Andrew Feinstein (48) ist ehemaliger Politiker und Autor aus Südafrika. Sein Buch "Waffenhandel: Das globale Geschäft mit dem Tod" erschien bei Hoffmann und Campe. Am 13. Dezember hält er im Renner-Institut in Wien einen Vortrag zum Thema "Internationaler Waffenhandel und Korruption".

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STANDARD: In Ihrem Buch über Kriminalität im internationalen Waffenhandel fällt der Name Mensdorff-Pouilly 70-mal. Sie haben ihn 2010 getroffen und mit Vorwürfen konfrontiert. Wie hat er reagiert?

Feinstein: Er tat so, als gäbe es für alles, das ich aufwarf, einfache Erklärungen. Im Lauf unseres Gesprächs verstrickte er sich jedoch zunehmend in Widersprüche. Am eindrücklichsten war, als er über den Waffendeal in Polen sprach, der nicht für BAE, sondern einen amerikanischen Hersteller ausging. Er machte mir klar, dass die Amerikaner bestochen hatten, und sagte sinngemäß: Wäre ich in den Deal involviert gewesen, hätte BAE das Geschäft bekommen. Er meint damit, dass er effektiver geschmiert hätte.

STANDARD: Der österreichische Kampfjet-Kauf ging für die Eurofighter von EADS, eine Tochter von BAE, aus. Glauben Sie, hatte Mensdorff auch hier die Finger im Spiel?

Feinstein: Sicher ist das nicht. Wenn er im Eurofighter-Kauf involviert war, wäre das auf eine andere Weise abgelaufen als bei den Deals in Tschechien oder Ungarn - weil er hier enge persönliche Verbindungen zu Politikern hat. Er hätte nicht nur wegen seiner Frau, sondern auch aufgrund seines Standings ein leichteres Spiel gehabt. Kriminelle Handlungen sind schwer nachzuweisen, wenn die Vereinbarungen in informellen Kreisen getroffen werden.

STANDARD: Ihr Buch zeigt, dass Schmiergelder und Bestechung grundsätzlich Teil von Waffendeals sind. Warum scheint das Geschäft straffreier Raum zu sein?

Feinstein: Rüstungsdeals passieren in einem parallel-legalen Universum. Die Gesetze, die für die meisten Unternehmen gelten, gelten scheinbar nicht für Waffengeschäfte. Das hat mehrere Gründe: Erstens sind Personen, die in diesem Sektor arbeiten, meist Teil des Establishments und haben die besten Kontakte. Zweitens werden die Schlüsselentscheidungen von wenigen Eingeweihten getroffen - viel Geld kann auf wenige verteilt werden. Drittens lastet auf Staatsanwälten, die mit diesen Fällen betraut werden, ein enormer Druck. Ich weiß von vielen, deren Karrieren endeten, nachdem sie sich mit Waffengeschäften beschäftigt hatten. Darüber hinaus können Waffengeschäfte unter dem Vorwand, die nationale Sicherheit zu wahren, einfach im Verborgenen bleiben. Aus all diesen Gründen kann BAE im Grunde tun, was es will.

STANDARD: Würde Mensdorff verurteilt, wäre das aber doch indirekt auch ein Schuldspruch gegen BAE?

Feinstein: Absolut. Aber auch wenn er schuldig gesprochen wird, wird BAE nichts passieren. Im Fall einer Verurteilung Mensdorffs sollte die österreichische Staatsanwaltschaft den Fall gegen BAE aufnehmen.

STANDARD: Wovon die österreichische Staatsanwaltschaft angeblich nichts weiß, ist die Liechtensteiner "Kate-Stiftung" - Kate steht vermutlich für Katharina Esterházy, Mensdorffs Cousine. Sie schreiben der Stiftung eine Schlüsselrolle zu.

Feinstein: Es ist wirklich eigenartig, jemanden der Geldwäsche zu bezichtigen und dabei nichts von einem seiner wichtigsten Finanzinstrumente zu wissen. Denn ich bin überzeugt, dass "Kate" entscheidend in Mensdorffs finanzieller Architektur war. BAE konstruierte eines der besten Geldwäschesysteme der Welt. Und Liechtenstein war wohl der beste Ort in Europa, um indirekte Zahlungen zu tätigen - es hat das geheimste Bankensystem der Welt. Ich glaube, dass "Kate" von Mensdorff und seinem Mentor Tim Landon für ihre persönlichen Einkünfte aus den korrupten Aktivitäten benutzt wurde. (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, 12.12.2012)