Chronologie der verschwundenen 340 Millionen Euro.

Grafik: Der Standard

Salzburg - Einen Tag nachdem die ÖVP einen Neuwahlantrag für 16. Jänner angekündigt hat, zeigt sich auch die Opposition bereit mitzuziehen. Vorher solle aber noch ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden, um die Vorgänge rund um den Finanzskandal, bei dem 340 Millionen Euro verzockt wurden, aufzuarbeiten. Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SP) möchte keinen Augenblick mit der Neuwahl-Frage verschwenden, lieber den Schaden minimieren und der Bevölkerung reinen Wein einschenken. Auch ÖVP-Chef Wilfried Haslauer ruft nach Aufklärung und will bis zu den Wahlen noch konstruktiv in der Koalition zusammenarbeiten.

"Diese Regierung ist am Ende", ist sich die Opposition einig. Für FPÖ-Chef Karl Schnell sind deshalb Neuwahlen "unausweichlich". Den Zeitpunkt hält sich die FPÖ noch offen. Auch die Grünen werden sich nicht gegen Neuwahlen stemmen. Zuerst müsse aber ein U-Ausschuss eingesetzt werden, bei dem die Grünen den Vorsitz beantragen wollen. " Wir haben bei Olympia vor zwei Jahren bewiesen, dass wir den Vorsitz gut hinkriegen, und brauchbare Ergebnisse rauskommen", sagt Landessprecherin Astrid Rössler.

Für Landeshauptfrau Gabi Burgstaller ist es "selbstverständlich", dass die Opposition den Vortritt beim Vorsitz bekomme. Der U-Ausschuss lasse sich aber nicht mit einem Wahlkampf vereinbaren. "Es ist fast schizophren von der ÖVP einen Antrag auf einen Untersuchungsausschuss und auf Neuwahlen zu stellen". Denn laut Verfassung zerfalle ein U-Ausschuss sofort mit der Beschlussfassung einer Neuwahl. "Ich arbeite jeden Tag konstruktiv, während Haslauer Neuwahlbeschlüsse bearbeitet", sagt Burgstaller zum Standard.

Der Salzburger Politologe Heinrich Heinisch zeigte sich überrascht über den Neuwahlantrag der ÖVP, da noch nicht klar sei, wie weit sie selbst involviert ist. Trotzdem sei eine Neuwahl die "strategisch große Chance für die ÖVP". Die SPÖ habe ein Personalproblem, die FPÖ ist im " Schlummerstadium", und die Grünen würden ebenso wenig in Erscheinung treten, meint Heinisch. Der entscheidende Punkt werde aber sein, wie viel die ÖVP wusste.

Dass die ÖVP unbeschadet aus dem Skandal kommt, bröckelte am Dienstag: Laut SPÖ ist der Leiter der Personalabteilung VP-Landesrat Sepp Eisl von der Finanzabteilung vier Tage früher über die Vergehen informiert worden als Ressortchef David Brenner. "Alle Indizien deuten darauf hin, dass es die ÖVP vor uns wusste, aber nichts getan hat", sagt Burgstaller. Die Finanzabteilung habe nur berichtet, dass die Mitarbeiterin zwei Weisungen nicht befolgt hätte und eine Ermahnung auszusprechen wäre, kontert Eisl.

Wahlen entkoppelt

Mit dem absehbaren Neuwahlbeschluss im Land stolpert Salzburg auch in einen mehr als ein Jahr langen Dauerwahlkampf. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt, Heinz Schaden (SP), denkt nämlich gar nicht daran, die für März 2014 vorgesehenen regulären Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen vorzuverlegen.

"In der Stadt gibt es keine Krise, und ich werde mich nicht in dieses Gemetzel begeben", sagt Schaden im Standard-Gespräch. Auch die Landgemeinden würden wohl kaum einer Vorverlegung zustimmen, meint Schaden. Damit werden die 2009 - nicht zuletzt auf Betreiben der ÖVP - zusammengelegten Wahltermine von Gemeinden und Land wieder entkoppelt. (Thomas Neuhold, Stefanie Ruep, DER STANDARD, 12.12.2012)