Tim Parks: "Sex ist verboten", Kunstmann. 334 S. 20,60 Euro

Foto: Standard/Tilman Göhler

Eine Midlife-Krise kann jeden treffen. Mit Selbstzweifel (Bin ich erfolgreich genug im Beruf, glücklich genug in der Beziehung?) beginnt's. Antworten finden vom Leben Gebeutelte in Retreats. Das ist ein Trend. Der Autor Tim Parks war in einem buddhistischen Schweigeseminaren und hat aus seinen Erfahrungen mit den Menschen dort, dem Meditieren und dem vegetarischen Essen dort einen wunderbaren Roman geschrieben. In Sex ist verboten ist man als Leser dabei, wenn die großbusige, sexhungrige Rock-Sängerin Beth durch Einhalten strenger Regeln, stundenlanges Ein-und-Ausatmen und asketische Enthaltsamkeit versucht, Ordnung in ihr System zu bringen. Parks immer wieder aufblitzende, zweifelnde Distanz ist Lesevergnügen pur, der manchmal in Ironie übersteigerte Selbstfindungsjargon der Protagonisten meisterhaft belauscht.

Und obwohl Sex sowie Rauchen und Schreiben im buddhistischen Schweigeseminar verboten sind, treiben gerade diese drei Aktivitäten die Handlung voran. Die wilde, böse Beth beginnt geheim, das Tagebuch eines Seminaristen zu lesen, und entdeckt in dem ihr zunächst Unbekannten einen Seelenverwandten. Geschickt verwebt Tim Parks die Geschichte einer Frau zwischen zwei Männern mit der eines Mannes zwischen zwei Frauen. Am Ende des Buches ist dem Lesenden jedenfalls klar, dass auch vollkommen vertrackte Situationen nicht immer so schlimm sind, wie sie scheinen. Das ist ein Trost. Ob Sex dabei im Spiel ist? Das wird hier nicht verraten. (pok, DER STANDARD, 17.12.2012)