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Auch in leeren Zügen filmen die Überwachungskameras. Bilder in Echtzeit gibt es aber nur nach einem Notruf aus den Stationen.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien - Gut 24 Stunden nachdem er in einem Zug der Wiener U-Bahn-Linie 6 eine 23-Jährige vergewaltigt haben soll, wurde der 25 Jahre alte Rene Andreas T. in der Nacht auf Mittwoch in Graz festgenommen. Der Verdächtige wurde von einem 29-Jährigen auf dem Jakominiplatz in der Grazer Innenstadt erkannt, der den Fahndungsaufruf der Wiener Polizei auf derStandard.at gesehen hatte.

Wie berichtet, ereignete sich die Tat am Montag um 18.17 Uhr. Der Mann war mit der Frau in der Station Alterlaa in den hintersten, leeren, Waggon eingestiegen und hatte sich ihr gegenüber gesetzt. Plötzlich schlug er ihr ins Gesicht, würgte sie bis zur Bewusstlosigkeit, zog sie aus und begann mit der Vergewaltigung.

Dabei ging er äußerst schnell vor. Denn nach fünf Minuten Fahrzeit fuhr der Zug in die Station Philadelphiabrücke ein, wo andere Fahrgäste einstiegen. Daraufhin flüchtet der Täter in zunächst unbekannte Richtung.

Opfer aus Spital entlassen

Das Opfer wurde ins Spital gebracht und psychologisch betreut und ist mittlerweile in häusliche Pflege entlassen worden.

Schon kurze Zeit nach der Anzeige konnte der Verdächtige anhand der Videoaufnahmen der Kameras im Zug identifiziert werden. Der Unterstandslose war schon in den Polizeidateien gespeichert, allerdings nicht wegen eines Sexualdeliktes.

Live-Bilder nur in Stationen

Die Erklärung, warum trotz der Kameras niemand von den Wiener Linien eingegriffen hat, ist einfach. In den Zügen, in denen derzeit 2500 Kameras installiert sind, werden die bewegten Bilder lediglich für 48 Stunden gespeichert und von der Polizei nach einem Delikt ausgewertet. Anders ist das mit den 1500 Linsen auf den Bahnsteigen. Die sind zwar grundsätzlich auch für Aufzeichnungen da. Wird aber ein Notruf betätigt, können die Mitarbeiter in den Stationsüberwachung das Geschehen live verfolgen.

Wie oft Aufnahmen an die Polizei übermittelt werden, kann Answer Lang, Sprecher der Wiener Linien, nicht genau sagen. "Ein ganz großer Teil betrifft aber Situationen, wo es nicht um Vorfälle in der U-Bahn selbst geht, sondern flüchtende Täter gefilmt worden sind wie jüngst nach einem Juwelierüberfall." Nun wollen die Verkehrsbetriebe möglicherweise die Nachrüstung alter Züge und Stationen mit Kameras beschleunigen. Insgesamt soll das einen siebenstelligen Betrag kosten, heißt es bei den Wiener Linien.

Spezielle U-Bahn-Streifen

Allerdings muss man sagen, dass eine derartige Attacke in einem fahrenden Zug extrem ungewöhnlich ist, auch bei der Wiener Polizei kann sich niemand an einen vergleichbaren Fall erinnern. Die Exekutive setzt seit dem Sommer 2006 spezielle U-Bahn-Streifen ein, die in den Zügen und Stationen in Uniform und zivil patrouillieren.

In den sechs Jahren ihres Bestehens wurden exakt 8992 Personen festgenommen und 20.740 Anzeigen erstattet, rechnet Polizeisprecherin Adina Mircioane vor. 12.190 davon betreffen Delikte nach dem Strafgesetzbuch, vor allem Diebstahl, Raub und Körperverletzung.

Von letzterem Delikt ist am Dienstagabend eines dazu gekommen: Ein 42-Jähriger drang kurz nach der Abfahrt vom Wiener Westbahnhof in ein Abteil ein, attackierte einen Fahrgast mit den Fäusten und verlangte Geld. Das Opfer konnte den Mann aus dem Abteil drängen, bei der nächsten Station wurde er festgenommen. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 20.12.2012)