Weihnachten kommt näher, Kochbücher sind beliebte Geschenke, oft geht das Kochbuchschenken aber daneben. Hier daher eine wieder einmal sehr subjektive Best-Of-Liste an Büchern, die ich super finde, oft verwende und jederzeit Leuten schenken würde, die gerne kochen (würden). Sie sind alle nicht neu, ein Posten auf der Liste ist nicht einmal ein Buch, aber sie sind meiner Meinung nach alle großartig. Das nächste Mal gibt's hier dann wieder was zu Essen.

The Fundamental Techniques of Classic Cuisine

Für mich die Mutter aller Kochbücher – ideal, wenn es wer ernster meint mit dem Kochen. Der Theorie und Praxis der Vinaigrette sind hier mehrere Seiten gewidmet, Tabellen erklären den Unterschied zwischen einzelnen Entenarten, das Kapitel "Understanding the Egg" kann einen Koch nachhaltig verändern. Was macht man mit Bries vor dem Kochen, das Hirn welches Tieres schmeckt am besten? Das Kapitel "Organ Meats" kennt die Antwort. Sicher, das muss man alles wissen wollen – für Fans aber ist es ein Lesegenuss.

Hier geht's nicht um Rezepte (die sind auch drin), sondern um Techniken. Wer die Schwarte einmal von vorn bis hinten durcharbeitet, der ist nachher fast zwangsläufig ein passabler Heimkoch. Das Werk hebt sich zudem angenehm von anderen grundlegenden Büchern ab, weil es seinem Leser nicht nur sagt, was er zu tun hat, sondern auch wieso.

Aufgebaut ist es wie ein Kurs: Von "Working with Vegetables" geht es über "Sauces", "Working with Poultry", "Basic Stuffings" bis hin zu "Mousses, Soufflés, Bavarian Cremes and Charlottes". Jedes Kapitel beginnt mit einem Theorieteil, anschließend folgen Techniken und Übungen, deren Ergebnis meist auch mit Genuss verzehrt werden kann.

Gedacht ist es eher für Professionelle: die Fundamental Techniques sind die Zusammenfassung der neunmonatigen Kurse am French Culinary Institute, weswegen sich auch Tabellen zu Infektionskrankheiten, Kapitel über Vorratshaltung in Großküchen und Beschreibungen der verschiedenen Typen an Profi-Öfen finden. Wen das nicht interessiert, der überblättert es einfach.

Foto: Tobias Müller

Alles, was Thomas Keller veröffentlicht hat

Was gar nicht so viel ist, soweit ich weiß beschränkt es sich bisher auf "Bouchon", "The French Laundry Cookbook" und "Ad Hoc at Home", die jeweils mit einem gleichnamigen kellerschen Restaurant korrespondieren, sowie der Sous-Vide-Anleitung "Under Preassure" und dem "Bouchon Bakery" Buch.

Die Keller-Bücher schaffen alle einen erstaunlichen Spagat: Sie sind sowohl als Zierbücher geeignet als auch als Anleitung, wirklich gut zu kochen. Sie sind No-Fail-Bücher, nicht, weil sie deppensicher wären, im Gegenteil – oft braucht es ein gewisses Vorwissen und man muss sich wegen der Zubereitungszeit eine Woche vorher überlegen, was man essen will. Für mich ist der Mann aber das Maß aller Dinge: Wenn ich mich mit einer Zutat oder einem Gericht das erste Mal befasse, dann schaue ich zuerst nach, wie Keller es macht – es wird bestimmt perfekt sein.

Die drei klassischen Kochbücher sind nach Rezepten organisiert, ähnlich wie die Fundamental Techniques erklären sie aber ebenfalls haufenweise Theorie und Techniken – sie sind sozusagen der Kurs für Fortgeschrittene. Mit dem French Laundry Buch könnten sich Anfänger schwer tun, es setzt sehr viel voraus, die Rezepte sind oft, gelinde gesagt, sehr aufwendig.

Mein Liebling ist "Bouchon", der ultimative Guide zu französischer Beislküche für Leute, die nicht französisch lesen wollen. "Ad Hoc at Home" ist das alltagstauglichste der drei und enthält eher amerikanische, oft unfassbar gute Gerichte wie etwa das legendäre "Buttermilk Fried Chicken".
Das Sous-Vide- und das Back-Buch habe ich nicht, ich bin aber überzeugt, dass man es mit gutem Gewissen der entsprechenden Neigungsgruppe schenken kann.

Foto: Tobias Müller

Charcuterie

Nur für Fans, aber für die perfekt. Hier gibt's keine hübschen Fotos im Großformat, dafür erfährt der Leser alles über das, was im deutschen mit dem unappetitlichen Wort "Wurstwaren" bezeichnet wird: Pökeln, Räuchern, Konfieren, Faschieren auf 320 Seiten. Was ist das richtige Verhältnis von Pökelsalz zu Zucker und Fleischgewicht? Warum muss Wurstmasse eiskalt verarbeitet werden? Was kommt in die Mortadella? Und wie mache ich eigentlich eine Bries-Foie-Gras-Wurst? Wer keinen Fleischwolf und keine Wurstspritze hat, kann sich immer noch mit Enten-Prosciutto, selbstgemachtem Speck oder Pancetta vergnügen.

Co-Autor dieses Grundlagenwerks ist der Foodwriter Michael Ruhlmann, der auch bei den Keller-Büchern seine Finger im Spiel hatte. Der Mann hat ein Talent für gute Kochbücher: Als Journalist hat er sich einige Monate auf dem Culinary Institute of America (CIA) herum getrieben, gelernt, und darüber ein Buch geschrieben. Er hat auch allein einige Kochbücher herausgegeben, darunter "Ruhlmans Twenty" und "Ratio". Ich habe sie leider bisher noch nicht gelesen, habe aber viel Gutes gehört. Ein Versuch könnte sich lohnen.

Foto: Tobias Müller

The Whole Beast

Ein Buch, das eine ganze kulinarische Bewegung mitbegründet hat: Das Nose-to-Tail-Eating, wie auch der Untertitel des Werks heißt. Autor Fergus Henderson, einst Architekt, heute Koch im St. Johns in London, hat das wieder schick gemacht, was gar nicht so lang davor schon selbstverständlich war (und wohl außerhalb europäischer Städte noch ist): Alles vom Vieh und der Pflanze zu verspeisen.

Hier schwärmt er über die Vorzüge von Schweinefüßen, die herrliche Textur von kaltem Lammhirn, die Freude beim Abnagen von Schweineschwänzen oder den pfeffrigen Geschmack von Radieschen-Blättern. Die Rezepte sind äußerst kurz gehalten und nicht unbedingt immer besonders "refined", zelebrieren aber die Freude am Ausprobieren. Teilweise setzen sie ein wenig Vorwissen voraus oder brauchen meiner Erfahrung nach einige Anläufe, um zu gelingen. Hendersons Begeisterung, die man beim Lesen deutlich mitbekommt, ist ansteckend, es gibt glaube ich wenige Menschen, die mit solch Inbrunst über Essen schreiben. Nachvollziehen kann diesen Enthusiasmus, wer etwa an einem kalten Wintertag seine Speckbohnen löffelt.

Foto: Tobias Müller

Lucky Peach

Kein Buch, sondern ein Fressmagazin, aber was für eins! Hier werden Enten ausgepresst, Eier gereift, die perfekte Marille rund um die Welt gejagt und die optimale Lagerzeit von Pizzaschnitten im Kühlschrank ermittelt. Jedes Heft widmet sich komplett einem Thema, derzeit ist das "China Town", davor kam "American Food", "Chefs Issue" und "The Sweet Spot", gemeint als der perfekte Moment zum Verzehr. Auf knapp 200 Seiten wird dem dann mit Rezepten, Reportagen, literarischen Texten und sehr knalligen Bildern gehuldigt.

Lucky Peach ist die Übersetzung von "Momofuku", dem Namen der Restaurants von Lucky Peach Mitbegründer David Chang. Der Mann hat einen erfrischend unvoreingenommen Zugang zu Essen, beim Mad2-Symposium etwa hielt er einen spontanen, sehr überzeugenden Vortrag darüber, wie toll Glutamat sei (und warum es ein Unsinn ist, wenn Leute behaupten, darauf allergisch zu sein).

Weil der Herr Chang äußert gut vernetzt ist, finden sich in den Heften dann auch Beiträge entsprechend berühmter Gastautoren: Diesmal steuerte Danny Bowien von Mission Chinese Food zahlreiche Rezepte bei, Harold McGee hat eine regelmäßige Kolumne, genauso wie Anthony Bourdain (was auch immer man von dem halten mag).

Foto: Tobias Müller

Der Große Larousse

Für die Bildungsbürger unter den Hobbyköchen. Was hat es mit Beurre d'Isigny auf sich? In welchem Wein wird der Hahn traditionell geschmort? Welche Blauschimmel-Sorten unterscheidet der Franzose? Wann starb Auguste Escoffier? Der Larousse weiß stets die Antwort. Sicher, das kann man sich alles ergooglen, wer aber im Larousse nachschlägt, hat das gute Gefühl, sich auf die Richtigkeit der Antwort verlassen zu können. Bei den einzelnen Lexikoneinträgen gibt es zahlreiche Rezepte meist französischer Köche, die man vielleicht nicht nachmachen muss, die aber immer Ideen liefern.

Ein eindrucksvolles Packerl unterm Baum gibt das Buch außerdem ab: Der Name der Schwarte ist Programm, jedes Mal, wenn ich das Ding zurück aufs Regal hieve, wundere ich mich, wie das Regal es überhaupt tragen kann. Zwar gibt's das Werk mittlerweile auf Deutsch, sein Inhalt ist aber nach wie vor stark französisch geprägt.

Foto: Tobias Müller

(Tobias Müller, derStandard.at, 2.12.2012)