Den Weg durch den Wienerwaldtunnel konnten mehrere Züge wegen Software-Problemen nicht nehmen - was auf der Westbahnstrecke für Verwirrung und Verspätungen sorgte. 

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Wien - Pünktliche Abfahrten, pünktliche Ankünfte - die Welt der Bahnfahrer sah Dienstagmittag am Westbahnhof wieder besser aus. Der Railjet aus Budapest öffnete in der Endstation gerade einmal drei Minuten verspätet seine Türen. Am Nachmittag war ein Railjet aus Zürich mit einer Verspätung von rund einer halben Stunde unterwegs, Passagiere der Deutschen Bahn mussten noch mit bis zu 15 Minuten Verspätung rechnen.

Trotzdem alles kein Vergleich zu den Tagen davor: Seit Inbetriebnahme der neuen Hochleistungsstrecke zwischen Wien und St. Pölten am 9. Dezember haben zahlreiche Verspätungen und kurzfristige Ausweichmanöver auf die alte Bahnstrecke die Nerven der Reisenden und Pendler täglich auf die Probe gestellt.

ICE auf alter Strecke

Ganz behoben waren die Probleme aber auch am Dienstag noch nicht: Nach wie vor mussten Züge auf die alte Bahnstrecke ausweichen, die nach aktuellem Fahrplan eigentlich die neuen Gleise befahren sollten. Schuld ist ein Software-Problem: Für die neue Hochleistungsstrecke Wien-Tullnerfeld-St. Pölten müssen die Fahrzeuge mit einem neuen European Train Control System (ETCS) ausgestattet sein - das sind aber nach wie vor nicht alle.

Aus Sicherheitsgründen dürfen nicht aufgerüstete Züge nur die alte Strecke befahren - was aktuell ICE-Züge der Deutschen Bahn (DB) betrifft. Bis Ende Dezember - so sei zugesichert worden - werde die DB den Mangel beheben, hieß es am Dienstag vonseiten der ÖBB. ÖBB-Railjets sowie Züge der Westbahn GmbH haben in den vergangenen Tagen auch Software-Probleme gehabt, am Dienstag fuhren aus diesem Grund von rund 100 Zügen noch zwei Railjets die alte Strecke statt der neuen. In den vergangenen Tagen waren mehrmals plötzliche Umleitungen notwendig gewesen, da das Sicherheitssystem keine Anmeldung zugelassen hatte.

Zeitfresser Wintereinbruch

Welchen Weg nach Wien welcher Zug dann genau vor sich hatte, wusste auch das Bahnhofspersonal nicht immer - berichtete die "NÖN" vom Bahnhof St. Pölten. 20-minütige Verspätungen beim Zielbahnhof und einzelne Zugausfälle beim neuen Bahnhof Tullnerfeld waren die Folge.

Ein Phänomen, das nicht rein technischer Natur ist, entwickelte sich zusätzlich zum Zeitfresser: der Wintereinbruch. "Starke Minustemperaturen und sehr starker Schneefall gemeinsam haben für enorme Eisklumpenbildung am Unterboden der Züge geführt", erklärte ÖBB-Sprecher Christopher Seif. Da man bei hohen Geschwindigkeiten riskiere, dass diese Klumpen sich lösen und Fahrzeuge beschädigen könnten, seien die Züge langsamer gefahren.

Bis Freitag hatte für Züge zwischen St. Pölten und Linz eine behördlich vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung von 160 Kilometern pro Stunde gegolten - was für entsprechende Verspätungen sorgte.

Türen nachgerüstet

Die Frage, ob mit zunehmend höher vorgesehenem Tempo der Züge im Winter nun öfter mit Verzögerungen zu rechnen ist, beantwortet Seif mit einem " Nein". Die Kälte sei in dem Fall mit dem Fahrplanwechsel und "sehr starkem Schneefall" zusammengefallen und die Züge seien zum Teil schon verspätet aus Deutschland gekommen, sagt der Sprecher.

Die Westbahn GmbH hatte neben Schwierigkeiten durch Wintereinbruch und Software ein weiteres Problem: Zweimal war eine Tür in einem Tunnel zwischen St. Pölten und Tullnerfeld aus der unteren Verankerung gesprungen, als ein Railjet entgegengekommen war. Seit Montag seien alle Züge mit zusätzlichen Schließvorrichtungen ausgestattet, sagte Westbahn-Sprecher Manfred Mader. Warum es zu den Vorfällen gekommen ist, sei unklar. Die Züge seien für solche Zugbegegnungen zertifiziert, ein neuerliches Gutachten habe das bestätigt. Fahrgäste seien nicht in Gefahr gewesen. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 19.12.2012)