sechs bis acht Prozent weibliche Soldaten.

Das Heeres-Budget liegt mit zwei Mrd. Euro bei nur 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und gehört damit zu den niedrigsten in ganz Europa. Im Jahr 2014 wird es sogar die magische Grenze von zwei Mrd. Euro unterschreiten. Die Kürzungen im Budget zwingen das Bundesheer zu drastischen Schritten. So wurden zwei Drittel der bestehenden Panzer verkauft oder verschrottet. Der Bestand der Panzer und gepanzerten Fahrzeuge reduzierte sich damit von 1.150 auf 400.

GESCHICHTE DES BUNDESHEERES

Am 20. Jänner 2013 entscheidet die österreichische Bevölkerung bei einer Volksbefragung über die Zukunft des Bundesheeres. Die Geschichte der österreichischen Armee nach 1918 war stark von den Niederlagen der beiden Weltkriege geprägt. Nach dem Zerfall der Monarchie wurde Österreich durch den am 10. September 1919 unterzeichneten Friedensvertrag von Saint Germain zu einer radikalen Abrüstung gezwungen und die allgemeine Wehrpflicht verboten. Die Gesamtstärke des Bundesheeres war mit höchstens 30.000 Mann begrenzt. Luftstreitkräfte jeglicher Art waren verboten.

In den ersten Jahren danach war das Bundesheer sozialdemokratisch orientiert. Als der Christdemokrat Carl Vaugoin 1921 Minister für Heerwesen wurde, änderte sich dies. Die Weltwirtschaftskrise und die daraus resultierende Massenarbeitslosigkeit trugen damals zur Radikalisierung der innenpolitischen Landschaft bei. Die beiden großen politischen Lager bauten in den 1920er Jahren ihre paramilitärischen Verbände aus - die Sozialdemokraten den Schutzbund, die Christlichsozialen die Heimwehr.

Der Höhepunkt dieser Auseinandersetzung folgte im Februar 1934. Der Bürgerkrieg zwischen Heimwehr und Schutzbund forderte mehr als 1.000 Tote und führte zur Ausrufung des autoritären Ständestaates. Danach begann Österreich die Auflagen des Friedensvertrags zu ignorieren: Das Bundesheer wurde von der Berufsarmee zu einem Heer mit Präsenzdienern, Berufs- und Milizsoldaten umgebaut. 1936 wurde die allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt. Die Truppenstärke wurde bis auf 60.000 im Jahr 1938 angehoben. Das geschah mit stiller Zustimmung der Westmächte: Sie wollten nach Hitlers Aufstieg ein militärisches Vakuum in Österreich verhindern.

Kein militärischer Widerstand bei Einmarsch der Hitler-Truppen

Beim Einmarsch der Hitler-Truppen in Österreich am 12. März 1938 leistete das Bundesheer allerdings keinen militärischen Widerstand. Nach dem "Anschluss" ging das Militär in der deutschen Wehrmacht auf. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs verboten die Alliierten Mächte Österreich jegliche Art von militärischer Betätigung. Die politischen Umstürze in Ungarn und vor allem in der Tschechoslowakei im Jahr 1948 ließen die westlichen Alliierten - USA, Großbritannien und Frankreich - allerdings ein Übergreifen des Kommunismus auf Österreich fürchten. Sie unterstützten daher die Aufstellung von Alarmformationen der Gendarmerie. Diese "B-Gendarmerie" gilt als Vorläuferorganisation des heutigen Bundesheeres.

Geschaffen wurden die dem Innenministerium unterstellten "Alarmformationen" nur in den westlichen Besatzungszonen. Ihre Ausrüstung stammte fast ausschließlich aus Beständen der Alliierten. Offiziell blieben die Angehörigen dieser Einheiten Gendarmen, sie wurden aber auch militärisch ausgebildet. Die wichtigen Funktionen wurden zudem mit Offizieren besetzt, die schon im Zweiten Weltkrieg gedient hatten.

Nach Unterzeichnung des Staatsvertrags 1955 hob der Alliierte Rat das Verbot der militärischen Betätigung für Österreich auf. Im Bundeskanzleramt wurde eine Sektion IV als Amt für Landesverteidigung eingerichtet. Die Gendarmeriegrundschulen der B-Gendarmerie wurden in provisorische Grenzschutzabteilungen umgewandelt, das Wehrgesetz beschlossen und die allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt.

Die weiteren Weichenstellungen für das Bundesheer erfolgten dann im Jahr 1956. Am 9. April wurde das "Provisorisch" aus dem Namen der Grenzschutzabteilung gestrichen. Am 11. Juli wurde das Amt für Landesverteidigung zu einem Bundesministerium aufgewertet, erster Ressortchef wurde Ferdinand Graf (V). Und am 15. Oktober schließlich rückten die ersten 12.800 Präsenzdiener der Zweiten Republik in die Kasernen ein.

Erste Bewährungsprobe

1956 kam es auch zur ersten Bewährungsprobe für das junge Bundesheer: Nach der Niederschlagung des Volksaufstandes in Ungarn durch sowjetische Truppen wurde die Grenze zum östlichen Nachbarland gesichert.

Zur zweiten Belastungsprobe für das Bundesheer nach dem Ungarnaufstand kam es durch den Einmarsch von Warschauer Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei 1968. Das Heer rückte zwar zur Grenzsicherung aus. Die Politik brachte die Soldaten allerdings weit vor der Staatsgrenze zum Stehen. Das führte zu schwerer Kritik, das Bundesheer wurde zum Wahlkampfthema. Die ÖVP hielt an der Wehrdienstzeit von neun Monaten fest, doch Kanzler Bruno Kreisky (S) gewann 1970 mit dem Kampfslogan "sechs Monate sind genug" die Wahl. 1971 wurde der Wehrdienst verkürzt. Allerdings waren nach den sechs Monaten zwei Monate Milizübungen zu leisten. 1975 wurde die Wehrpflicht in der Bundesverfassung verankert und der Zivildienst eingeführt. Bis dahin bestand nur die Möglichkeit der Verweigerung des Waffendienstes.

Zerfall Jugoslawiens

Eine weitere Bewährungsprobe folgte nach dem Zerfall Jugoslawiens im Sommer 1991. Aufgrund der bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen jugoslawischen und slowenischen Truppen an den Grenzübergängen zu Österreich wurden Ende Juni Tausende Soldaten zur kärntnerischen und steirischen Grenze geschickt. Ende Juli wurden sie wieder abgezogen, nachdem sich die Lage in Slowenien beruhigt hatte.

Eine Folge des Zerfalls des Ostblocks war der Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Ostgrenze, der am 4. September 1990 beschlossen wurde und zunächst zehn Wochen dauern sollte, am Ende aber 21 Jahre lang bestand.

1998 erfolgte ein weiteres wichtiges Ereignis: Das Heer wurde für Frauen geöffnet. 2002 bewältigte das Bundesheer beim Hochwasser in Niederösterreich mit über 10.000 Soldaten seinen größten Katastropheneinsatz. 2004 beendete die Bundesheer-Reformkommission unter der Leitung von Helmut Zilk ihre Arbeit und legte ein umfassendes Reformkonzept unter dem Titel "ÖBH 2010" vor. Daraus resultierten mehrere Strukturänderungen, so übernahm 2006 das neue Streitkräfteführungskommando mit Sitz in Graz und Salzburg die operative Führung des Bundesheeres.

Eurofighter

Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Bundesheers war der Kauf der Eurofighter 2002 - die größte und wohl auch umstrittenste Beschaffung. 2006 wurde die Wehrpflicht tatsächlich auf sechs Monate verkürzt und der Zivildienst von zwölf auf neun Monate reduziert.

2010 zettelte der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) kurz vor der Wien-Wahl eine Debatte über die Abschaffung der Wehrpflicht an. Die SPÖ änderte daraufhin ihre Position und trat fortan für die Einführung eines Berufsheeres ein. Nach fast zwei Jahren fruchtloser Diskussion einigte sich die rot-schwarze Regierung im Herbst 2012 darauf, am 20. Jänner 2013 die Bevölkerung über Beibehaltung oder Abschaffung der Wehrpflicht und damit über die Zukunft der Armee zu befragen.

GESCHICHTE DER ALLGEMEINEN WEHRPFLICHT

Die allgemeine Wehrpflicht gibt es in Österreich - wenn auch mit Unterbrechungen - seit 143 Jahren. Im Dezember 1868 wurde mit dem Reichsgesetzblatt Nr. 151 ein neues Wehrsystem auf der Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht eingeführt. Darin hieß es: "Die Wehrpflicht ist eine allgemeine und muss von jedem wehrfähigen Staatsbürger persönlich erfüllt werden." Die Wehrpflicht war damals ab dem 20. Lebensjahr zu leisten und richtete sich hinsichtlich ihrer Art und Dauer nach der Einteilung des Wehrpflichtigen in die jeweilige Waffengattung. Insgesamt umfasste sie einen Zeitraum von zwölf Jahren, wobei man aktiv nur etwa drei Jahre diente und danach in Reserve war und übte.

Die erste Unterbrechung der Wehrpflicht gab es nach dem Ersten Weltkrieg durch den Vertrag von Saint Germain, der am 10. September 1919 unterzeichnet worden war, am 16. Juli 1920 in Kraft getreten ist und in dem Österreich sowohl hinsichtlich des Wehrsystems als auch hinsichtlich Art und Umfang seiner Streitkräfte tief greifende Beschränkungen auferlegt wurden. Die allgemeine Wehrpflicht wurde untersagt, das damalige Bundesheer durfte "nur auf dem Weg freiwilliger Verpflichtung aufgestellt und ergänzt werden". Seine Gesamtstärke war mit höchstens 30.000 Mann einschließlich der Offiziere und der "Depottruppen" begrenzt. Luftstreitkräfte jeglicher Art waren überhaupt verboten.

1936 wurde wieder eine allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Die, wie sie hieß, allgemeine Bundesdienstpflicht war verfassungsgesetzlich für "Bundesbürger männlichen Geschlechts vom erreichten 18. bis zum vollendeten 42. Lebensjahr nach Maßgabe ihrer körperlichen und geistigen Eignung" festgelegt. Die Dienstpflicht umfasste einen Präsenzdienst von einem Jahr sowie Reserve- und Ersatzreservedienstpflichten. Nach dem "Anschluss" wurde das österreichische Militär in die deutsche Wehrmacht eingegliedert. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Staatsvertrag 1955 wurde das neue österreichische Bundesheer wieder nach dem System der allgemeinen Wehrpflicht eingerichtet, wobei diese zunächst nur einfach gesetzlich geregelt und erst 20 Jahre nach der Wiedererlangung der Wehrhoheit auf verfassungsgesetzlicher Ebene festgelegt wurde (Bundesverfassungsgesetz vom 10. Juni 1975). Die Dauer betrug zunächst neun Monate. Unter der Regierung Bruno Kreisky wurde sie 1971 dann auf acht Monate reduziert.

1975 wurde schließlich ein Wehrersatzdienst im Ausmaß von ebenfalls acht Monaten eingeführt. Wer Gewissensgründe glaubhaft machen konnte, durfte seinen Dienst in Hilfseinrichtungen verrichten. Mit der de facto Abschaffung der Gewissensprüfung wurde der Zivildienst 1992 auf zehn Monate ausgedehnt. 1994 und 1997 erfolgten weitere Ausdehnungen auf elf bzw. zwölf Monate. 2006 wurden der Zivildienst von zwölf auf neun Monate und der Wehrdienst von neun auf sechs Monate verkürzt. Seit dieser Verkürzung der Zivildienstdauer ist die Zahl der Zivildiener ständig angestiegen. Hatten sich 2005 noch 10.000 für den Wehrersatzdienst gemeldet, waren es 2006 schon über 11.000 und 2009 schon 14.000.

DIE STRUKTUR DER ARMEE

Mit einer etwaigen Umstellung des Bundesheeres auf eine Berufsarmee würde sich auch die Struktur des Militärs grundlegend ändern. Restrukturierungen sind die österreichischen Soldaten aber schon gewohnt, das Bundesheer wird immer wieder reformiert. Die letzte Reform fand 2007 statt, als die sogenannte ZENTRALSTELLE, also das Verteidigungsministerium, grundlegend geändert wurde.

Seit dem ist das Ministerium in fünf SEKTIONEN gegliedert. Die zivile Sektion I und die Sport-Sektion V sind direkt dem Minister untergeordnet, die Sektionen II (Planung), III (Bereitstellung) und IV (Einsatz) dem Generalstab.

In der SEKTION I sind u.a. die Rechtsabteilungen (Eigenlegislative, Fremdlegislative, Rechtsabteilung), das Disziplinar- und Beschwerdewesen sowie das Personalwesen untergebracht. Die SEKTION II ist für Planung, Ausbildung und Budget zuständig. Die SEKTION III ist mit Logistik, Beschaffung, Ausrüstung, Militärmedizin und dergleichen befasst und die SEKTION IV ist für Einsatzplanung, -vorbereitung und -führung sowie für die Militärluftfahrt zuständig.

Der Chef des GENERALSTABES ist gesamtverantwortlich und per Definition der oberste Berater des Ministers. Im Fall von Edmund Entacher ist dieses Verhältnis allerdings ziemlich zerrüttet, seitdem Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) versucht hat, den General wegen dessen Pro-Wehrpflicht-Haltung loszuwerden.

Nach der Zentralstelle gliedert sich das Militär in das Streitkräfteführungskommando und das Kommando Einsatzunterstützung. Darüber hinaus gibt es noch das Führungsunterstützungszentrum, Akademien, Schulen und Ämter.

Das STREITKRÄFTEFÜHRUNGSKOMMANDO, dem die Truppe unterstellt ist, führt den Großteil des Bundesheer-Personals. Das Kommando befehligt die gesamten Land- und Luftstreitkräfte. Kommandant ist seit kurzem Franz Reißner.

Die STREITKRÄFTE bestehen aus zwei Panzergrenadierbrigaden, zwei Jägerbrigaden, der Luftunterstützung, der Luftraumüberwachung, dem Jagdkommando (das sind die Spezialkräfte des Bundesheeres), dem Kommando Militärstreife und Militärpolizei, zwei Führungsunterstützungsbataillonen und den neun Militärkommanden. Dazu kommt die Auslandseinsatzbasis.

Die MILITÄRKOMMANDEN - ohne Wien - bestehen aus je einem Miliz-Jägerbataillon und einer Miliz-Pionierkompanie, und sie führen die Truppenübungsplätze. Das Militärkommando Wien besteht aus zwei Miliz-Jägerbataillonen und der Garde. Die Hauptaufgabe der Garde ist es, das offizielle Österreich zu repräsentieren. Gardesoldaten treten etwa bei Empfängen von ausländischen Staatsgästen auf.

Der Führungsbereich des KOMMANDO EINSATZUNTERSTÜTZUNG erstreckt sich über das militärische Gesundheitswesen, alle Logistikbelange des Heeres, die Heeresbekleidungsanstalt, das Militärhundezentrum, die Heeresmunitionsanstalten und die zehn Heeressportzentren.

Die militärischen AKADEMIEN bestehen aus der Landesverteidigungsakademie, der Militärakademie und der Heeresunteroffiziersakademie. Die Landesverteidigungsakademie ist die höchste militärische Bildungs- und Forschungseinrichtung des Bundesheeres. Dort werden zukünftige Generalstabsoffiziere, Offiziere des höheren und militärfachlichen Dienstes und andere höhere Offiziere mit abgeschlossenem universitärem Studium ausgebildet. An der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt, übrigens die älteste Militärakademie der Welt, beginnt die Offiziersausbildung.

Zu den SCHULEN des Heeres gehören die Heerestruppenschule, die ABC-Abwehrschule, die Flieger- und Fliegerabwehrschule und die Heereslogistikschule.

Der Bereich ÄMTER besteht aus dem Heeresnachrichtenamt (Auslandsnachrichtendienst), dem Abwehramt (Inlandsnachrichtendienst), dem Amt für Rüstung und Wehrtechnik, dem Heerespersonalamt und dem militärischen Immobilien-Management-Zentrum.

STANDORTE

Das österreichische Bundesheer ist im ganzen Land präsent. Insgesamt gibt es rund 100 Standorte, sehr viele davon sind in Niederösterreich. Die größte Kaserne mit 1,484.000 Quadratmetern befindet sich aber in Salzburg. Die Schwarzenberg-Kaserne beherbergt u.a. Teile des Streitkräfteführungskommandos, das Pionierbataillon 2, das Radarbataillon, das Fliegerabwehrbataillon 3 und das Kommando Luftraumüberwachung. Sie ist mit 1.300 Bediensteten auch die am dichtesten bewohnte Kaserne.

Die größte Liegenschaft der Armee ist allerdings der Truppenübungsplatz Allentsteig in Niederösterreich, der mit rund 157 Quadratkilometern fast genauso groß ist wie das Fürstentum Liechtenstein. Während die Schwarzenberg-Kaserne von den amerikanischen Besatzungsmächten nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut wurde, wurde Allentsteig von den Nazis, die ab 1938 die Aussiedlung der dort ansässigen Bevölkerung anordneten, als Truppenübungsplatz etabliert.

Die Geschichte der militärischen Liegenschaften reicht freilich viel weiter zurück. Die älteste Kaserne ist die Burg in Wiener Neustadt. Die erste Burg wurde um 1200 von den Babenbergern erbaut, zu Beginn des 13. Jahrhunderts entstand die neuere Burg am heutigen Standort - in der seit 1752 die Theresianische Militärakademie, die älteste Militärakademie der Welt, untergebracht ist. Das größte Bundesland beherbergt überhaupt einen großen Teil der militärischen Liegenschaften, dort sind neben den bereits erwähnten u.a. auch das Jagdkommando (Wiener Neustadt) und die ABC-Abwehrschule (Korneuburg) untergebracht. Auch die Panzer der Armee sind auf Niederösterreich und Oberösterreich aufgeteilt.

Die jüngste Kaserne ist der Neubau der Montecuccoli-Kaserne in Güssing, der erst im nächsten Jahr fertiggestellt wird. Das der Einwohnerzahl nach kleinste Bundesland hat auch die kleinste Kaserne. Es ist dies die Sporck-Kaserne in Oberwart mit 7.200 Quadratmetern, diese soll aber bald verkauft werden. Die am geringsten belegte Kaserne ist die Frundsberg-Kaserne in Vomp in Tirol. Sie hat weniger als 50 Bedienstete.

Die niedrigst gelegene Dienststelle des Bundesheeres ist die "Einsatzzentrale Basisraum" in St. Johann im Pongau. In dieser riesigen Bunkeranlage würde im Fall eines Supergaus die Staatsspitze untergebracht werden. Die höchst gelegene Dienststelle ist eine Netzfunkstelle am Dachstein/Koppenkarstein in der Steiermark. Sie liegt auf ca. 2.800 Meter Seehöhe.

Die Steiermark ist auch die Heimat der Eurofighter und des Streitkräfteführungskommandos, das den Großteil des Bundesheeres befehligt. Die Luftraumsicherung und -überwachung hat insgesamt vier wichtige Standorte: Zeltweg, Langenlebarn bei Tulln in Niederösterreich, Linz/Hörsching in Oberösterreich und die Stadt Salzburg. Im steirischen Zeltweg sind die Eurofighter und das Fliegerabwehrbataillon 2 zuhause, in Hörsching sind u.a. Teile der Hubschrauber, die Hercules-Transportflugzeuge und die Saab 105 stationiert. In Langenlebarn sind u.a. die Black-Hawk-Hubschrauber untergebracht und in Salzburg das Radarbataillon und das Fliegerabwehrbataillon 3.

Mehrere Standorte hat das Bundesheer naturgemäß auch in Wien. In der Bundeshauptstadt finden sich neben dem Ministerium noch viele weitere Verwaltungsgebäude. Im Amtsgebäude Stiftgasse sind etwa die Landesverteidigungsakademie, das Führungsunterstützungszentrum, die Heeres Bild- und Filmstelle und die österreichische Militärbibliothek untergebracht. Das Militärkommando Wien sitzt im Kommandogebäude FM Radetzky. Die Maria-Theresien-Kaserne beherbergt die Garde, die zum Militärkommando gehört. In der Van-Swieten-Kaserne sind die Sanitätsschule und das Militärmedizinische Zentrum untergebracht.

BUDGET

Die österreichischen Verteidigungsausgaben gehören im internationalen Vergleich zu den niedrigsten überhaupt. In Europa ist Österreich mit Militärausgaben von zwei Mrd. Euro bzw. 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) neben Irland, Luxemburg und Malta das Land mit dem kleinsten Heeresbudget. Die Ausgaben aller anderen EU-Länder liegen dagegen zwischen einem und zwei Prozent.

In Europa gibt es nur wenige Länder, die wie Österreich weniger als ein Prozent des BIP für Verteidigung ausgeben. Das sind laut der europäischen Verteidigungsagentur (EDA) nur Irland, Luxemburg und Malta. Über zwei Prozent des BIP lagen 2010 in Europa die Militärausgaben der NATO-Staaten Großbritannien (2,6), Griechenland (2,07) und Frankreich (2,01). Die Ausgaben aller anderen europäischen Länder lagen zwischen einem und zwei Prozent. Mit 711 Mrd. US-Dollar bzw. 4,7 Prozent des BIP im Jahr 2011 führen die USA die weltweite Statistik an.

Das Budget des österreichischen Bundesheers ist schon lange nicht mehr über einem Prozent des BIP gelegen. Das war zuletzt 1989 der Fall. Seitdem geht es mit den Militärausgaben konstant bergab. In den letzten Jahren hat das Militärbudget einen Tiefstand von 0,6 Prozent erreicht und wird in absoluten Zahlen im Jahr 2014 sogar die magische Grenze von zwei Mrd. Euro unterschreiten.

Die letzte große Bundesheer-Reformkommission unter dem mittlerweile verstorbenen Helmut Zilk hatte eine Erhöhung des Heeresbudgets auf mindestens ein Prozent des BIP gefordert. Davon ist das Bundesheer aber weit entfernt, es droht vielmehr eine weitere Reduktion in Richtung 0,5 Prozent.

VERGLEICH MIT GROßMÄCHTEN

Das österreichische Bundesheer ist im Vergleich zu den militärischen Supermächten der Welt verschwindend klein. So hat etwa die Armee der USA 1,5 Mio. Soldaten, während Österreich nur 16.000 Berufssoldaten hat. Auch das Militärbudget der USA ist mit mehr als 700 Mrd. US-Dollar (4,7 Prozent des BIP) international einmalig und macht 40 Prozent aller Militärausgaben weltweit aus, wie aus einer Studie des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI hervorgeht. Österreich gibt zwei Mrd. Euro ( 2,56 Mrd. USD) bzw. 0,6 Prozent des BIP für sein Militär aus.

Beachtliche Summen stecken auch die Chinesen in ihre Armee. So erhöhte das Reich der Mitte 2011 laut SIPRI seine Militärausgaben um 6,7 Prozent auf 143 Mrd. Dollar (2 Prozent des BIP). China liegt damit weltweit auf Platz zwei. Vor den USA ist das kommunistische Land allerdings was die Größe der Truppe betrifft: In der chinesischen Armee dienen 2,2 Mio. Soldaten, in den USA sind es 1,5 Mio. Das der Höhe der Militärausgaben nach drittplatzierte Russland erhöhte sein Budget 2011 ebenfalls und zwar um ganze 9,3 Prozent auf 71,9 Mrd. Dollar (3,9 Prozent des BIP). Die Truppengröße der Russen umfasst eine Mio. Soldaten.

Auf den Plätzen dahinter folgen Großbritannien mit Ausgaben von 63 Mrd. bzw. 2,6 Prozent des BIP, Frankreich mit 62,5 Mrd. bzw. 2,3 Prozent des BIP, Japan mit 59 Mrd. (1 Prozent), Indien mit 49 Mrd. (2,6 Prozent), Saudi Arabien mit 48,5 (8,7 Prozent) und Deutschland mit 46,7 Mrd. (1,3 Prozent). Die Truppengrößen von Großbritannien, Frankreich, Saudi Arabien und Deutschland sind mit 200.000 bis 270.000 Mann relativ ähnlich. Indien unterhält mit 1,3 Mio. Soldaten eine ziemlich große Armee.

Weltweit wurden 2011 1.738 Mrd. US-Dollar für Militär ausgegeben, ganze 41 Prozent davon entfielen alleine auf die USA. 8,2 Prozent gab China aus, Russland 4,1 Prozent. Der Anteil Deutschlands betrug 2,7 Prozent. Auf die west- und zentraleuropäischen Staaten gemeinsam entfiel fast ein Fünftel (18,8 Prozent) der weltweiten Militärausgaben.

VERGLEICH MIT EU-LÄNDERN

Berufsheer-Gegner führen in der Debatte um die Wehrpflicht immer wieder ins Feld, dass die meisten Länder mit Berufsheer auch Mitglieder der NATO sind. Ergo würde die Einführung eines Berufsheeres in Österreich früher oder später auch zu einer Mitgliedschaft in dem militärischen Bündnis führen. Tatsächlich hat die Mehrheit der EU-Länder nicht nur eine Berufsarmee, sondern ist auch NATO-Mitglied. Es gibt aber auch Ausnahmen, dazu gehören neben Österreich u.a. Schweden, Irland und Finnland.

Finnland ist wie Österreich bündnisfrei und hält auch an der Wehrpflicht fest. Schweden hat den Wehrdienst vor kurzem abgeschafft und ist auch kein NATO-Mitglied, gleiches gilt für Irland. Die Schweiz ist wie Österreich neutral, hält an der allgemeinen Wehrpflicht fest, ist aber kein die EU-Mitglied. NATO-Zugehörigkeit und Wehrpflicht sind aber auch keine Gegensätze, so gehören etwa Griechenland, Dänemark und Estland sowie die Nicht-EU-Länder Türkei und Norwegen dem Militärbündnis an, haben gleichzeitig aber eine Armee mit allgemeiner Wehrpflicht.

Was Österreich von allen anderen eindeutig unterscheidet, ist die Höhe des Militärbudgets. Kaum ein anderes Land gibt so wenig für seine Landesverteidigung aus wie Österreich. Das Budget des Bundesheeres beträgt rund zwei Mrd. Euro mit sinkender Tendenz. Das sind 0,6 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung (BIP). Schweden wendet das Doppelte für Verteidigung auf, pro Soldat gibt das skandinavische Land sogar das Siebenfache aus, wie aus Zahlen der Europäischen Verteidigungsagentur hervorgeht. Nur Irland lässt sich seine Armee so wenig kosten wie Österreich.

Die Größe des Bundesheeres liegt dagegen im internationalen Schnitt. Mit 16.000 Berufssoldaten und bis zu 24.000 Grundwehrdienern verteilt übers Jahr ist Österreich mit ähnlich großen Ländern vergleichbar.

DER UNTERSCHIED ZU SCHWEDEN UND DER SCHWEIZ

In der Debatte um das Bundesheer werden die Armeen neutraler bzw. bündnisfreier Länder wie Schweden und der Schweiz gerne mit dem österreichischen Bundesheer verglichen. Ein Vergleich ist allerdings nicht so einfach. Schweden, das vor kurzem die Wehrpflicht abgeschafft hat, hat zwar eine ähnlich große Armee wie Österreich, gibt dafür aber mehr als das Doppelte aus. Die Schweiz hat wiederum eine fast reine Milizarmee mit über 100.000 Milizsoldaten und nur 2.000 Berufssoldaten.

Auch bei der Ausrüstung liegt das österreichische Bundesheer weit hinter seinen Kameraden in Schweden und der Schweiz zurück. So verfügt Schweden, was angesichts der Rüstungsindustrie im Land nicht verwunderlich ist, über 100 Abfangjäger, während Österreich nur 15 Eurofighter hat. Die Schweiz hat aktuell 33 hochmoderne Kampfjets des US-Herstellers Hornet und hat zusätzlich 22 schwedische Gripen für 3,1 Milliarden Franken (2,6 Mrd. Euro) bestellt.

Die Ausstattung hängt natürlich mit der budgetären Situation zusammen. Das österreichische Bundesheer ist seit Jahrzehnten unterfinanziert und verfügt gerade einmal über zwei Mrd. Euro mit sinkender Tendenz, während die Schweden fünf Mrd. Euro für ihr Militär ausgeben und das mit steigender Tendenz. Selbst wenn man die schwedische Marine aus diesem Vergleich herausnimmt, sind die Ausgaben der Schweden noch immer deutlich höher. So planen sie bis 2021 Investitionen in Höhe von fünf Mrd. Euro, davon kann das österreichische Heer nicht einmal träumen. Die Schweiz hat wie auch Österreich die Ausgaben für das Militär zuletzt reduziert, allerdings von einem weit höheren Niveau aus. Aktuell liegt das Schweizer Militärbudget bei 4,4 Mrd. Franken (3,6 Mrd. Euro).

Von der Struktur her ist die schwedische Armee mit dem Bundesheer dagegen gut vergleichbar. Das skandinavische Land will am Ende der Reform 16.000 Berufssoldaten haben, diese Zahl ist aber noch nicht ganz erreicht. Österreich hat derzeit 16.000 Berufssoldaten und 1.600 Zeitsoldaten. Nach dem Modell von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) soll es künftig nur mehr halb so viele Berufssoldaten (8.500) und 7.000 Zeitsoldaten geben. Die 22.000 bis 24.000 Grundwehrdiener, die jetzt pro Jahr eingezogen werden, würden künftig wegfallen.

Weiters hat Schweden 7.600 Milizsoldaten, die neben ihrem Zivilberuf Teilzeit für die Armee arbeiten. Die Zahl dieser Soldaten soll auf 12.000 erhöht werden. Österreich hat derzeit rund 26.000 Milizsoldaten. Darabos will eine neue Miliz mit 9.300 Soldaten, die jährlich 5.000 Euro Prämien bekommen, aufbauen.

Die Zahl der Zivilbediensteten beträgt in Schweden 6.300 und soll auf 5.700 reduziert werden. In Österreich gibt es derzeit 8.600 Zivilbedienstete. Darabos will diese auf 6.500 reduzieren.

Was Schweden von Österreich unterschiedet ist die sogenannte Heimwehr. Das sind Freiwillige, die vier bis acht Tage im Jahr einberufen werden. Diese Heimwehr besteht aus 22.000 Personen und ist eine Mischung aus Militär und Zivildienst. Sie wird nur im Inland eingesetzt etwa bei Katastrophen, aber auch beim Roten Kreuz.

Die Schweizer Armee ist völlig anders organisiert. Sie rekrutiert sich fast ausschließlich aus der Bevölkerung. Männliche Staatsbürger werden nach ihrer Grundausbildung bis zum 35. Lebensjahr immer wieder zum Heer einberufen und müssen auch regelmäßig Schießübungen machen. Die Eidgenossen haben nur rund 2.000 Berufssoldaten.

ZIVILDIENST

Sollten die Österreicher der Wehrpflicht bei der Volksbefragung im Jänner den Garaus machen, würde nach 37 Jahren auch der Zivildienst eingestellt. Dieser "Wehrersatzdienst" hat in den vergangenen Jahrzehnten eine erstaunliche Entwicklung genommen. Zunächst gerne als Drückeberger geschmäht, gelten die Zivildiener heute als eines der Hauptargumente gegen ein Berufsheer. Dies hängt wohl auch mit den stetig steigenden Zivi-Zahlen zusammen. Im Vorjahr konnten 13.510 junge Männer an die Trägerorganisationen zugewiesen werden. Gesamt waren bisher 210.000 junge Männer im Zivildienst aktiv.

Der Zivildienst ist ein Kind der 70er-Jahre. Bis dahin bestand nur die Möglichkeit der Verweigerung des Waffendienstes. Zwischen 1956 und 1974 wurden von insgesamt 3.277 Anträgen 3.266 genehmigt, was gerade einmal 0,45 Prozent der Wehrpflichtigen betraf.

1971 wurde die Etablierung eines Zivildienstes erstmals in ein Regierungsprogramm geschrieben, drei Jahre später erfolgte der Beschluss. Geleistet wird Zivildienst in Österreich seit dem 1. Jänner 1975.

An den Grundsätzen, gemäß denen Zivildienst geleistet werden konnte, hat sich bis heute so gut wie nichts geändert. Das Recht, diesen Wehrersatzdienst wahrzunehmen, haben jene jungen Männer, die es aus Gewissensgründen ablehnen, Waffengewalt gegen Menschen anzuwenden. Als Einsatzgebiete wurden Krankenanstalten, Rettungs- und Sozialwesen sowie Katastrophenschutz definiert. Mittlerweile können Zivis z.B. auch in Kindergärten tätig werden, Gedenkdienst absolvieren oder als Schülerlotsen dienen.

Bis hinein in die 90er-Jahre mussten Zivildiener vor einer Kommission eine "Gewissensprüfung" ablegen, ob sie den Voraussetzungen entsprechen. Seither reicht eine entsprechende Erklärung. Seit zwei Jahren steht Zivis auch der Weg in Berufe frei, in denen eine Waffe geführt wird. Allerdings müssen z.B. Anwärter in der Exekutive einen Grund-Kurs beim Bundesheer absolvieren.

Da der Zivildienst nach Wegfall der "Gewissensprüfung" immer beliebter wurde, sah sich die Regierung gezwungen, die Dienstzeit auf zwölf Monate zu verlängern. Mit der Kürzung des Präsenzdienstes auf sechs Monate wurde dann allerdings auch die Dauer des Ersatzdienstes wieder reduziert, und zwar mit 2006 auf die bis heute gültigen neun Monate. Angetreten werden kann der Dienst mittlerweile während des ganzen Jahres, also nicht nur in bestimmten Monaten wie früher.

Obwohl der Zivildienst also unverändert länger dauert als der Präsenzdienst, erfreut er sich weiter steigender Popularität. Standen im ersten Jahr - also 1975 - 1.257 anerkannte Zivildienstpflichtige immerhin 50.593 Wehrpflichtigen gegenüber, hat sich die Lage seither stark verändert. Der Anteil der Zivildiener hat sich von 2,5 Prozent Mitte der 70er-Jahre auf mehr als ein Drittel (rund 36 Prozent) erhöht.

Die größte Trägerorganisation der gesamt rund 1.250 anerkannten Einrichtungen ist derzeit das Rote Kreuz (rund 4.000 Zivis), gefolgt vom Arbeitersamariterbund (1.500) und der Lebenshilfe (1.000). Unterschieden wird grundsätzlich zwischen jenen Organisationen, die vom Bund ein monatliches Zivildienstgeld erhalten - je nach Kategorie 600 (Blaulicht-Organisationen) oder 410 Euro (Sozialeinrichtungen) - und jenen, die an den Bund eine monatliche Vergütung (130 Euro) zahlen müssen. Bei letzteren handelt es sich um öffentliche Einrichtungen, die Zivildiener einsetzen wollen, beispielsweise als Schülerlotsen.

Die Vergütung für die Tätigkeit liegt bei monatlich 301,40 Euro. Die Einrichtung muss dazu noch für ausreichende Verpflegung des Zivildieners sorgen - entweder durch Verköstigung oder ein Verpflegsgeld. Zudem sind die Zivildiener kranken- und pensionsversichert.

Organisiert wird der Zivildienst von der sogenannten Zivildienstserviceagentur des Innenministeriums. Zu ihren Kernbereichen zählen vor allem die Feststellung der Zivildienstpflicht, Zuweisung der Zivildienstpflichtigen zu den Einrichtungen und die Auszahlung der Förderungen an Zivildienstleistende und Einrichtungen. Der von den Organisationen angemeldete Bedarf konnte in den vergangenen Jahren überwiegend gedeckt werden, zuletzt zu 97,2 Prozent. Das Budget für den Zivildienst beträgt 57 Millionen.

Der Zivildienst ist mittlerweile ein Massenphänomen, das nicht mehr so leicht zu ersetzen wäre wie in seinen Anfangsjahren. Nach Angaben der Zivildienstagentur wurden 2011 13.510 junge Männer an eine der Trägerorganisationen zugewiesen, ein Rekordwert, der heuer in etwa wieder erreicht werden dürfte. Zum Vergleich: 1975 im Debütjahr des Zivildiensts waren es gerade 344 Zivis.

Bis 1980 war der Zivildienst auf gut 3.000 Männer hochgeklettert, den wirklich großen Schub gab es nach ein paar schwächeren Jahren mit Abschaffung der "Gewissensprüfung" Anfang der 90er-Jahre. So stieg die Zahl von 1990 (2.428) bis 1993 auf mehr als das Doppelte (5.450). Damit war der Höhepunkt aber bei weitem nicht erreicht, wiewohl Zivis mittlerweile deutlich länger als Präsenzdiener ihrer Aufgabe nachkommen mussten.

Mit der Jahrtausendwende überschritt die Zahl der Zuweisungen 2001 erstmals die 8.000, im Jahr 2004 wurde die 10.000 genommen. Mit Ausnahme eines kleinen Durchhängers im Jahr 2010 stieg die Zahl der Zuweisungen Jahr für Jahr. Die 13.000er-Marke war erstmals 2009 erklommen worden.

Angesichts der steigenden absoluten Zahlen wenig überraschend ist auch, dass die Zahl jener, die sich gegen den Wehr- und für den Zivildienst entscheiden, mittlerweile ziemlich hoch ist. Unter den Tauglichen waren es zuletzt 2011 bereits 36 Prozent.

HILFREICHE LINKS FÜR DIE VOLKSBEFRAGUNG

 

Alle Informationen rund um den Ablauf der Volksbefragung auf der Homepage des Innenministeriums

Abstimmungsbuch der Salzburger Landesregierung

Abstimmungshilfe der Bundesjugendvertretung 

(APA, derStandard.at, 7.1.2013)