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Das US-Konsulat in Benghazi am Tag nach dem Angriff

Foto: Mohammad Hannon/AP/dapd)

Drei Monate nach dem tödlichen Angriff auf den US-Botschafter in Libyen erheben Regierungsexperten schwere Vorwürfe gegen das US-Außenministerium. In einem am Dienstag vorgelegten Untersuchungsbericht kommen sie zu dem Ergebnis, dass grobe Sicherheitsmängel das Attentat begünstigt haben.

Die vom Außenamt eingesetzte fünfköpfige Kommission spricht von Führungsdefiziten in zwei Abteilungen des Ministeriums. Eine schlechte Koordination und undurchsichtige Verantwortlichkeiten hätten dazu geführt, dass die Sicherheitsvorkehrungen im US-Konsulat in der libyschen Stadt Benghazi "unzureichend" gewesen seien.

Botschafter getötet

Am Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 waren bei einem Angriff auf das Konsulat in Benghazi der US-Botschafter Christopher Stevens und drei weitere US-Bürger getötet worden.

Nach Protesten gegen einen Anti-Mohammed-Film war die Regierung in Washington zunächst davon ausgegangen, dass ein wütender Mob das Gebäude gestürmt habe. Später wurde eine terroristische Gruppe dafür verantwortlich gemacht.

Tür offengelassen?

Der Untersuchung zufolge gab es von den US-Geheimdiensten keine besondere Warnung vor einem derartigen Angriff. Bemängelt wird zudem, dass die USA sich zu sehr auf bewaffnete, "jedoch schlecht ausgebildete" libysche Milizen und private Sicherheitskräfte verlassen hätten.

Der Bericht hält fest, dass die vom Sicherheitsdienstleister "Blue Mountain Libya" angeworbenen Kämpfer der "17.Februar-Märtyrerbrigade" hätten in mehreren Fällen die Eingangstür des US-Konsulats unversperrt zurückgelassen hätten. Es sei durchaus möglich, dass sie auch am 11. September einfach die Flucht ergriffen hätten, ohne den Eingang zu verriegeln.

Forderungen, das Botschaftspersonal in Benghazi und in der libyschen Hauptstadt Tripolis zu verstärken, seien "ignoriert" worden. Der Bericht wirft einen Schatten auf die Amtszeit Außenministerin Hillary Clintons, die ihren Posten nach vier Jahren aufgibt.

Marines sollen Botschaften bewachen

Die Kommission sprach in dem Bericht laut Clinton 29 Empfehlungen zur Verbesserung der Lage aus. Sie habe jede einzelne akzeptiert, erklärte sie. So gebe es etwa bereits Pläne, hunderte zusätzliche Marineinfanteristen zur Unterstützung des Personals an sämtlichen US-Botschaften zu entsenden. Dazu gehört auch der Vorschlag, die neue Position eines Sicherheitsverantwortlichen für besonders gefährdete US-Diplomaten zu schaffen.

Für Clintons Verbesserungsvorschläge sollen 1,3 Milliarden Dollar ausgegeben werden, die eigentlich für den Irak-Einsatz vorgesehen waren. Ein als geheim eingestufter Teil des Berichts wurde am Dienstag an die beiden Kammern des US-Kongresses weitergeleitet. Am Mittwoch sollten Gespräche der Kommissionsmitglieder mit Abgeordneten hinter verschlossenen Türen stattfinden.

Terrorangriff

Die Regierung von US-Präsident Barack Obama war nach dem Vorfall in Benghazi im eigenen Land scharf kritisiert worden, weil sie den Angriff erst nach mehreren Tagen als Terrorakt eingestuft hatte. Vor allem Obamas UNO-Botschafterin Susan Rice stand im Mittelpunkt der Kritik, weil sie die Attacke zunächst als Protest gegen ein islamfeindliches Video und nicht als Terrorangriff darstellte.

Rice galt lange als mögliche Nachfolgerin für Clinton, die ihr Amt mit dem Beginn der neuen Amtszeit von US-Präsident Obama Mitte Jänner abgeben will. Im Zuge der Affäre um den Anschlag von Benghazi schied Rice jedoch aus dem Rennen aus. Anwärter auf das Amt des US-Außenministers ist nun der demokratische Senator und ehemalige Präsidentschaftskandidat John Kerry.

Verdächtiger festgenommen

Vor wenigen Tagen berichtete die US-Tageszeitung "Wall Street Journal" unter Berufung auf US-Regierungsvertreter, die ägyptischen Behörden hätten einen mutmaßlichen Extremistenführer festgenommen, der hinter dem Anschlag von Benghazi stecken solle. Demnach handelte es sich um einen etwa 45-Jährigen, der im vergangenen Jahr in Ägypten aus dem Gefängnis entlassen worden sei. (APA/Reuters, 19.12.2012)