Die heimische Fondsgesellschaft Raiffeisen Capital Management (RCM) sagt bereits die Renaissance der Fondsbranche voraus. Erstmals seit 2006 könne sich die Branche über Zuflüsse an frischem Kapital freuen (ohne die statistische Verzerrung durch Kursgewinne). Für RCM-Chef Matthias Bauer war "2012 das Jahr des Turnarounds".
Dass die heimischen Kapitalanlagegesellschaften Mut fassen, kommt nicht von ungefähr. Die Zinsen sind denkbar niedrig, das Sparbuch damit unattraktiv und auch mit Immobilien lässt sich immer weniger Rendite verdienen. So hat etwa Fondssparen bei Anlegern wieder deutlich an Bedeutung gewonnen. Auch die Fondsanbieter von Raiffeisen führen die Nachfrage der Kunden auf die mangelnden Alternativen zurück, auf den "Bedarf nach Nettorenditen".

Das Comeback der Fondsbranche lässt sich gerade mit den europäischen Zahlen bestätigen. Laut Branchendienst Lipper sind im Oktober 31,6 Milliarden Euro in Investmentfonds (ohne Geldmarkt) geflossen, der stärkste Zufluss seit zwei Jahren. Für das Gesamtjahr halten die Analysten das Erreichen der 200 Milliarden Euro Marke für realistisch.

Strukturwandel ungebrochen

Doch eine Wiedergeburt sieht dennoch anders aus. Denn die strukturellen Herausforderungen für die Branche bleiben bestehen. So erwarten die Fondsanalysten von Lipper eine sich fortsetzende Konsolidierung der Branche. In Europa sind über 32000 registrierte Fonds wohl immer noch zu viel an Vielfalt. Derzeit schrumpft der Markt mit knapp 300 Produkten pro Quartal (Link).

Eine Renaissance oder "Wiedergeburt" wird von strukturellen Faktoren verhindert. Stattdessen erwarten viele Experten einen anhaltenden Verdrängungswettbewerb. Denn drei Herausforderungen für die Branche bleiben bestehen:

Kosten Die Regulierung der Branche nimmt deutlich zu. Wenn internationale Finanzaufseher von "Schattenbanken" reden, meinen sie auch die Fondsbranche. Weil etwa die Geldmarktfonds in den USA oder offene Immobilienfonds in Deutschland in der Krise signifikante Liquiditätsnöte hatten, wird es mehr Regeln geben. Dazu kommen Transparenzverpflichtungen und die Produktion neuer Dokumente für den Kunden. Das wird die Kosten steigen lassen, die Margen drücken und wird kleine Fondsgesellschaften zu Übernahmekandidaten machen.

Kunden Für den Endverbraucher muss sich zudem die Fondspalette ändern. Aktuell passiert das bereits, weil der Trend in Richtung Mischfonds geht. Ein einziger Fonds soll die Diversifikation geben, die Anleger früher mit vielen zusammengewürfelten Produkten erzielt haben. Doch damit hängt wesentlich mehr Erfolgsdruck an den Fondsmanagern, die künftig eine andere Aufgabe haben. Statt Alpha, also Mehrrendite, wird das Risikomanagement im Zentrum stehen. Denn auch aktuell bleiben die meisten Anleger hierzulande risikoscheu. Andere Investoren wie Versicherungen werden von der Regulierung dazu angehalten, kaum Anlagerisiko einzugehen. Also müssen die Fondshäuser mehr Kompetenz im Risikomanagement aufbauen.

Konkurrenz In den USA schon längst gang und gäbe, verschärft sich auch in Europa zusehends der Konkurrenzdruck von außen. Passive, kostengünstige Fonds-Alternativen wie Indexfonds oder börsengehandelte Fonds (ETFs) gewinnen zusehends Marktanteile. Ihr Kaufargument. Sie sind günstig und schlagen immer noch ein Gros der aktiven Managers mit ihren deutlich höheren Gebühren. In Europa greifen besonders institutionelle Kunden wie Pensionsfonds oder Versicherer verstärkt zu passiven Produkten. Fondshäuser werden daher in den kommenden Jahren merken: wer keine Mehrrendite anbieten kann, wird auch kaum das Mehr an Gebühren rechtfertigen. (Lukas Sustala, 10.12.2012)