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Boehner doziert seine Version: Die Dynamik der Ausgaben sei für die missliche Finanzlage der USA verantwortlich.

Foto: ap/J. Scott Applewhite

Washington - Springen oder nicht Springen, das ist hier die Frage. Die USA stehen auf der sogenannten Fiskalklippe, weil mit Jahresende Steuerbegünstigungen und Einsparungen von gut 600 Milliarden Dollar (463 Milliarden Euro) automatisch in Kraft treten, sofern in Washington nicht noch eine Einigung in letzter Minute erfolgt. Die Folgen eines Scheiters wären nach Einschätzung von Ökonomen fatal - nicht nur für die US-Konjunktur, die in eine Rezession stürzen würde, sondern auch für die fragile Weltwirtschaft.

Die Beratungen zwischen Republikanern und Demokraten nehmen umso stärker Fahrt auf, je näher Weihnachten rückt - die Bedenken der Konsumenten drohen bereits auf das wichtige Christmas-Shopping abzufärben. Und es scheint Bewegung in die Debatten zu kommen. Zwei Wochen vor Ablauf der US-Schuldenfrist haben sich die Republikaner offenbar erstmals zu Steuererhöhungen für Millionäre bereit erklärt. Bedingung dafür seien allerdings erhebliche Einschnitte im Sozialwesen. Ein entsprechender Bericht des Politmagazins Politico wurde von diversen Quellen bestätigt - offiziell wurde die neue Kompromisslinie aber nicht kommentiert.

Konzessionen

Die Spekulationen sind Ausfluss eines Gesprächs zwischen US-Präsident Barack Obama und dem republikanischen Verhandlungsführer John Boehner. Sie hätten ihre Positionen bei einem langen Gespräch im Weißen Haus am Donnerstag und einem Telefonat am Freitag angenähert, hieß es übereinstimmend. Obamas Umfeld sprach von einem Fortschritt in Etappen, zeigte sich aber zunächst wenig angetan vom Boehner-Vorstoß.

Nach unbestätigten Angaben ist der Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus zu Steuererhöhungen für US-Bürger mit einem Jahreseinkommen von mehr als einer Million Dollar (771.367 Euro) bereit. Dies würde allerdings den Bruch von zentralen Wahlversprechen der Republikaner bedeuten. Obama fordert höhere Abgaben bereits für Jahreseinkommen ab 250.000 Dollar.

Diese Steuererhöhungen sind eine zentrale Forderung Obamas, um die sogenannte Fiskalklippe zu umschiffen. Auslöser für die automatischen Zwangsmaßnahmen zur Budgetsanierung ist die hohe US-Verschuldung von insgesamt mehr als 16.000 Milliarden Dollar. Das Wall Street Journal wertete die jüngste Entwicklung als Wendepunkt in den seit Monaten zähen Verhandlungen.

Boehner verlangt laut Politico umfangreiche Leistungskürzungen im Sozialwesen. Diese sollten unter anderem durch eine neue Berechnungsgrundlage bei den staatlichen Gesundheitsprogrammen erzielt werden.

Der im November wiedergewählte Obama hatte seinen Wählern versprochen, keine schmerzhaften Einschnitte zuzulassen, auch nicht in das Gesundheitssystem. Er forcierte dafür Steuererhöhungen ab der genannten niedrigeren Schwelle. Konkret sollen die beiden darüber liegenden Tarife von 33 auf 35 Prozent sowie von 36 auf 39,5 Prozent angehoben werden. (dpa, Reuters, red, DER STANDARD, 17.12.2012)