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Karl-Heinz Grasser: Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Foto: APA/Fohringer

Wien/Vaduz- Knalleffekt in der Causa Buwog. Der Liechtensteinische Oberste Gerichtshof (OGH) hat die Ausfolgung beschlagnahmter Akten, die Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser betreffen, an Wien beschlossen. Zudem gibt es abermals einen Schuldspruch in der sogenannten Aktenaffäre, in die ein Liechtensteiner Stiftungsvorstand von Grasser verwickelt ist. Die Berufungsinstanz hat das Urteil des Erstgerichtes gegen den Anwalt bestätigt.  Beide Urteile sind noch nicht durch alle Instanzen. Der zum zweiten Mal verurteilte Stiftungsvorstand will in Revision gehen und sich damit an den Staatsgerichtshof wenden.

Der Sprecher der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Erich Mayer, begrüßte die Entscheidung, wies aber daraufhin, dass man nun abwarten müsse, ob erneut eine Verfassungsbeschwerde eingelegt werde.Damit war Gassers Treuhänder bereits gegen das erste OGH-Urteil im September erfolgreich. Die Verfassungsrichter sahen u.a. die Ausfolgung sämtlicher beschlagnahmter Akten an die österreichischen Ermittler als gesetzwidrig an, weil sogenannte "privilegierte" Dokumente vom Berufsgeheimnis des Treuhänders geschützt wären. Die Frist dafür betrage vier Wochen ab der Zustellung, betonte der Gerichtssprecher in Vaduz, Wilhelm Ungerank. Solange werden die Akten, die rund 80 Urkunden umfassen, beim Gericht aufbewahrt. Zwei der Urkunden werden jedenfalls nicht an Wien ausgeliefert, da diese dem Berufsgeheimnis des Treuhänders unterliegen. Außerdem würden einige Seiten mit handschriftlichen Notizen des Treuhänders ebenfalls nicht nach Wien ausgefolgt.

Langes hin und her

Die Akten verheißen für die österreichischen Ermittler Gutes. Es sind jene, die bei einem Liechtensteiner Treuhänder Grassers im April 2011 beschlagnahmt wurden. Aus ihnen erhoffen sich die Buwog-Ermittler Aufschlüsse über mögliche Geldflüsse Grassers in der Causa zu erhalten. Bereits heuer im Mai hatte der OGH geurteilt, dass die Herausgabe der Akten rechtens wäre. Allerdings bekämpfte Grassers Treuhänder das OGH-Urteil erfolgreich mit einer Verfassungsklage beim Staatsgerichtshof in Liechtenstein, der die Entscheidung im September u.a. wegen der Verletzung der Geheim-und Privatsphäre des Wirtschaftstreuhänders aufhob. Mehr als eineinhalb Jahre hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nun auf die Ausfolgung der Akten gewartet. Der OGH hat nun den Ergänzungsaufträgen des liechtensteinischen Verfassungsgerichts Rechnung getragen, die unter anderem die erwähnte Aussonderung priviligierter Akten inkludieren.

Die Grüne-Politikerin Gabriela Moser zeigt sich genervt vom "Einspruchsmarathon" in Liechtenstein, der zu einem "Pingpong" zwischen Staatsgerichtshof und OGH führen könnte. "Deshalb müsste Grasser seinen Treuhänder endlich von dem zu erwartenden Einspruch zurückhalten, wenn er wirklich unschuldig ist. Denn dann könnte auch die Staatsanwaltschaft in Wien endlich in seinem Sinne zügig arbeiten", fordert die ehemalige Leiterin des Korruptionsausschusses in einer Aussendung.Grasser-Anwalt Manfred Ainedter überrascht die Entscheidung nicht. "Wir können nur hoffen, dass nun endlich die Unterlagen herausgegeben werden, damit auch die letzte Ausrede der österreichischen Staatsanwaltschaft wegfällt, warum sie nicht endlich das Verfahren einstellt", sagte Ainedter. "Grasser ist froh, dass nun endlich die Unterlagen herausgegeben werden".

Grasser-Vertrauter verurteilt

Ein weiteres Urteil gab es in der Aktenaffäre. In der ersten Instanz wurde der Grasser-Vertraute, der als Anwalt bei Marxer & Partner arbeitet, noch zu einer Geldstrafe von 128.000 Euro verurteilt. Die zunächst teilbedingte Geldstrafe - die Hälfte wurde im erster Instanz auf drei Jahre bedingt nachgesehen - wurde nun gänzlich bedingt auf drei Jahre ausgesprochen.  Der Anwalt hat anlässlich einer Akteneinsicht im Oktober 2011 rechtswidrig Gerichtsakten in der Causa Buwog entwendet und diese erst am Ende November 2011 zurückgebracht.

Der Berufungssenat vertritt nun die Meinung, dass es eine Verfügung des Gerichtes gegeben habe, die Akten im Gericht zu belassen, berichtet das "Liechtensteiner Vaterland". Daran hätte sich der Beschuldigte halten müssen. Das sieht die Verteidigung anders: Das Urteil des Staatsgerichtshofes, wonach die Beschlagnahme aufzuheben sei, hätte auch für das Gericht keine freie Verfügbarkeit mehr bedeutet, berichtet das "Liechtensteiner Vaterland".

Der Spielraum für den Anwalt ist nun aber sehr klein. Das Urteil sei rechtskräftig, der Stiftungsvorstand könne nun lediglich mit einer Verfassungsbeschwerde beim Staatsgerichtshof gegen das Urteil vorgehen, so Gerichtssprecher Wilhelm Ungerank. Der Fall ist in Liechtenstein ein Politikum, weil der Verurteilte auch Landtagsabgeordneter der Fortschrittlichen Bürgerpartei ist.

Was lange dauert...

Doch nicht nur in Liechtenstein haben die Ermittlungsschritte gegen Grasser lange gedauert, sondern auch in Österreich: Grasser wird verdächtigt, sein Einkommen aus seiner Tätigkeit für die Meinl International Power (MIP) nicht korrekt versteuert zu haben. Zwischen 2007 und 2009 soll er 8,45 Millionen Euro an Meinl-Provisionen kassiert haben. Laut den Ermittlern steht der Verdacht der Steuerhinterziehung von bis zu 2,6 Millionen Euro im Raum, was Grasser aber wiederholt bestritten hat. Der Abschlussbericht der Finanz-Ermittler wurde für den Herbst avisiert, der kalendarisch bis 21. Dezember dauert. "Wir warten weiter auf den Abschlussbericht der Finanz", sagte Korruptionsstaatsanwaltschafts-Sprecher Mayer.

Aus dem Finanzministerium hieß es, dass man an dem Bericht arbeite. Wann er der Staatsanwaltschaft übergeben werde, könne derzeit aber nicht gesagt werden. Damit dürfte die Entscheidung, ob der Ex-Finanzminister in dieser Causa angeklagt wird oder nicht, erst 2013 fallen. (red/APA, derStandard.at, 7.12.2012)