Brüssel - Es sei "noch immer möglich", dass man bis Jahresende zu einer Einigung über alle Modalitäten einer künftigen Bankenunion komme, gibt sich der zuständige EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier in Brüssel optimistisch. Während er aber zumindest verbal leichte Zweifel daran zumindest leicht andeutet, scheinen seine Beamten, die die Materie mit den Experten der Regierungen der Mitgliedsländer seit Sommer bearbeiten, inzwischen praktisch sicher zu sein, dass das "nicht mehr möglich" ist.

Zwischen den Regierungen gebe es "gravierende Auffassungsunterschiede", heißt es in einem der Agentur Reuters am Donnerstag zugespielten Papier. Insbesondere die Frage, wie man jene Länder, die nicht in der Währungsunion sind, in die geplante strikte Aufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) einbinde, erweist sich politisch und juristisch besonders schwierig.

Achse London-Berlin

Dazu kommt, dass zwei der mächtigsten EU-Staaten entgegen den Beteuerungen querschießen bzw. bremsen: Zum einen Großbritannien, das Einschränkungen für den starken Finanzplatz London fürchtet. Zum anderen steht die deutsche Regierung voll auf der Bremse und verärgert damit Frankreich. Deutschland möchte sicherstellen, dass die klein strukturierten Sparkassen und Genossenschaftsbanken weiter ganz von den nationalen Aufsichtsbehörden kontrolliert werden. Wie berichtet, steht auf der anderen Seite des Spektrums Frankreich. Es drängt auf raschestmögliche Umsetzung der Bankenunion, die laut EU-Gipfelbeschluss von Juni Voraussetzung ist für die Gewährung von Direkthilfen an Banken aus dem Eurohilfsfonds ist. Auf Druck von Präsident François Hollande sollte zumindest das legistische Gerüst am 1. Jänner 2013 stehen.

Nun gibt es die ersten "Vorschläge", den Zeitplan nach hinten zu verschieben, eine lückenlose Aufsicht unter Oberhoheit der EZB solle doch erst 2014 kommen. Experten weisen darauf hin, dass die praktische Umsetzung ohnehin der viel schwierigere Teil sein werde als der rechtliche. (tom, DER STANDARD, 30.11.2012)