Wohin floss das Geld der Bundesfinanzierungsagentur?

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Am Sitz der Salzburger Landesregierung kehrt weiter keine Ruhe ein.

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Salzburg - Vergiftete Datteln, Nazis oder Taranteln sind bisher nicht aufgetaucht, aber Giftpillen kommen den Salzburger Jägern des verlorenen Schatzes sehr wohl unter. Indiana Jones kämpft sich derzeit durch hunderttausende Buchungszeilen im Haushalt, um 445 Millionen Euro auf die Spur zu kommen. Der Betrag ist Teil eines Kredits des Bundes, dessen Verwendung derzeit völlig unklar ist.

Seit kurzem ist bekannt, dass die Bundesfinanzierungsagentur Öbfa Salzburg 1,675 Milliarden Euro borgte. Das Land meldete nach Wien, dass davon 1,05 Milliarden Euro an den Wohnbaufonds weitgereicht worden seien. Doch dort sind nur 605 Millionen angekommen, Wohnbaulandesrat Walter Blachfellner (SP) erklärt. Ein Zusammenhang mit den Derivateverlusten, die Finanzlandesrat David Brenner der entlassenen Referatsleiterin Monika R. anlastet, dürfte gegeben sein.

Als wäre der Skandal nicht schon groß genug, kommt jetzt auch noch der für die Pensionen der Landesbediensteten eingerichtete Versorgungs- und Unterstützungsfonds (VUF) ins Gerede, der über ein Vermögen von 440 Millionen Euro verfügt. Aufgrund der minimalen Rendite von einem Promille vermutet Landesrechnungshofchef Manfred Müller, dass in dem Topf Swap-Verluste versteckt wurden.

"Wir sind keine Wirtschaftsprüfer"

Doch zurück zum Wohnbaufonds. Die Öbfa verlangt sehr wohl, dass die Länder die Weitergabe von Krediten melden, kontrolliert das aber nicht. Das sei Sache der Rechnungshöfe. Das sieht Müller anders: "Wir sind keine Wirtschaftsprüfer", und eine heuer geplante Prüfung des Wohnbaufonds sei wegen einer angeordneten Sonderprüfung auf 2013 verschoben worden. Anders ausgedrückt: Niemand trägt die Verantwortung dafür, dass 445 Millionen Euro derzeit nicht auffindbar sind.

Das Finanzressort erklärte am Dienstag nur, "die Untersuchungen laufen auf Hochdruck". Derzeit könne noch keine Auskunft gegeben werden, ob mit den fehlenden 445 Millionen Euro spekuliert worden sei. Der Wert der Veranlagungen von Wohnbau- und Versorgungsfonds liege laut Depotbanken bei 1,2 Milliarden Euro, dem Verbindlichkeiten in gleicher Höhe gegenüberstehen. Wie und aus welchen Geldern sich die Papiere aber zusammensetzten, sei noch unklar. Das Finanzressort sei angewiesen auf die Ergebnisse der internen und externen Untersuchungen. Derzeit heiße es abwarten.

"Wissen es nicht"

Klar ist bisher, dass 348,8 Millionen Euro Veranlagungen des Wohnbaufonds über Banken finanziert wurden. 290 Millionen Euro davon seien schon werthaltigen Wertpapieren zugeordnet. Beim Rest sei noch nicht sicher, zu welcher Buchung sie gehören, heißt es aus dem Wohnbauressort. Zwischen 2006 und 2008 hätte die Finanzabteilung Derivatgeschäfte für den Wohnbaufonds abgeschlossen. Zudem hätte der Wohnbaufonds 2009 dem Land 247,5 Millionen Euro als "innere Anleihe" längstens für die Dauer von zehn Jahren geliehen. Das Geld stammte aus einer vorzeitigen Rückzahlung von Wohnbaudarlehen. Vereinbart wurde, dass dieses Geld an den Wohnbaufonds zurückfließt, wenn Kapitalbedarf bestehe. Bereits 45,8 Millionen Euro seien wieder zurückgeflossen. "Was das Land damit wirklich gemacht hat, wissen wir nicht", heißt es aus der Abteilung für Wohnbauförderung.

Die beschuldigte Referatsleiterin Monika R. gab laut einem Gesprächsprotokoll an, das Geld in längerfristigen Wertpapieren veranlagt zu haben. Sie hätte damit Geld zu verdienen versucht, um Verluste auszugleichen. Somit könnte Salzburg weniger erfolgreich sein als Indiana Jones. (Stefanie Ruep/Andreas Schnauder, DER STANDARD, 19.12.2012)