Zumindest die unangenehmen Nebengeräusche, die die Anschaffung von bis zu zweihundert Nahverkehrszügen durch die ÖBB begleiten, hätte sich die Bundesbahn ersparen können. Auch das Geld für drei Gutachten, mit denen die Direktvergabe auf Basis eines Rahmenvertrags aus dem Jahr 2010 legitimiert werden soll, wäre vermutlich anderswo besser angelegt. Wiewohl noch nicht feststeht, ob die Bahn bei Siemens tatsächlich um 550 bis 600 Millionen Euro einkauft - oder doch noch die Notbremse zieht: Eine transparente Auftragsvergabe sieht anders aus.

Dabei handelt es sich um eine der größten Anschaffungen der ÖBB in der Nachkriegsgeschichte. Denn den ersten hundert Zügen, die nun - spät, aber doch - beim Haus- und Hoflieferanten Siemens bestellt werden sollen, werden weitere hundert folgen. In Summe geht es um bis zu 1,3 Milliarden Euro - und eine weitreichende Entscheidung, weil auf die nun gewählten Triebwagen in den nächsten 30 Jahren täglich tausende Pendler angewiesen sind.

Hier sollten ein paar Fragen erlaubt sein, selbst wenn sie unangenehm sein mögen: Warum kauft die ÖBB auf Basis eines bald drei Jahre alten Rahmenvertrags mit Siemens ein Fahrzeug, das mit dem einst ausgeschriebenen, aber nie bestellten Regionalzug so gut wie nichts gemein hat? Nur die Vermeidung einer öffentlichen Ausschreibung samt genauer Definition der Anforderungen kann wohl nicht der Grund sein. Auch die stereotypen Antworten, es gehe um die Sicherung österreichischer Produktionswerke, geht ins Leere. Der auserkorene elektrische Siemens-Triebwagen Desiro wird großteils in Krefeld gefertigt, einer Stadt, die bekanntlich nicht in Österreich liegt.

Warum Regionalpolitiker mitentscheiden, die einen Pendlerzug nur vom Wegschauen kennen, ist ohnehin ein Rätsel. Den Schaden haben Fahrgäste - und Steuerzahler. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 1./2.12.2012)