Berlin - Mit Stellenstreichungen reagiert die Kölner Mediengruppe M. DuMont Schauberg MDS auf drohende rote Zahlen bei "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier". Im kommenden Jahr will MDS möglicherweise mehr als 80 Stellen im Berliner Verlag streichen, in dem die beiden Titel erscheinen. Davon sollen 40 in jedem Fall wegfallen, sagte Franz Sommerfeld, Verlagsvorstand bei MDS, der dpa in Berlin.

Zur Kölner Mediengruppe gehören außer dem "Kölner Stadt-Anzeiger", der "Berliner Zeitung" und dem "Berliner Kurier" auch die "Mitteldeutsche Zeitung", die "Kölnische Rundschau", der "Express", die "Hamburger Morgenpost" sowie die "Frankfurter Rundschau", die vor zwei Wochen Insolvenz beantragt hatte. Von deren Entwicklung hängen in Berlin weitere 46 Stellen der gemeinsamen Mantelredaktion ab.

Im Berliner Verlag wurden am Donnerstagvormittag alle Mitarbeiter zusammengerufen. Neben der Geschäftsführung aus Berlin und Vorstand Sommerfeld waren für MDS auch Gesellschafter gekommen. Christian DuMont Schütte versicherte dabei, dass MDS zu seinem Engagement in Berlin felsenfest stehe: "Wir halten am Berliner Verlag fest und wollen ihn auch inhaltlich für die Zukunft aufstellen." Für die insolvente "Frankfurter Rundschau" (FR) hoffe man auf Käufer.

Drastischer Anzeigenrückgang

Unabhängig von der Entwicklung bei der FR sollen im Berliner Verlag nun zunächst 40 Stellen aus wirtschaftlichen Gründen gestrichen werden, 27 in der Verwaltung und 13 in der 80-köpfigen Redaktion des Boulevardblattes "Berliner Kurier". Wie Verlagsgeschäftsführer Michael Braun mitteilte, sollen künftig das Finanz- und Rechnungswesen sowie die Produktionsplanung von Köln aus mitgemacht werden. Bei der Anzeigenabteilung steht infolge des drastischen Anzeigenrückgangs im Wert von fast 10 Millionen Euro insgesamt seit 2010 ein Stellenabbau bevor. Die Poststelle und der Kundenservice werden geschlossen.

"Erstmals seit langer Zeit reichen die Ergebnisse nicht mehr aus, um die Verluste auszugleichen", sagte Braun. Das laufende Geschäftsjahr werde der Berliner Verlag mit einem Minus abschließen. Die "Sanierung in kleinen Schritten" sei im Tageszeitungsmarkt vorbei. "Die Insolvenzmeldung aus Frankfurt, die Nachricht über die Einstellung der "Financial Times Deutschland" - diesen Weckruf aus der Branche können und dürfen wir als Verlag nicht überhören, wenn wir zukunftsfähig bleiben wollen", sagte Braun der Belegschaft.

Noch einmal 46 Stellen stehen ebenfalls auf der Kippe, sollte die FR aus der Insolvenz heraus nicht weitergeführt werden - oder keinen Bedarf mehr an einer Redaktionszusammenarbeit mit Berlin haben. Die FR an der auch die SPD-Medienholding DDVG beteiligt ist, bekommt ihre Mantelinhalte aus Berlin, von einem Pool mit 27 Autoren. Bei einem Wegfall der Zusammenarbeit würde er mehr als halbiert - 14 Stellen könnte das kosten. Die zusätzliche 20-köpfige Gemeinschaftsredaktion für die Herstellung der Mantelteile würde komplett gestrichen und zudem stehen weitere 12 Stellen der "Berliner Zeitung" auf der Kippe.

Interessenten für die Fortführung der "FR"

Würde die FR gerettet und dafür auch weitere Mantellieferung oder redaktionelle Zuarbeit aus Berlin nötig, könne auch ein Großteil dieser Stellen erhalten werden, sagte Sommerfeld. Sein Haus hoffe darauf. Eine Entscheidung werde der Insolvenzverwalter voraussichtlich bis Mitte Jänner treffen. Branchenkreisen zufolge gibt es ernsthafte Interessenten für die Fortführung der FR.

Der zweite Berliner Verlagsgeschäftsführer Stefan Hilscher blickte trotz der schlechten Nachrichten für die Mitarbeiter nach vorn und versicherte: "Wir glauben nicht nur an den Printmarkt, sondern wir sind überzeugt davon, dass unser journalistischer Qualitätsanspruch die Voraussetzung ist, um in diesem Markt bestehen zu können." Mit den beiden Flaggschiffen "Berliner Zeitung" und dem "Berliner Kurier" sei der Berliner Verlag bestens gewappnet, eine groß angelegte Image-Kampagne solle dies 2013 untermauern. Nach der Berliner Zeitungs-App werde eine kostenlose App des "Berliner Kuriers" folgen, "intelligente Bezahlmodelle für hochwertige digitale Inhalte" würden derzeit entwickelt.

Der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte die Pläne als "nicht hinnehmbar". Der Verlag könne nicht den Rückgang des Anzeigenaufkommens durch eine "völlig überzogene Entlassungswelle kompensieren", teilte DJV- Bundesvorsitzender Michael Konken mit und sprach von Managementfehlern bei DuMont Schauberg. "Die Journalistinnen und Journalisten dürfen nicht dafür büßen, dass offenbar erst jetzt das Nachdenken über digitale Zukunftsstrategien beginnt." Auch verdi beklage die Abbaupläne: "Planlosigkeit der Verlagsführung macht vieles zunichte, gleichzeitig fehlt eine publizistische Perspektive." (APA, 29.11.2012)