Wien - Die Salzburger Finanz- und Polit-Querelen strahlen auf die Bundesregierung aus. Zwar herrscht offiziell Koalitionsfrieden, aber Harmonie sieht anders aus. Die Aufkündigung der Zusammenarbeit in Salzburg sei ein unfreundlicher Akt der ÖVP, heißt es in SPÖ-Kreisen. " Wir haben nach dem Auffliegen der Spekulationen bei der Bundesfinanzierungsagentur auch keine Neuwahlen vom Zaun gebrochen", sagt ein SPÖ-Regierungsmitglied.

2009 waren Verluste der Agentur im Ausmaß von 300 Millionen Euro bekannt geworden. Die große Koalition kittete die missliche Lage bei einem " Spekulationsgipfel". Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) blieb ungeschoren.

Pikant an der aktuellen Affäre ist, dass eine der Hauptfiguren, Salzburgs Finanzchef Eduard Paulus, enger Vertrauter von ÖVP-Chef Michael Spindelegger und als Präsident der Offiziersgesellschaft Speerspitze im Kampf für die Wehrpflicht ist.

Angst vor 2013

Dass sich die SPÖ mit Kontern dennoch zurückhält, hängt wohl auch mit fehlenden Alternativen zusammen. Der Gedanke an einen vorzeitigen Absprung aus der Koalition lässt Genossen erschaudern, zumal es im ersten Halbjahr 2013 Dicke kommen könnte. Die Volksbefragung über die Wehrpflicht im Jänner gilt angesichts der vergeigten Kampagne fast schon als verloren. Auch bei den Wahlen in Niederösterreich und Tirol ist nicht mit Triumphen zu rechnen, von Salzburg ganz zu schweigen - und eine mögliche Machtübernahme in Kärnten allein reicht nicht für einen Schub. Das alles spricht für "möglichst viel Abstand" (ein SPÖler) zu den Landeswahlen. Ergo: Nationalratswahlen wie geplant im Herbst.

Die ÖVP hingegen, nach Korruptionsärger und einer gescheiterten Regierungsumbildung gerade selbst noch tief in der Malaise, spürt unverhofft Aufwind. "Die SPÖ soll nicht päpstlicher als der Papst sein", quittiert ein Schwarzer rote Klagen: "An unserer Stelle hätten sie genauso gehandelt."

Doch selbst wenn die Schwarzen Niederösterreich und Tirol souverän behaupten und Salzburg umdrehen, spricht ein Umstand gegen einen Koalitionsbruch: Wer Neuwahlen anzettelt, braucht einen guten Grund oder wird vom Wähler gestraft. Dass "Uns freut's nimma" nicht reicht, hat die ÖVP mehrmals leidvoll erfahren.

SPÖ-Geschäftsführer Günther Kräuter kennt noch andere Gründe, warum die Koalition halten werde. So reiche die Frist nach der Tiroler Wahl Ende April kaum, um noch vor dem Sommer zur Urne zu rufen. Überdies würden die Landtagswahlen für beide Parteien nicht nur Honiglecken bringen und damit keinen Anreiz zum Absprung: "Das wird eine Hochschaubahn." (as, jo, DER STANDARD, 14.12.2012)