Die Wahrscheinlichkeit, einer Großkatze Auge in Auge gegenüber zu
stehen ist annähernd Null. Das tut der Begeisterung der Volontäre keinen
Abbruch
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Die Okambara Elephant Lodge befindet sich rund zwei Stunden Autofahrt entfernt von Windhoek, der Hauptstadt Namibias. Hier können Voluntäre zwei Wochen lang lernen, was es heißt, wissenschaftlich zu arbeiten. Bei der Fahrt raubt die großzügige afrikanische Landschaft den aus der Stadt kommenden Volontären erstmal den Atem.
Erste Begegnungen mit Tieren passieren bereits auf der Hauptstraße - Perlhühner. Sie rennen überall herum und laufen mit Vorliebe über mehrere hundert Meter vor den Autos her, ehe sie sich entschließen, zur Seite auszuweichen.
Von der Hauptstraße runter geht es dann noch einmal ein gutes Stück quer durch Farmland und über Straßen, die bereits ein wenig erahnen lassen, was auf die freiwilligen Helfer zukommen wird.
Das Forschungslager wurde neu errichtet. Für die Volontäre stehen Steinchalets zur Verfügung, die mehr Luxus bieten als erwartet: zwei bequeme Betten mit Moskitonetz, Kleiderschränke, eine Dusche mit Warmwasser, Waschbecken und Toilette. "If it's yellow let it mellow, if it's brown flush it down" und Klopapier im Abfalleimer entsorgen gilt aber trotzdem. Wasser ist ein rares Gut.
Gleich nach der Anfkunft gibt es schon den ersten Job zu erledigen: Allerlei technisches Gerät muss erklärt werden, darunter das GPS, die Laserentfernungsmesser und Ferngläser, die von Swarovski Optik gesponsert wurden sowie Kompass, Winkelmesser.
Außerdem gibt es noch Equipment, das bei verschiedenen Jobs mit genommen werden muss. Es ist wichtig, dass alle die Namen und Funktionen kennen lernen.
Eher ratlos hantieren die meisten anfangs noch mit GPS und Kompass. Das wird sich im Laufe der Woche ändern.
Jede Kleinigkeit wird erklärt. Allerdings mit der Erwartung, dass die Teilnehmer zuhören und schnell lernen. Schließlich möchte Biologin Kristina Killian möglichst schnell mit der Arbeit beginnen.
Ein erster Blick durch das Fernrohr und durch den Laserentfernungsmesser.
Reifendruck messen, Luft nachfüllen, undichte Stellen am Wagen kontrollieren - die Land Rover müssen vor jeder Fahrt inspiziert werden.
Beim Reifenwechseln packt das gesamte Team mit an. Glücklicherweise passiert es nur ein einziges Mal in zwei Wochen, dass tatsächlich ein Reifen im freien Feld gewechselt werden muss.
Nach einer kurzen Einschlung in die rechtsgelenkten Geländewagen geht es los zur ersten Probefahrt auf der rumpeligen Piste. Maximal 40 km/h lässt die Sandstraße zu.
Seltsame Tierbegegnungen fesseln noch in den ersten Stunden, später werden die Insekten zu täglichen Begleitern und verlieren einiges an Schrecken.
"Sunspider". Wenn dieses Wort aus irgendeiner Ecke des Forschungslager gekreischt wird verfallen fast alle dem blanken Entsetzen. Die blitzschnelle Walzenspinne, die eine ausgesprochen effiziente Jägerin ist, sorgt für Panik und Ekel. Dabei ist sie für den Menschen nicht giftig, ihre Bisse sind nur sehr schmerzhaft und sie neigt dazu, ihre vermeintlichen Angreifer zu attackieren.
Sogar Ekeltiere wie dieser Tausendfüßler werden irgendwann normal. Am Anfang sorgen sie aber noch für Gänsehaut und Quietschen bei den Teilnehmern.
Das erste Abendessen. Es gibt fein aufgeschnittenes Fleisch vom Gnu mit Salat. Das Fleisch stammt von der Farm, die Tiere leben unbehelligt innerhalb der Umzäunung und werden bei Bedarf geschossen.
Der afrikanische Himmel fasziniert zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die absoluten Höhepunkte jedoch sind Sonnenauf- und -untergang, wenn sich die Wolken gold, rot, rosa, pink und orange färben.
Ein Mistkäfer sucht am späteren Abend menschliche Gesellschaft. Mit ihren Krallen haben sie einen guten Halt. Die Tiere verfügen über beeindruckende Kräfte und schaffen es sogar, sich aus einer geschlossenen Faust zu befreien.
Guten Morgen Namibia. Die Sonnenaufgänge verführen zu planlosen Fotografierexzessen - zum Glück gibt's Digitalkameras und Speicherkarten.
Gegessen wird im Gemeinschaftsraum. Gleich nach dem Frühstück um halb sieben Uhr bekommt jedes Team eine Aufgabe zugeteilt und dann geht es hinaus auf die Farm.
Die Savanne ist Ende November noch trocken, braun und dürr. Das ändert sich aber mit den ersten Regentropfen, die die feuchte Jahreszeit einleiten. Mit ihnen kommen auch die Insekten.
Oryxantilopen gehören nicht unbedingt zu den dankbarsten Fotomotiven. Sie schauen zwar gerne, wer da kommt - aber schlussendlich ergreifen sie meistens die Flucht noch ehe die Kameras gezückt sind.
Erste Aufgabe: SD-Karten wechseln in den Kamerafallen. Dazu muss man übers Wasser gehen ...
... unter Zäunen durchkriechen ...
... und wird selber zum Gefangenen, wenn die Kamera vor dem Kartentauschen auslöst.
Spurensuche bei gleißender Sonne und 35 Grad Lufttemperatur. Die Wege sind sandig und voll mit Dornengestrüpp und Diesteln. Die Funde sind karg und die Kühlbox für die "Scats" bleibt meistens leer.
Pavianspuren sucht Kristina leider nicht. Davon gäbe es genügend. Was Kristina sucht sind Spuren von Jägern - Hyänen, Schakale, Geparden und natürlich Leoparden.
Hier ist am Morgen eine Hyäne vorbeigeschlichen. Ohne professionellen Spurenleser würden die Volontäre über diese zarten Abdrücke hinwegstolpern.
Es findet sich auch wesentlich mehr Erdferkel-AA als Leoparden-AA.
Ein Hornvogel auf einem ziemlich zerrupften Baum.
Diese Dornen zerkratzen nicht nur empfindliche Waden und Oberarme, sie durchstechen auch Schuhsohlen und Autoreifen.
Der Wagen ist geparkt. In einer Kastenfalle hat sich etwas verirrt. Das ganze Team ist in heller Aufregung - trotzdem müssen alle geduckt auf der Ladefläche warten, um das Tier im Käfig nicht unnötig zu erschrecken. Kristina wird alleine nachsehen.
Ein junges Hyänenweibchen wollte sich eine Extraportion Fleisch holen - und sitzt jetzt seit Stunden in der Sonne. Beim Fallen kontrollieren ist immer eine Decke dabei, um das Tier vor der Sonne zu schützen. Außerdem dabei ist noch ein Kanister mit Wasser. Später wird die Hyäne einen Ohrchip bekommen und kann dann wieder ihrer Wege gehen.
Stachelschweine landen immer wieder in den Fallen. Sie können dem Fleischköder nicht widerstehen.
Und auch Paviane laufen in die Falle. Männliche Tiere dürfen nur von Männern befreit werden. Sie würden den Geruch von Frauen erkennen und aggressiv werden. Es genügt zu wissen, was dann geschehen würde, wenn man zusieht, wie sich dieses junge Männchen im Käfig gebährdet.
Die Elefanten gehen gerne spielen auf der Farm. Unter anderem finden sie es sehr unterhaltsam, Wasserleitungen und Windräder zu zerstören. Alles, was nicht verbarrikatiert wurde - so wie diese Wasserpumpe - wird untersucht und zerlegt.
Frans ist der Elefantenspezialist. Er weiß, wo sie sich verstecken, wie sie sich bewegen und wie man sich zu verhalten hat. Jeden Tag fährt er mit den Teams hinaus auf der Suche nach den Riesen.
Geduld ist angesagt, wenn man die Elefanten sucht. Antenne und Ferngläser sind die wichtigsten Hilfsmittel, finden tut Frans die Tiere immer.
Bei näherer Betrachtung verlieren die Insekten ihr Grauen und entpuppen sich als wunderschöne, phantastische Lebewesen.
Eine neue Falle muss gebaut werden. Das heißt dornige Äste zersägen, Gras abschneiden, Sand schaufeln und die Falle an ihren Platz schleppen. Zu guter Letzt kommt noch ein stinkender Brocken Fleisch in die Falle - und dann hoffen wieder alle, dass sich ein Leopard hinein traut.
Bei jeder Ausfahrt sind zahlreiche Dinge mit zunehmen. Das wichtigste ist ein GPS-Gerät und ein Handy. Man sollte immer die Möglichkeit haben, Hilfe zu rufen - Elefanten und Schlangen sind keine ungefährlichen Zeitgenossen.
Frans sucht wieder einmal nach Elefanten - und alle suchen mit.
Hinten, ganz hinten steht ein Elefantenteenager. Mit dem Fernglas kann man sogar die Kaubewegungen erkennen.
Giraffen gibt es haufenweise auf Okambara. Sie sind auch nicht scheu sondern eher neugierig. Sie haben hier keine wirklichen Feinde, da es keine Löwen gibt. Löwen sind einfach zu gefährlich und unberechenbar.
Springböcke sind typische Bewohner der Savanne. Sie werden leicht verwechselt mit Impalas - der markanteste Unterschied ist der dunkelbraune Streifen an der Seite.
Sonnenuntergang... naja.
Einiges zu sehen bekommt man am Wasserloch. Hier kommen alle irgendwann vorbei um zu trinken. Auch die Warzenschweine.
Impalas trauen sich erst nach endlosen Minuten des vorsichtigen Herantastens ans Wasser um zu trinken.
Im Tarngestrüpp flattern Vögel herum, manche von ihnen stoßen Warnrufe aus und vertreiben damit die Tiere.
Ein Kuduhirsch schaut in Richtung der Beobachter. Aber der Wind weht in seine Richtung, er scheint zu ahnen, dass da etwas ist - aber er kann es nicht wittern.
Am Ende der zwei Wochen heißt es noch einmal richtig Hand anlegen, wenn die Land Rovers gereinigt werden.
Auch das Equipment wird kontrolliert und gereinigt. Es ist wichtig, immer funktioniernende Ausstattungen dabei zu haben.
Der letzte Abend. Die ganze Gruppe fährt zum Sundowner auf einen Hügel und genießt den letzten Sonnenuntergang. Die Speicherkarten sind leer und werden jetzt mit tausenden Himmelfotos gefüllt.
Ein letzter Blick zum orange gefärbten Himmel Namibias - dann ist es vorbei. (Mirjam Harmtodt, derStandard.at, 7.12.2012)