Wien - Neue Erkenntnisse über die Eurofighter-Gegengeschäfte hat der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz von einer Reise zur Staatsanwaltschaft in Rom mitgebracht. Genau analysiert werden sie noch. Aber Pilz ist schon jetzt ziemlich sicher, dass die Magna-Gegengeschäfte "gefälscht" waren. Bei anderen Verträgen liege der Verdacht der Anstiftung zum Amtsmissbrauch und von Schmiergeldzahlungen nahe. Insgesamt würden die Gegengeschäfte "hunderte Kilometer gegen den Wind stinken", sagte Pilz am Freitag in einer Pressekonferenz.
Pilz attestierte Frank Stronach, die Wahrheit zu sagen, wenn er behaupte, dass es keine Eurofighter-Gegengeschäfte seines Magna-Konzerns gegeben habe - auch wenn es von Magna-Managern unterzeichnete Verträge gibt. Pilz vermutet nämlich, dass "normale" Geschäfte "umgewidmet" wurden. Die angeblichen Gegengeschäfte - laut Wirtschaftsminister mit einem Volumen von rund 350 Millionen Euro - wären damit "aufgrund einer verabredeten Täuschung zustande gekommen". Der Republik Österreich wäre damit aber ein Schaden entstanden; sie wäre um Steuereinnahmen und Arbeitsplätze umgefallen.
"Schlüsselfigur" im Gegengeschäfte-System
Den Verdacht von Schmiergeldzahlungen hegt Pilz bei den Magna-Geschäften nicht, er sieht Magna vielmehr "im Kern involviert" und als "Schlüsselfigur" im Gegengeschäfte-System. Magna habe eine "spezielle Interessenslage" in der Auto-Industrie gehabt - und wohl dem Geschäftspartner Daimler Chrysler (der am EADS-Konsortium beteiligt war) einen Gefallen tun wollen.
Schon 2001 habe es "auffällige Aktivitäten" auch von Magna gegeben. So sei Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser wohl über Magna zu EADS gekommen, vermittelt vom früheren EADS-Aufsichtsratschef und Daimler Chrysler-Vorstand Manfred Bischoff, mutmaßt Pilz. Einige Gegengeschäftsverträge Magnas - mit Fiat oder Ferrari - seien schon vor der Entscheidung für den Eurofighter bzw. vor dem Gegengeschäftsvertrag abgeschlossen worden.
Neben den Magna-Verträgen gibt es aber, schließt Pilz aus den Unterlagen der Italiener, noch zwei andere Kategorien von Gegengeschäften, bei denen der Verdacht des "Schwindels" oder des "Kaufs" naheliegt. So jenes des italienischen Verteidigungsministeriums mit Hirtenberger über Werfergranaten, vermittelt vom italienischen Rüstungskonzern Alenia.
An Vergaberichtlinien halten
Auch dieser Vertrag könne nicht als Gegengeschäft akzeptiert werden, meinte Pilz. Denn ein Ministerium müsse sich an Vergaberichtlinien halten. Wenn Alenia - dessen Ex-Manager Pierluigi Romagnoli in Rom wegen betrügischen Bankrotts und Geldwäsche verhaftet wurde - aber eine Entscheidung zugunsten Hirtenbergers erreicht habe, liege der Verdacht der Anstiftung zum Amtsmissbrauch nahe, so Pilz.
Ein weiteres eigenartiges Gegengeschäft fand Pilz in der Bekleidungsbranche - nämlich einen Vertrag des italienischen Modehauses Sorelle Ramonda mit der eigenen Tochter Sorelle Ramonda in Wöllersdorf, ebenfalls vermittelt vom Rüstungskonzern Alenia. Auch dieser Vertrag wurde im Mai 2003 abgeschlossen, noch ehe der am 1. Juli 2003 abgeschlossene Gegengeschäftsvertrag stand.
Insgesamt geht Pilz davon aus, dass nicht nur ein "Schmiergeldsystem", sondern auch ein "Gegengeschäftssystem" - bestehend aus mehreren Strängen - in Deutschland "zentralisiert" worden sei. Und er ist weiterhin sicher, dass "wir nächstes Jahr den Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag schaffen" - oder zumindest "den Ausstieg des Verteidigungsministers (Norbert Darabos, Anm.) aus dem Verteidigungsministerium". (APA, 30.11.2012)