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In einer Verschlusscausa der WKStA, in der auch Justizbeamte beschuldigt sind, wurden mehr als 7000 Telefonate abgehört.

Foto: apa/Bernd Weißbrod

Die Ex-Kabinettsmitarbeiter des Justizministeriums, gegen die der Korruptionsstaatsanwalt ermittelt, nutzten ihre Kontakte für heikle Causen wie die rund um Rachat Aliew. Die Berichte der Ermittler geben Einblick in ihre Welt und ihre Recherchemethoden.

Wien - In einigen Causen scheut die Justiz weder Kosten noch Mühen, um an Informationen zu kommen. Etwa bei dem Verfahren der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen zwei Ex-Justiz-Pressesprecher und jetzige PR-Berater, Christoph P. und Martin S., sowie gegen Justizbeamte. Es geht, wie berichtet, um den Verdacht des Bruchs des Amtsgeheimnisses bzw. Anstiftung. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. Das Verfahren gegen einen wichtigen Ministeriumsbeamten ist schon eingestellt, die Ermittlungen gegen zwei andere Beamte sind beendet und ein Vorhabensbericht liegt bereits vor.

Bei Abhörungen in der Causa Telekom fielen die Berater auf und wurden fortan ihrerseits belauscht. Allein von 29. Dezember 2011 bis 23. März 2012 wurden bei S. 2872 Telefonate abgehört, bei P. 4245. Zudem wurden sie von "Vertrauenspersonen (VP)" des Innenministeriums beschattet.

Lauschen beim Italiener

Aus deren Aufzeichnungen sowie Berichten des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK) erschließt sich der Tätigkeitsbereich der " Litigation-PR"-Experten. Es geht es um heikle Causen - etwa die Ermittlungen gegen den Kasachen Rachat Aliew, Asfinag, Telekom-Wahlkampffinanzierung für Karin Gastinger und U-Ausschuss. So recherchierte P. im Jänner beim Nationalratsabgeordneten Fritz Grillitsch, ob er denn schon auf der Ladungsliste für den Korruptionsausschuss stünde, was selbiger verneinte, indem er ihm "die Namen vorlas, die auf der derzeit verlautbarten Liste stehen".

Bei einem Treffen mit Gernot Schieszler (laut VP trug er "eine sportliche Uhr, vermutlich Seiko") ein paar Tage später, sprach man über Lobbying und Geschäfte in Bulgarien, danach - ausgerechnet - "über Abhörmaßnahmen der Gerichte und Polizei". Anlässlich des Nachtmahls mit einem Journalisten beim Italiener in Wien-Alsergrund hatte der Beobachter weniger Glück: Das Lokal "war ausgebucht, ein Aufenthalt an der Theke aufgrund der Entfernung zum Tisch der Verdächtigen nicht angebracht, da von dort keine Gespräche mitgehört werden können", hielt er fest.

Im Februar, bei einem Treffen von S. "mit einem Unbekannten", konnte der Beschatter zwar auch nichts hören, aber wenigstens seinen visuellen Eindruck weitergeben: Ihm "fiel auf, dass sich die beiden sehr konspirativ unterhielten. Sie sprachen sehr leise und steckten ihre Köpfe ziemlich zusammen. S. zeigte dem Unbekannten die Bildfläche seines ... Telefons, was darauf schließen lässt, dass er etwas vorgezeigt hat".

Unter besonderer Beobachtung stand der Kontakt zum Entscheidungsträger aus dem Justizministerium. Bei einem Zusammensein in der Innenstadt konstatierte die Vertrauensperson bei P. anhand dessen "Mimik und Gestik Nervosität und Hektik", sein Freund, der Beamte, habe ihm wohl " schlechte Nachrichten oder eine scharfe Belehrung vorgetragen".

Aus den Abhörprotokollen erschließt sich, dass S. und P. auch für einen Anwalt aus der Causa Aliew gearbeitet haben und ihm die geheime Privatnummer des (nun bereits entlasteten) Beamten gaben. Laut BAK hat der Anwalt dann "offenbar direkt" mit ihm "kommuniziert". Den Beratern habe der Beamte (laut deren Darstellung) zugesagt, sie über Entscheidungen in der Causa Aliew zu informieren. Jedenfalls gelangte Ende Februar die Information an Lobbyisten wie Anwalt, dass die Staatsanwältin Aliew "in Malta aufgesucht hat".

Die Nachfrage des Anwalts im Ministerium, ob schon eine Entscheidung gefallen sei wurde damals verneint.

Von S. und P.s Draht ins Ministerium profitierte auch Ex-Telekom-Mann Schieszler. Laut BAK informierte S. ihn nach einem Gespräch mit dem Beamten, dass "die Sache von Schieszler (möglicherweise Kronzeugenregelung?) glatt durchgehen" werde.

Das Diensthandy des Beamten wurde "im Hinblick auf seine politische, entscheidungstragende Position" übrigens nicht abgehört. (Renate Graber, DER STANDARD, 29.11.2012)