Regensburg/München - Wochenlang hatte es Schlagzeilen gesetzt, jetzt wird die Justiz aktiv. Im Fall Gustl Mollath bereitet die Staatsanwaltschaft Regensburg einen Antrag für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vor. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran", sagte ein Sprecher der Behörde am Montagnachmittag. Der Nürnberger Mollath ist seit Jahren zwangsweise in der Psychiatrie untergebracht. Sein Fall gilt als brisant, weil manche seiner damaligen Vorwürfe gegen die HypoVereinsbank (HVB) nun durch ein bankinternes Papier bestätigt wurden.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) hatte die Wiederaufnahme des Verfahrens Ende vergangener Woche in die Wege geleitet und die Staatsanwaltschaft aufgefordert, den Fall zu prüfen. Anlass waren neue Hinweise auf mögliche Ungereimtheiten in dem Fall.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kritisierte das Verhalten der Bank scharf. Dem Bayerischen Fernsehen sagte er, das Verhalten der HVB sei aus ethisch-moralischer Sicht völlig inakzeptabel gewesen. Die Bank habe frühzeitig gewusst, dass Mollaths Vorwürfe zumindest zum Teil richtig gewesen seien, es dem Gericht aber nicht mitgeteilt.

Politik prangert Richter an

Anlass für die Justizministerin, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu starten, war ein neuer Bericht der "Nürnberger Nachrichten" Ende letzter Woche. Demnach landete die Anzeige Mollaths gegen seine Frau und weitere HVB-Mitarbeiter im Jahr 2004 auch bei den Nürnberger Finanzbehörden, wurde aber dort relativ schnell als "erledigt" zu den Akten gelegt. Grund dafür sei ein Anruf aus der Justiz gewesen. Dazu sagte Merk: "Vom Selbstverständnis eines jeden Richters erwarte ich, dass ein vorverurteilendes Handeln absolut tabu ist."

Über eine Wiederaufnahme des Verfahrens muss das Landgericht Regensburg entscheiden. Bei derartigen Verfahren ist die Regel, dass die Justiz in einer anderen Stadt zuständig ist - verurteilt worden war Mollath in Nürnberg.

Neue Beweismittel

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Regensburg sagte, man arbeite nicht nur zügig, sondern selbstverständlich auch mit größter Sorgfalt an dem Wiederaufnahme-Antrag. Denn für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gälten hohe Anforderungen. Für einen zulässigen Antrag müssten neue Beweismittel und neue Tatsachen beigebracht werden. Wann der Antrag an das Gericht gehen könne, lasse sich überhaupt noch nicht absehen. In einem abgestuften Verfahren prüfe das Landgericht dann, ob der Fall wirklich neu aufgerollt werde.

Mollath ist seit 2006 in der Psychiatrie untergebracht, weil er seine Frau misshandelt und Reifen zerstochen haben soll. Mehrere Gutachter haben ihm inzwischen Gefährlichkeit bescheinigt. Brisant ist der Fall, weil Mollath 2003 - nachdem er bereits angeklagt war - seine Frau, weitere HVB-Mitarbeiter und 24 Kunden beschuldigte, in Schwarzgeldgeschäfte verwickelt zu sein. Doch während die Nürnberger Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen einleitete, hat ein vor kurzem bekanntgewordenes HVB-Papier manche Vorwürfe Mollaths bestätigt.

Der Fall beschäftigt mittlerweile sogar die Spitzen der bayerischen Staatsregierung. (APA, 3.12.2012)