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Die Mumie von Ramses III., hier auf einem Archivbild aus dem Jahre 2006, wurde eingehend untersucht. Dem Pharao war die Kehle durchgeschnitten worden.

Foto: APA/EPA/MIKE NELSON

Kairo/Bozen - Im Jahr 1255 vor Christus braute sich im königlichen Frauenhaus am Hof des Pharao Ramses III. eine Verschwörung zusammen. Teje, eine der Nebenfrauen von Gottes Stellvertreter auf Erden, will ihren Sohn Pentawer auf den Thron bringen und plant mit einer ganzen Reihe von Komplizen an Hof und aus der Armee den Mord an Ramses III. Doch die Verschwörung wird entdeckt.

Nach mindestens vier Gerichtsverfahren werden die Verschwörer bestraft, geht aus dem entsprechenden Gerichtspapyrus, das im Ägyptischen Museum von Turin verwahrt wird, hervor. Was dagegen bisher unklar war, ist das Schicksal des Pharaos selbst. Wurde er Opfer des Anschlags? Verwundet? Oder überlebte Ramses III. und starb danach an anderer Ursache?

Mumie des Pharaos untersucht

Ein Forscherteam um den Ägyptologen Zahi Hawass, den Genetiker Carsten Pusch von der Universität Tübingen und den Paläopathologen der Europäischen Akademie Bozen, Albert Zink, hat die Mumie des Pharaos in Kairo einer anthropologischen, forensischen, radiologischen und molekulargenetischen Untersuchung unterzogen und die Ergebnisse im "British Medical Journal" veröffentlicht. Bei der Auswertung der mittels Computertomographen gewonnenen Daten konnten die Forscher auf jene Erfahrungen zurückgreifen, die in den vergangenen Jahren mit der Gletscherleiche des 5000 Jahre alten Steinzeitjägers Ötzi in Bozen gemacht wurden.

Die Wissenschafter entdeckten bei ihren Untersuchungen in Bozen und Kairo tiefe Schnitte in der Kehle des Pharaos, die wahrscheinlich von einem Messer stammten. "Die Halsverletzung ist erst in der Computertomografie sichtbar geworden", erklärte Hawass. Und offenbar wurde während der Mumifizierungsprozedur ein Amulett in die Wunde eingeführt. Das Schmuckstück zeigt ein Horusauge. Das altägyptische Symbol sollte dem Schutz vor Unfällen und zum Wiedergewinn von Kraft dienen. "Die durchtrennte Kehle und das Amulett sind eindeutige Hinweise darauf, dass der Pharao ermordet worden war", erklärt Zink.

Wahrscheinliche Identität des "Unknown Man E"

Aufgrund der DNA-Analysen können die Wissenschafter zudem mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass Ramses III. mit einem Toten direkt verwandt war, dessen Mumie in der Forschung bisher als "Unknown Man E" bekannt war. Die Ägyptologen hatten bereits vermutet, dass es sich bei der besagten Mumie eines 18 bis 20 Jahre alten Mannes um Pentawer handeln könnte, der gemeinsam mit seiner Mutter die Haremsverschwörung angestiftet haben soll. Die Untersuchung des Erbmaterials ergab nun eine 50-prozentige Übereinstimmung zwischen Ramses und der unbekannten Mumie. "Die Mumie ist somit sehr wahrscheinlich ein Sohn Ramses III.", erklärte Zink. Um die Verwandtschaft 100-prozentig zu belegen, wäre zusätzlich genetisches Material der Mutter nötig.

Und auch die mutmaßlichen Überreste Pentawers zeugen von einer unüblichen Mumifizierungsmethode. Sein Körper war stark aufgebläht. Eine Hautfalte, die am Hals entdeckt wurde, legt nahe, dass er sich selbst erhängt haben könnte. Der mutmaßliche Sohn Ramses III. war zudem mit einem Ziegenfell bedeckt, das in der ägyptischen Antike als unrein galt. Er ist den Wissenschaftern zufolge ohne Organ- und Gehirnentnahme mumifiziert worden. (APA/pum, DER STANDARD, 18.12.2012)