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Wiens Vizebürgermeisterin Renate Brauner.

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Die Salzburger Finanzverwaltung mag zwar mit viel zu hohem Risiko und ohne ausreichende Kontrollen mit Steuergeldern spekuliert haben. Aber zumindest hielten sich bei ihren Derivatgeschäften die Chancen auf Gewinn und Verlust die Waage.

Anders bei der Stadt Wien: Ihre massiven Verbindlichkeiten in Schweizer Franken stellen nicht nur ein Risiko dar, sondern eines, das mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit zu noch größeren Verlusten führen wird.

38 Prozent ihrer Schulden, oder 1,65 Milliarden Euro, hält Wien in Schweizer-Franken-Krediten, die deutlich niedriger verzinst werden als Eurokredite.  Weil der Franken wegen der Euroschuldenkrise von 2009 bis 2011 um etwa 20 Prozent zugelegt hat, hat Wien dadurch rund 300 Millionen Euro verloren, sich dafür aber rund 220 Millionen Euro an Zinsen erspart.

Per Saldo ergibt dies einen Verlust, weshalb Finanzstadträtin Renate Brauner die Kursverluste aussitzen will und darauf hofft, dass der Euro gegenüber dem Franken wieder steigt.

Das klingt vernünftig, ist es aber nicht. Der Euro-Franken-Kurs ist seit September 2011 stabil bei 1,20 Franken, nachdem er zuvor dramatisch gestiegen war und schon fast eine 1:1-Parität erreicht hatte. Tausende Anleger wollten wegen der Eurokrise aus der Gemeinschaftswährung raus und flüchteten trotz nicht vorhandener Zinsen in den Franken.

Weil dies der Schweizer Exportwirtschaft enorm schadete, zog die Schweizer Nationalbank einen Deckel bzw. einen Boden ein: Bei 1,20 Franken würde sie Franken verkaufen und Euro kaufen, um einen weiteren Kursanstieg zu verhindern. Diese Ankündigung des damaligen SNB-Präsidenten Philipp Hildebrand hat funktioniert. Seither hat die Flucht in den Franken aufgehört.  

Aber abgeschwächt hat sich der Franken nicht, denn als Fluchtwährung bleibt er immer noch attraktiv. Der Deckel ist ein künstlicher Damm gegen die Marktkräfte, die halten kann, aber nicht muss.

Und wenn man Zukunftsszenarien wälzt, dann ist die Möglichkeit, dass ein massiver Vertrauensverlust in den Euro die Spekulation erneut anheizt und die SNB den Franken-Deckel dann nicht mehr verteidigen kann, um vieles höher als  das gegenteilige Szenario – dass der Franken fällt und damit auch die Zinslast der Stadt Wien.

Sollte der Franken doch noch auf 1:1 zu Euro steigen, kommen auf die Gemeinde noch einmal 300 Millionen Euro an Verlusten hinzu.

Deshalb sollte sich Wien bei  der SNB bedanken und rasch das Frankenrisiko beenden, solange es durch die Zentralbankintervention in einem erträglichen Maß gehalten wird. Dies lässt sich innerhalb weniger Wochen und ohne größere Kosten durchführen.

Verluste auszusitzen und dabei noch größere zu riskieren, weil man sie nicht realisieren will, ist die eine Anlagestrategie, vor der jeder Profi warnt.

Brauner behauptet, dass sie selbst nicht spekuliert. Die Wahrheit ist: Sie tut es, und noch dazu auf besonders fahrlässige Weise. (Eric Frey, derStandard.at, 16.12.2012)