Wien - "Ich werde nie begreifen, warum die Leute bei Auktionen klatschen wie im Billigflieger nach Mallorca", wundert sich der Hamburger Sammler Harald Falckenberg. Man könnte entgegnen: Die Kunst ist, auch jenseits von Auktionen, zum Event geworden, und die dominiert eben nicht Diskurs, sondern Applaus.

Der Sammler, der mit dem Verkauf eines Gerhard Richter den Bau seines Museums finanzieren konnte, war zu einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Gallery Weekend geladen. Dort machten sich Galeristin Rosemarie Schwarzwälder, Art-Consultant Michael Neff und Kunsthalle-Wien-Direktor Nikolaus Schafhausen sorgenvolle Gedanken um Zukunft und Wertschätzung des Primärmarktes.

Bekannte Sammler wie Falckenberg sind begehrte Gäste solcher Events, weswegen Standard- Kulturchefin Andrea Schurian wissen wollte, ob er auch unabhängig vom Panel angereist wäre. Auch als Sammler habe er mit Überflutung zu kämpfen, wich dieser aus. Er kaufe nur noch punktuell, besuche die Art Basel, meide die Frieze. Für beginnende Sammler sei das Bedürfnis, mehr zu sehen, eventuell größer.

Womöglich setzen deswegen Galeristen und Veranstalter auf junge Klientel. Beim Gallery Weekend freut man sich über Berichte in der U-Bahn-Zeitung und auf FM4, Galeristin Ursula Krinzinger über ihre von 700 Vernissage-Gästen gestürmte Abramovic-Schau. Darüber, dass das Publikum breiter und jünger aufgestellt sein solle, sind sich die Anwesenden jedoch uneinig. Das Maximalpublikum sei erreicht (Schafhausen), die Leute sind zu bequem, um über Kunst nachzudenken, präferieren andere Konsumgüter (König), und man wäre als " Trüffelschweinchen" (Senn) "nicht dazu da, Volksbildung zu machen" (Charim).

Künstler konsequent aufzubauen und als Bindeglied zwischen Markt, Künstlern und Kuratoren zu agieren, "könne man eben nur leisten, wenn die Sammler bei uns kaufen", bringt Miryam Charim die Diskussion wieder zu den Angelpunkten: den Sammlern.

Denn an solchen, die hierzulande und dann auch nicht direkt im Atelier kaufen, herrscht in Wien Mangel. Neben monetären Interessen war das ein Grund, wieso nun auch die Viennafair - mit Zustimmung der Galerien - den konkurrierenden Auktionshäusern den Zugang zur Messe öffnete. Die entdeckten etwa 1999 das spekulative Geschäft mit Gegenwartskunst. Die Galerien schielten auf deren internationales Publikum, obwohl dies dann niemand in den Kojen gesehen haben wollte.

"Was bringt also die Durchmischung von Primär- und Sekundärmarkt?", hakt Kuratorin Cathérine Hug nach. Falckenberg hält Galeristen, die Künstler " von der Wiege bis zur Bahre" begleiten, die unbedingte Treue; über die Preise am Sekundärmarkt kann er nur lachen. Ausgerechnet er sagt, man könne "Menschen nicht von diesem Interesse abschneiden. Alles nur Geschäft." Schafhausen schließt: "Alle Galeristen, die ich schätze, sind total obsessiv. Das ist der Unterschied zum Sekundärmarkt: total obsessivlos." (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 29.11.2012)