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Im Zentrum der 20-Jahr-Feier von Disneyland Paris stand das Sleeping-Beauty-Castle, ein Mix aus Neuschwanstein und Kreml.

Foto: Michel Spingler/AP/dapd

Lässig ans Gemäuer der Pont Neuf gelehnt, den Eiffelturm bei Sonnenuntergang im Hintergrund: klassisches Sujet à la "Ich war in Paris" - aber nicht mehr das häufigste. Ein zwiebeltürmiges Märchenschloss, von Peter Pan und der Glöckchenfee umsaust, von Balu dem Bären angetanzt und der bösen Königin verwünscht - das ist nun gefragt.

Disneyland Paris feierte heuer seinen 20. Geburtstag und lässt den Pariser Louvre und Eiffelturm an Besucherzahlen mittlerweile weit hinter sich: Seit der Eröffnung im April 1992 kamen mehr als 250 Millionen Menschen nach Marne-la-Vallé, einer "ville nouvelle" 30 Kilometer entfernt von Paris, wo sich das europäische Disney-Universum entfaltet.

Während der sechsmonatigen Feierlichkeiten regnete es vor allem innerhalb des Vergnügungsparks Geburtstagswünsche: auf Flaggen des Captain Hook'schen Piratenschiffs und auf Bannern in den Mäulern der König der Löwen-Giraffen. Bei Einbruch der Nacht wurde das lichtbespielte Sleeping-Beauty-Schloss zur Hauptattraktion: In eigens choreografierten Shows geriet Peter Pan auf der Jagd nach seinem Schatten in ein wildes Medley aus Disney-Filmen und -Charakteren. Feuer-, Wasser-, Lasershow - jeder Moment musste den vorhergehenden übertrumpfen.

In seinem Jubiläumsjahr brach der Vergnügungskomplex jedenfalls erneut Rekorde: 16 Millionen Menschen statteten der bekanntesten Maus der Welt einen Besuch ab. Allein: Es fehlen rund 85 Millionen Euro auf schwarze Zahlen; Gewinn machte man zuletzt 2008.

Naturvergnügungspark Disneyland

Doch trotz der roten Zahlen zeigt sich das Unternehmen guter Dinge. Ein weiterer Vergnügungspark ist geplant, und man will noch Monumentaleres in die Landschaft pflanzen: Mit "Villages Nature" soll hier 2016 ein umweltfreundliches künstliches Dorf eröffnet werden und "Urlaub im grünsten Herzen der Natur" ermöglichen. Nur sechs Kilometer von Mickey Mouse entfernt und praktischerweise direkt an der Autobahn A4. Hier soll der Großstadtmensch wieder in Harmonie mit der Natur leben. Nachhaltiger Tourismus ist das Schlagwort: Keine Autos und nur Naturfreundliches kommen auf das Areal.

Ist von Disneyland die Rede, meint man landläufig die zwei bereits existierenden Areale Disneyland-Park und Walt-Disney-Studios, tatsächlich hat sich Disney aber auf 2000 Hektar ein eigenes, kleines Reich geschaffen. 1987 unterzeichneten die Walt Disney Company und die französische Regierung eine Vereinbarung über die Entwicklung der Region - halb privat, halb staatlich. Es gibt wohl nur wenige Fälle, in denen ein Unternehmen so viel Einfluss auf die Planung einer so großen Fläche hatte.

Busseln vorm Tower of Terror

Zu den Besuchern zählen längst nicht mehr nur Familien. Vor dem "Tower of Terror" oder dem Tempel von Indiana Jones stehen immer öfter auch händchenhaltende Paare an, die hier nicht nur Mickeys, sondern auch das Jubiläum ihrer Beziehung feiern. Die lokalen Hotels sind mittlerweile sogar auf Geschäftsleute vorbereitet.

Das Magic Circus etwa, das hier von der österreichischen Gruppe Vienna International Hotels and Resorts betrieben wird, bietet acht Konferenzräume. Zur Teambildung bietet sich dann logischerweise eine Schnitzeljagd im Vergnügungspark an. Die fast 400 Zimmer des Hauses sind so wie die Eingangshalle und die Restaurants üppig mit Zirkusmotiven geschmückt. Auf dem Weg zum Frühstücksbuffet kommt man an dekorierten Pferdeattrappen und einem riesigen Karussell vorbei.

Das Hotel Dream Castle gleich nebenan will dagegen klassischer sein. Es ist einem Schloss aus dem 17. Jahrhundert nachempfunden, also isst man hier im Musketier-Restaurant, trinkt an der Excalibur-Bar und bewohnt die Baron-von-Münchhausen-Suite.

Bis in die Hotels hinein wird letztlich deutlich, wie die DisneyWelt funktioniert: Burschen laufen in diesem Universum in Piratenkluft herum und Mädchen in Prinzessinnenkleidern. Die Inszenierung ist konsequenter als bei jedem Live-Rollenspiel. In der riesigen Familien-Suite des Dream Castle gibt es zudem ein Buben- und ein Mädchenzimmer. Das eine ist voll mit Auto- und Abenteuer-Spielzeug, das andere geht über vor rosa Tüll und Plüsch. Ein kleiner Basketballkorb am Stockbett der Mädchen rettet dann doch noch die Gender-Performance. (Julia Grillmayr, Album, DER STANDARD, 8.12.2012)