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Die Beschneidung von Buben ist in Österreich grundsätzlich legal, Aktivisten der "Initiative gegen Kirchenprivilegien" sehen jedoch das Recht auf körperliche Unversehrtheit verletzt.

Foto: Reuters/RONEN ZVULUN

Wien - Gegner der religiösen Beschneidung gehen in Österreich nun rechtlich gegen diese Praxis vor. Sie haben den Gemeinderabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) und einen muslimischen Arzt wegen Körperverletzung angezeigt. Die Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien stammt von Aktivisten der "Initiative gegen Kirchenprivilegien". Ein muslimischer Mann, der in seiner Kindheit beschnitten wurde, hat sich dabei angeschlossen.

Eingebracht wurde die Sachverhaltsdarstellung Donnerstag früh von der Rechtsanwältin Anja Oberkofler. Sie sieht in der Anzeige den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt, da es sich bei Beschneidungen um einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit handelt, ohne dass dies ein medizinischer Grund rechtfertige. Auch eine Einwilligung der Betroffenen gebe es nicht, da diese zum Zeitpunkt der Beschneidung größtenteils minderjährig seien.

Anzeigen am Donnerstag eingebracht

Den Gemeinderabbiner habe man sich für die Anzeige ausgesucht, da dieser selbst zugegeben hätte, mehr als 1.000 religiöse Beschneidungen bei männlichen Säuglingen durchgeführt zu haben, so die Initiative. Man habe gegen den bekannten jüdischen Geistlichen zudem eine weitere Anzeige wegen Verstoßes gegen das Ärztegesetz eingebracht.

Der zweite Angezeigte ist praktischer Arzt, der ein Beschneidungszentrum in Wien betreibt und auf rituelle islamische Beschneidung spezialisiert ist. Er ist Vorstand der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ). Gegen ihn soll auch eine Anzeige bei der Disziplinarkommission der Ärztekammer erfolgen.

Noch keine Stellungnahmen

Die Staatsanwaltschaft konnte den Eingang der Sachverhaltsdarstellung Donnerstagmittag noch nicht bestätigen. Auch bei der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) und der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) wusste man noch nichts von der Anzeige. Bevor diese nicht vorliege, werde man sich auch nicht dazu äußern, hieß es von beiden Seiten.

Debatte nach Kölner Urteil

Erst im Juni war eine hitzige Diskussion über Beschneidung auch in Österreich entbrannt, nachdem das Landesgericht Köln in einem Urteil die religiöse Beschneidung von minderjährigen Buben als Körperverletzung wertete und unter Strafe stellte. Vertreter jüdischer und islamischer Glaubensgemeinschaften zeigten sich über Deutschlands Grenzen hinaus schockiert, das Thema dominierte tagelang die Meinungsrubriken internationaler Medien.

Mittlerweile hat die deutsche Bundesregierung einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der Beschneidungen von Buben unter bestimmten Auflagen für zulässig erklärt. Die Regelung soll für deutschlandweite Rechtssicherheit nach dem Kölner Urteil sorgen. Erst vergangene Woche zeigte sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zuversichtlich, dass das Gesetz noch vor Weihnachten im Bundestag verabschiedet werde. "Der Respekt für die Lebbarkeit religiöser Rituale ist ein hohes Gut", sagte Merkel vor der Ratsversammlung des Zentralrats der Juden in Deutschland. Freie Religionsausübung müsse auch praktiziert werden können, so Merkel.

Beschneidung in Österreich legal

In Österreich erfüllt die religiöse Beschneidung von Buben grundsätzlich keinen strafrechtlichen Tatbestand. Es gibt zwar eine gesetzliche Bestimmung, die Beschneidung Minderjähriger unter Strafe stellt, diese ist jedoch so formuliert, dass nur weibliche Beschneidung darunter fällt.

Im Zuge der Diskussion nach dem Kölner Urteil betonte Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP), sie sehe "keinen Handlungsbedarf". In Österreich sei die Beschneidung kein strafrechtliches Problem. Vielmehr gelte es, das Grundrecht auf Religionsfreiheit zu berücksichtigen. (red/APA, 29.11.2012)