Zagreb - Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) setzte Ende der Woche Kroatiens lang- und mittelfristige Kreditwürdigkeit von BBB-/A-3 auf BB+ mit einer stabilen Prognose. Somit ist der EU-Beitrittskandidat auf dem lange befürchteten Ramsch-Niveau angelangt. Die Agentur begründete den Schritt mit der Langsamkeit der Reformen der kroatischen Regierung. S&P bemängelte auch die strukturellen budgetären Schwächen wie etwa zu hohe Sozialausgaben und Gehälter.

Arbeitsmarkt zu wenig flexibel

Die mangelnde Flexibilität des Arbeitsmarktes oder Interessensgruppen, denen genüge getan wurde, habe zu einer geringen Beschäftigungsquote und Verlust von Konkurrenzfähigkeit beigetragen. S&P bewertete die fiskalischen Ziele der Regierung als "nicht ambitiös", da die Konsolidierung des Budgets nicht auf Kostenreduktion setze, sondern auf Mehreinnahmen. Die Wirtschaft werde heuer um zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts schrumpfen und im kommenden Jahr stagnieren, prognostizierte die Ratingagentur.

In Kroatien sorgte die Herabstufung für einen Aufschrei und löste erneut Spekulationen aus, ob das Land eine Kreditvereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) eingehen müsste. Erst Anfang des Monats hatte die Ratingagentur Fitch mit einer ähnlichen Begründung wie S&P die Prognose Kroatiens von "stabil" auf "negativ" revidiert, das Rating jedoch noch einen Stufe über dem Ramsch-Status belassen.

Strukturreformen und Einsparungen

Die Bewertung von S&P erschwere nun die Lage der Regierung und der Wirtschaft, kommentierte Finanzminister Slavko Linic, da die Verschuldung im Ausland nun teurer werde. Man werde 2013 "sehr wohl darüber nachdenken", den IWF zu holen, so der Minister. Die Regierung werde nun die Strukturreformen fortsetzen und bei Ministerien und staatlichen Agenturen einsparen, so Linic. Es soll zu keinerlei neuen steuerlichen Belastungen kommen, so Linic, der auf die Notwendigkeit einer Immobiliensteuer verwies, die kommendes Frühjahr eingeführt werden soll. Gehälter und Pensionen sollen nicht gekürzt werden, sagte Linic.

Diese Kürzungen werden aber notwendig sein, konstatierten kroatische Wirtschaftsexperten. Ljubo Jurcic von der Wirtschaftsuniversität Zagreb sagte, dass das Budget 2013 nicht haltbar sei und dass bis zum Sommer die Gehälter und bis zum Herbst die Pensionen gekürzt werden müssten. Sandra Svaljek, Leiterin des Wirtschaftsinstituts in Zagreb (EIZ), sagte, dass Kroatien mit diesem Rating nun nicht mehr mit seriösen Investoren rechnen könne, sondern nur mit Spekulanten, von denen sie als Regierung die Finger lassen würde. Unter dem Rating würden auch Banken und Privatunternehmen leiden, so Svaljek. (APA, 16.12.2012)