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Der damalige Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) bei Bekanntgabe der Eurofighter-Entscheidung am 2. Juli 2002.

Foto: reuters/foeger

Wien - Formal ist bisher alles korrekt gewesen: Selbst der Rechnungshof (RH) hat mehrfach bestätigt, dass der Eurofighter als bestes Angebot gewählt und die Verträge korrekt geschlossen wurden. Dies war lange Zeit die Argumentationslinie der ÖVP - aber angesichts neuer Korruptionsvorwürfe in den letzten Tagen hält auch deren Parteichef nicht mehr an dem seit einem Jahrzehnt eingeübten Wording fest.

"Wenn Hinweise auf Korruption kommen, gehört das aufgeklärt - das ist bei den richtigen Stellen, der Staatsanwaltschaft", sagt Vizekanzler Michael Spindelegger auf entsprechende Anfrage des Standard. Und er spricht von "aller Härte des Gesetzes", mit der eine allfällige Bereicherung rund um den Kauf zu bestrafen wäre.

Wenn es eine solche Bereicherung gegeben hätte, könnte das allerdings wesentlich weiter reichende Folgen haben: Eine Klausel im Eurofighter-Vertrag würde dem Verteidigungsministerium ermöglichen, den gesamten Kauf rückabzuwickeln. So stand es bereits auf Seite 70 der Ausschreibungsunterlagen.

So weit will man in der ÖVP nicht denken, auch im Verteidigungsministerium wartet man zunächst ab, ob die Korruptionsvorwürfe überhaupt belegbar sind. Neue Verdachtsmomente tauchen täglich auf: So berichtet der Kurier, dass die Briefkastenfirma Vector Aerospace noch 2009 mehr als 20 Millionen Euro im Zusammenhang mit österreichischen Gegengeschäften erhalten hat.

Maßgeschneiderte Ausschreibung

Dass es Unterschleife bei der Entscheidung für den Eurofighter gegeben haben könnte, ist schon beim Regierungsbeschluß am 2. Juli 2002 vermutet worden - vor allem, weil vorher alle Zeichen auf den schwedischen Saab-J39-Gripen gedeutet hatten. Viele meinten, die Ausschreibung wäre geradezu auf den schwedischen Jet zugeschnitten gewesen - so auch der damalige Volksbegehren-Initiator Rudolf Fußi.

Doch Fußi, der im Sommer 2002 immerhin 624.807 Unterschriften sammeln konnte, lag ebenso falsch wie der schon siegesgewisse Saab-Konzern. Dessen Angebot war - verglichen mit dem Leistungsspektrum des Eurofighters - relativ hochpreisig. Und in einer Zahlungsvariante (auf neun Jahre verteilt, was beträchtliche Währungsrisiken barg) war der Gripen sogar teurer als der Eurofighter.

In allerletzter Minute entschieden sich der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und dessen Finanzminister Karl-Heinz Grasser genau für jene Zahlungsvariante und den Eurofighter. Das war zumindest politisch einträglich: Der deutsch dominierte Hersteller suchte und fand einen ersten Exportkunden - die bis dahin wegen der FPÖ-Beteiligung europaweit gemiedene Regierung Schüssel suchte und fand eine Gesprächsbasis mit der deutschen Regierung Schröder.

Ob und wie weit die Sache ein Geschäft war, ist und bleibt umstritten: Wie berichtet will der ehemalige Magna-Eigner Frank Stronach von Gegengeschäften nicht profitiert haben, obwohl ein Umsatz von 350 Millionen Euro belegt ist. Und dass die ÖVP über die Normalisierung der Beziehungen zu Deutschland hinaus profitiert haben könnte, ist nicht mehr als ein Verdacht ihrer Gegner. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 29.11.2012)